Ich. Die Autobiographie
lobten das Kunstwerk. Ich weiß nicht mehr, mit wie vielen Leuten ich später in der Kinohalle geredet habe, aber ganz New York war in der Premiere. Leonard Bernstein, der Modemacher John Halston, Topmodels und Starmodeschöpfer. Diana von Fürstenberg mit ihrem Mann Egon, Andy Warhol und seine ganze Clique, Marisa Berenson und und und.
Im Hotel habe ich mir schnell ein neues Smokinghemd angezogen, ein paar Bloody Marys getrunken und bin zur Premierenfeier mit Luchino gefahren. An unserem Tisch war ein Kommen und Gehen. Andy Warhol und sein Sekretär machten einen Interviewtermin aus, Egon von Fürstenberg kam vorbei. Vieles erledigten auch die Presseleute, die uns abschirmen wollten. Als Luchino sich verabschiedet hatte, begegnete ich das erste Mal Marisa Berenson, mit der ich wilde New Yorker Nächte durchtanzen sollte. Sie zeigte mir ihr New York.
Wenn ich gewusst hätte, wie anstrengend die täglichen Pressetermine waren, wäre mein Tag immer mit Luchino um Mitternacht zu Ende gewesen. Morgens um neun Uhr saß mir der erste Journalist gegenüber, der letzte kam in den Abendstunden. Man glaubt gar nicht, wie viele Zeitungen und andere Medien es gibt. Ich war fick and fucky. Deshalb habe ich mir auch einen Bart wachsen lassen. Wenigstens wollte ich mir morgens das Rasieren sparen.
Egon von Fürstenberg hat mir in dieser Zeit sehr geholfen. Bei vielen Leuten wusste ich doch nicht mehr als ihren Namen. Warum und wofür sie berühmt sind, war mir schlicht ein Rätsel. Zum Beispiel Andy Warhol. Dessen Fabrik am Union Square war ein riesiger Loft ohne Mobiliar, man saß einfach auf dem Boden. Hohe, vollkommen verdreckte Fenster, alles vergammelt und ungemütlich. Das war Warhols »Protest« gegen die amerikanische Society. Die Besucher stoned, während seine Assistenten für später weltberühmte Kunstwerke ständig Polaroids schossen. Ich höre noch ihre leisen Kommandos: zeig deine Hand, deinen Po, deinen Schwanz, deine Brüste! Damals war ich stolz, dachte, mein Schwanz wird auf einer Leinwand aufgeblasen wiedergegeben. Aber heute würde ich die Andy-Warhol-Szenerie als eine verkappte höchst frustrierte Industriemaschinerie für Pornos bezeichnen. Der Gast kam in seine Fabrik und hatte sofort das Gefühl, in einem Freudenhaus mit Prominenten gelandet zu sein, die sich selbst mit Happenings feierten.
Ich fühlte mich wie ein Provinz-Österreicher, als ich so etwas das erste Mal sah und fasziniert war, mich inmitten von Prominenz aus allen Sparten im Range der Kennedys wiederzufinden. Warhol fotografierte auf Polaroid und reproduzierte sie in vier verschiedenen Farben als Siebdrucke. Ein Bild sollte 10 000 Dollar kosten. Ich kommentierte kurz und bündig: »Fuck off and keep it forever!« Er fotografierte mich gerne, wie er sagte, und konnte meine Antwort gar nicht fassen. Denn die wenigsten reagierten so. Sie ließen sich nur zu gern von Warhol beeindrucken und ahnten wohl alle, dass man die Warhol-Polaroids irgendwann Kunst nennen würde. Sehr clever gemacht.
Egon von Fürstenberg wollte mir eines Nachts, nach einem fulminanten Dinner, partout ein ungewöhnliches Etablissement zeigen: »The Glory Hole«, Das strahlende Loch. Ein Club ausschließlich für Männer. Höllisch teuer, höllisch aufregend. Zunächst erhielt man eine Membercard of Glory Hole. Danach ging man durch eine Art Labyrinth, in dem man sich mit allen Raffinessen verwöhnen lassen oder selbst bumsen konnte, ohne jemals in das Gesicht des anderen blicken zu müssen. In den Wänden der Lustwandelgänge befanden sich unterhalb der Gürtellinie Löcher, durch die man bequem seinen Popo oder Schwanz strecken konnte. Und dann wurde einem alles geboten, was einem Mann Spaß machen kann. Die Bläser und Lover blieben anonym. Sehr lustig. Und sehr hygienisch, mit Bademänteln, klinisch sauberen Duschen, vielen Handtüchern und Kleenex, Kondomen und Poppers.
Nachts ging’s hier eher gemütlich zu. Starken Zulauf hatte der Club über Mittag. Verheiratete Stammgäste aus den Büros in der Nachbarschaft konnten mal eben ein Schäferstündchen lang getrost ihrer Neigung nachgehen, ohne dass die Ehefrau etwas ahnte. Egon und ich vergnügten uns mit sämtlichen Variationsmöglichkeiten bis morgens um sechs und tranken zwischendurch viel Champagner.
Tagsüber dann wieder Pressetermine. Ich trat auch – was ja damals noch etwas Besonderes war – in zwei Talkshows auf. Irgendwann wiederholten sich die Fragen der Journalisten, und es begann mich zu
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