Ich. Die Autobiographie
Ski-Privatclub »Corviglia« lernte ich Stavros Niarchos mit seiner damaligen Frau Eugenia kennen. Auch Gianni Agnelli. Wir saßen gemeinsam am Tisch. Mit ihm wurde das Skifahren billiger. Wir benutzten seinen Helikopter. Mussten uns nicht mehr am Skilift anstellen. Fiona Thyssen, Doris Brynner, Käppi Badrutt und Gianni Agnelli waren brillante Skiläufer. Wie ich.
In den »Corviglia-Club« konnte man nur hinein, wenn ein Mitglied des Clubs für den Gast mit unterschrieb, allerdings immer nur für einen. Ungewöhnlich und sehr angenehm. Die Reichen und Schönen bleiben unter sich. Zwei Saisons machte ich St. Moritz mit. Nicht mehr. Ich besuchte auch Cortina und Sestriere, aber ich fuhr vorsichtig wegen meiner Filmarbeiten, obwohl Visconti ein Auge zudrückte. In seinen Filmen war ich gut versichert. Später, in manchen Dreckfilmen ohne meinen Luchino, musste ich beim Sport achtgeben, weil ich nicht geschützt und selbst für meine Gesundheit verantwortlich war. Da ich mit den Skiern quasi auf die Welt gekommen bin, ist mir nie etwas passiert.
Luchino schätzte Qualität. Für ihn gab es kein Tralala. Alles, was er machte, war sein Leben. Zwischen Film, Theater und Privatleben gab es keine Unterschiede. Ich finde, so sollte es bei jedem sein. Er musste sich nach Dreharbeiten nicht ausruhen, denn Arbeitszeit und Freizeit gingen ineinander über. Natürlich verehre ich ihn so sehr, dass ich nichts wirklich Kritisches zu sagen weiß.
Sein Genie war so feinsinnig, dass er auch mit Andersdenkenden über seine Kunst diskutierte. Das erlebte ich, als erArthur Millers Theaterstück »Nach dem Sündenfall« mit Annie Girardot in Paris inszenierte. Miller saß dabei und verursachte irgendwie eine gereizte Stimmung. Einige Szenen wollte er wohl anders haben. Luchino blieb die Ruhe in Person. Er, der weltbekannte Starregisseur, ging so weit wie möglich auf Miller ein, bis über seine eigene Schmerzgrenze hinaus. Ein Fehler, wie sich herausstellte, zu dem Luchino aber mit derselben Wahrhaftigkeit stand wie zu seinen Welterfolgen. Das Stück wurde ausgebuht.
Auch Luchinos Malerclique offenbart seine tiefe Wertschätzung und Liebe, ja seine vollkommene Hingabe an die Kunst: Scifano, Montana, Guttuso, Levi, Vespigniani, Mulas, Miró. Durch Luchino wurde auch ich zum Kunstsammler. Sämtliche Galeristen Roms informierten ihn über die neuesten Trends, oft fuhr er zu Kunstmessen. Seine Picassos und Mirós und und und – ein Traum von einer privaten Kunstsammlung.
Ich tendiere heute mehr zur zeitgenössischen Malerei. Bei einem meiner letzten Berlinbesuche kaufte ich einen David Safarian, ein armenischer Künstler, der auch sehr erfolgreich mit seiner Frau Yana Drouz Kunstfilme macht. Mir fielen seine Bilder im Hotel »Vier Jahreszeiten« auf, als ich dort auf den Wagen zu einer Talkshow wartete. Safarians an die Ästhetikjapanischer Kunst erinnernde Gouachen stellen neben den abstrakten Themen wie Wind oder Waldkomposition eine ungewöhnlich wirkende Maltechnik dar. Nachts habe ich mit ihm um den Preis gefeilscht, Armenier sind tüchtige Geschäftsleute. Wir schwiegen uns fast drei Stunden lang an, bis er einen handschriftlichen Vertrag über zwei Bilder mit meinem Angebot unterschrieb. Mich freuen diese kleinen Spiele, sie sind das Salz in der Suppe.
1996 entdeckte ich auch einen großartigen deutschen Maler in Mosbach bei Heilbronn: Heiko Pippig, ein Meisterschüler von Professor Markus Lüpertz. Ich bin der Meinung, er hat seinen Meister mit seinem ungewöhnlichen Strich bei den großen Öl-Akten längst weit überholt. Ich war so begeistert, dass ich mir auf einer Reise ins Hotel »Victoria« nach Bad Mergentheim einen Pippig kaufte. Der Hotelier Otto Geisel, ein großer Kunstkenner mit einer eigenen Galerie in seinem luxuriösen Hotel, hatte mich auf Pippig gebracht. Für seine Männerakte werden mittlerweile bei Auktionen 30 000 Mark geboten. Kunst ist immer auch eine Geldanlage für mich, die Rendite wesentlich höher als das, was Banken bieten können. Später lernte ich Pippig persönlich kennen, und er bot mir an, mich zu malen. Das war ein Riesenhappening. Berger in Königsblau getaucht, warum nicht. Capito?
Luchino brachte mir auch die Musik nahe. Einmal habe ich mir die Platten von Henze angehört. Eine sehr schwierige Musik, die ich nicht verstanden habe. Henze ist zu modern für mich, seltsame Töne und Höhen entwickeln sich in meinem Ohr. Gustav Mahler verstehe ich besser. Ich liebe diese Stille Mahlers, seine
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