Ich. Die Autobiographie
langweilen. Am Wochenende fuhren wir auf eine Ranch in Hampshire, Luchinos Idee. Gut essen, gute Weine trinken und ein bisschen Frischluft atmen war ihm nun mal wichtig.
Dann reiste Luchino zurück nach Rom und ich mit meinem PR-Tross nach Chicago. Es war unfassbar: Ein junger österreichische Bub von 25 Jahren bedient mit einem Film und seiner Person die Weltpresse. Marisa Berenson schickte ich Blumen und kleine Liebesnachrichten. Sie war zu Fotoarbeiten in Rio. Es war ein heftiger Flirt. Wir telefonierten stundenlang. Während der Publicitytour stellte ich erstmals fest, wie schwer es mir fällt, allein zu reisen. Es war nicht so, dass ich keinen Menschen kannte, allein die Pressebegleiter waren genug, um mich zu unterhalten, und Joe Haymes, ein fantastischer Kerl, wurde ein guter Freund, während wir sehr erfolgreich die Promotiontour durch Amerika machten.
Nein, ich fühle mich allein ohne eine sehr vertraute Person in meiner Nähe. Das ist das Ärgste, wenn man am Abend allein in seiner Suite sitzt. Nach dem ganzen Rummel des Tages. Also ließ ich meine Salzburger Freundin Ylia Chagall einfliegen, die mich auf meiner Reise nach Philadelphia, Miami, Los Angeles, San Francisco und Rio de Janeiro begleitete.
Der Starfotograf Skrebneski richtete für mich eine ungewöhnlich originelle Party in Chicago aus. Ein Riesensaal, wie ein Bräustüberl eingerichtet, und mittendrin die nachgestellte Orgienszene aus »Die Verdammten« mit umgeworfenen Tischen und Sesseln, rot-weißen Tischtüchern, Bierkrügen und bayerischer Volksmusik. Wir mussten erst Ordnung schaffen, um uns hinsetzen zu können. Während der zünftigen Party fragte er mich, ob er Fotos machen dürfe. Ich hatte nichts dagegen. In seinem Studio bat er Ylia und mich, uns auszuziehen. Kein Problem. Mein lieber Mann, das waren tolle Fotos. Dort entstand der berühmte liegende Akt von mir hinter der kopflosen nackten Ylia.
Weiter an die Westküste. Interviews, Interviews, Interviews. Aber die Presse war sehr fair. Fragten selten Gemeines oder Hinterhältiges. Klatsch um den Film und über mein Leben interessierte sie. Von dort nach Rio und von Rio ins noble Seebad Mar del Plata südlich von Buenos Aires zu den Filmfestspielen. Dort lernte ich Maria Callas kennen, die mit Pasolini die Opernverfilmung »Medea« präsentierte. Sie war sehr nett. Ich glaube, weil sie gern wieder einmal mit Luchino Zusammenarbeiten wollte. Sie liebte seine Inszenierungen, inVerdis »La Traviata« hatte sie 1954 erfolgreich unter Luchinos Regie in der Mailänder Scala gesungen. In Mar del Plata traf ich auch Horst Buchholz. Der »Halbstarke«. Ein doller Schauspieler.
Meine Pressetournee war ein großer Erfolg. Danach ging es wieder nach New York und wieder Boogie-Woogie. Völlig erschöpft, aber glücklich verabschiedete ich mich von Ylia, die nach London fliegen musste, und reiste Mitte Dezember zurück nach Rom. Gott sei Dank konnte ich mich noch erinnern, dass Luchino die amerikanischen Klamotten nicht ausstehen konnte. Er hat nie Jeans oder T-Shirts getragen. Vor allem die fehlende Kultur störte ihn sehr. Er wollte nie in Hollywood arbeiten wie Fellini. Mit dem hätte ich gerne mal einen Film gedreht, aber ich war ihm in meiner Ausstrahlung für einige Projekte zu Deutsch. In einem Brief bestätigte Fellini seinen Wunsch, mich eines Tages für einen seiner Filme zu verpflichten.
Er war ein außergewöhnlicher Filmemacher. Wir trafen uns bei Luchino zum Essen, oder wir besuchten ihn zu Hause. Seine Frau, Giulietta Masina, erinnerte mich in ihrer Art sehr an Maria Schell und auch an meine Mutter – leichte Tränen. Sie weinte bei der kleinsten Gelegenheit los. Wir pflanzten sie oft bewusst, sagten ein paar Dummheiten, um ihr tränenüberströmtes Gesicht zu sehen. Federico lachte mit uns über den Witz des Abends. Ich denke an die Oscar Verleihung, als er in seiner Danksagung an das Publikum auch direkt seine Frau ansprach, die, wie er meinte, jetzt sicher ganz aufgelöst sei und vor Glück furchtbar weinen müsste. Aber eigentlich waren beide ganz lieb miteinander. Auch wenn Fellini öfter fremdgegangen sein soll, wovon ich damals oft hörte.
Luchino schätzte einige amerikanische Schauspieler wie Marlon Brando, Paul Newman und Henry Fonda. Auch Richard Widmark begeisterte ihn. Und ganz besonders Laurence Olivier. Denen zollte er Respekt. Aber nicht dem Leben in Amerika. Ich brachte ihm nur dirty T-Shirts aus Amerika mit.
In Rom erfuhr ich von dem neuen Filmprojekt von
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