Ich. Die Autobiographie
weiße Mähne wehen ließ, empfand er als Schowbiz.
Ich bin sicher, Luchino war sich über seine Ansichten zu Karajan mit vielen Großen der Musik einig. Dass es sich bei dem ganzen Karajan-Kult letztlich um eine riesige Geldmaschine handelte. Warum ging er denn nicht nach Wien, inszenierte aber in Berlin? Obwohl Luchino durchaus wusste, dass Karajan der berühmteste deutsch-österreichische Dirigent der Welt war, blieben ihre Ansichten himmelweit voneinander entfernt.
Luchino war sehr eng mit vielen bekannten Größen aus der klassischen Musikszene, mit dem genialen Pianisten Horowitz in New York, mit Valli Toscanini, der Schwester des 1957 verstorbenen grandiosen Dirigenten. Mit dem deutschen Komponisten Hans Werner Henze wollte er unbedingt eine Oper in Berlin machen. Die beiden waren befreundet. Henze besuchte Luchino oft in Rom. Leider klappte die Zusammenarbeit nicht. Kurzum: Luchinos kultureller Hintergrund war einfach ein anderer als der von Karajan. Er war an allem interessiert, das einzige, was er nicht ausstehen konnte, war Ravels »Bolero«, den ich so liebe. Für ihn war er bloß billig und simpel »mit seinen ewigen Wiederholungen«.
Karajan war ein sehr stolzer Mann, ich fand es unendlich schwierig, mit ihm eine normale Konversation zu machen. Irgendwie fühlte ich bei ihm auch eine Arroganz. Nie kam er von seinem Tisch im »Goldenen Hirschen« mal an unseren herüber. Eliette begrüßte uns allein und musste allein wieder zurück. Immerhin war er der Direktor der Salzburger Festspiele. Diese Höflichkeit einer kurzen Plauderei – »Come sta lei« – hätte sich gehört.
Eines Abends saß auch Giorgio Strehler an unserem Tisch, nach seiner Inszenierung der »Zauberflöte« in Salzburg. Ursprünglich sollte Luchino sie inszenieren. Er lehnte wegen Karajan ab und schlug den damals jungen Strehler vor. Dem gelang ein Riesenerfolg. Aber Karajan machte ihm kein Kompliment, er begrüßte ihn nicht einmal. Ich glaube, zwischen Eliette und ihrem Mann hat es öfter gekracht. Sie kam zu den Aufführungen ständig als letzte, oft erst, wenn ihr Mann schon begonnen hatte. Sie ist eine starke Frau und ließ sich sicher nicht von ihm einschüchtern.
Ich erlebte beide auch in St. Moritz. Wir wohnten im »Palace«. Eliette kam auch in St. Moritz allein zu den großen Essen und Partys. Ihr Mann blieb in seinem Elfenbeinturm. Kam weder zu den abendlichen Galas, die Käppi Badrutt, dieFrau des »Palace«-Besitzers, gab. Noch zum Ehrendinner für den Schah von Persien, der mit seiner Frau Farah Diba die Villa Silvretta bewohnte. Das war der glanzvolle Höhepunkt der Saison. Als Grund für Karajans demonstrative Zurückhaltung vermutete wohl niemand vornehme Bescheidenheit. Sondern eher die Arroganz, der Größte zu sein. Diese Art störte Luchino sehr. Der ja selbst ein bescheidener Mann war und sich lieber im Hintergrund aufhielt, wohl auch um die Menschen besser beobachten zu können. Den Starregisseur herauszukehren war ihm wesensfremd.
Ich war beim Schah-Dinner dabei mit dem Freund von Arndt von Bohlen und Haibach, dem Brasilianer Carlos de Castros. Später heirateten Arndt und Carlos in einer Kapelle auf dem Familien-Jagdschloss »Blumbachtal«, vor Arndts offizieller Ehe mit Hetty von Auersperg, die bei dieser trauten Zweisamkeit als Trauzeugin dabei war.
Mit Vittorio de Sica bei den Dreharbeiten von »Der Garten der Finzi Contini« 1970.
Heiko Pippig war eine große Entdeckung, Richard Wagner ein richtiger Gangster
Luchino wollte nicht, dass ich in St. Moritz Ski fahre, sondern lieber in Kitzbühel. Er meinte, dass St. Moritz zu mondän sei und ich nicht zum Skilaufen kommen würde. Womit er nicht unrecht hatte. Aber ich machte wie immer, was ich wollte, und fuhr mit Florinda Bolkan und ihrer Freundin Marina Cicogna hin. Gut, meinte Luchino, du kannst ruhig fahren, aber die Kosten übernimmst du selbst. Von mir aus. Na klar.
Ich habe ein kleines Vermögen in den vier Wochen ausgegeben, obwohl ich dank meiner Freundschaft mit Doris Brynner, der Frau von Yul, die wiederum eng mit Käppi Badrutt bekannt war, ein billiges Chauffeurszimmer bekam: Um die 30 Millionen Lire kostete mich mein Vergnügen, 30 000 Mark.
Die Koffer für meine Smokings und Skisachen mussten allerdings woanders verstaut werden. Lorenzo Ripoli und ich teilten uns einmal sogar dieses winzige Zimmer. Was soll’s, draußen lebten wir dasselbe gesellschaftliche Leben wie die anderen in den Luxussuiten.
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