Ich. Die Autobiographie
Schönheit, Kunst, Kultur. Das alleslebe ich selbst. Ich musste mich nicht verstellen, aber Luchino forderte auch hier meine gesamte Kraft.
Er trieb mich zu schwärmerischen Begeisterungsstürmen vor der Kamera gegenüber Richard Wagner, obwohl ich den nach meiner ausgiebigen Pflichtlektüre überhaupt nicht mehr ausstehen konnte. Aber meine private Einstellung hatte mit der Profession nichts zu tun. Weiter, weiter, weiter, trieb mich mein Meister an. Noch ehrlicher, noch direkter, zeige deine Liebe und Hingabe an diesen Komponisten, in dessen Musik sich der König mit all seiner Wesensart wiederfindet. Ich war fix und foxi. Wenn ich Romy Schneider nicht gehabt hätte, wäre ich verzweifelt.
Romy bot mir einen Schoß der Geborgenheit. Ihre Hotelzimmer verwandelte sie in kuschelige Heimatorte, in denen schnell die Nervosität und Unsicherheit abfielen. Über die Lampen wurden Seidentücher gehängt, in den Vasen duftende Blumenmeere aus Gardenien und Tuberosen. Dazu himmlische Klänge von Verdi. Wir schleppten im Gepäck viele Kassetten unserer Lieblingsmusiken mit herum, weil wir beide, Romy und ich, so empfindsam im Lebensozean trieben.
Die Stille und Einsamkeit in fremden Hotels konnten mir das Herz brechen, so bloß und verletzbar war ich während dieser besonderen Zeiten. Die Haut meiner Seele, meines Körpers und auch die meines Geistes war hauchdünn. Sie spannte sich unter dem Eindruck dieser widersprüchlichen wundervollen Persönlichkeit von Ludwig. Luchino kannte kein Pardon, wusste aber auch intuitiv, wann unsere psychischen und physischen Grenzen erreicht waren. In den Momenten war er ganz der liebende Vater, der uns einhüllte in seine ruhige Gelassenheit und große Selbstsicherheit – bis zur nächsten Szene.
Romy hatte sich zunächst geweigert, noch einmal Sissy, wie sie sagte, zu spielen. Luchino bat sie nach Rom und klärte seine Lieblingsschauspielerin auf: »Die Zeiten haben sich geändert. Du bist keine kleine Sissy mehr. Jetzt spielst du Elisabeth von Österreich. Vertraue mir, du bist in meinen Händen. Fang an, gerade zu gehen. Zu gehen wie eine Kaiserin.« Das imponierte Romy natürlich.
Durch Luchino war sie in »Boccaccio ’70« mit Tomas Milian zum internationalen Star geworden. Für den flotten Dreier hatte Luchino Romy vom netten Hascherl zum Vollblutweib umgemodelt, einen vollkommen neuen Typ aus ihr gemacht. Die Haare kurz geschnitten, die Kostüme von Chanel entwerfen lassen. Romys allererster Auftritt als Vamp. Nicht nackt, aber in einer Szene nur mit einem knappen Handtuch bekleidet. Oh, là, là, dieses Foto ging durch die Weltpresse.
Mit Romy besuchte ich auch den damaligen deutschen Bundeskanzler Willy Brandt ganz privat in Bad Godesberg. Am nächsten Tag fand ein Riesenempfang mit Romy als Ehrengast statt. Ich vermute, Romy hatte eine Geschichte mit Willy Brandt, was sie nicht sagte, aber deutlich durchblicken ließ. Romy schätzte die konsequente Haltung Brandts in der Friedensmission. Und sie mochte seine sensiblen Hände. Beide lernten sich durch ihren ersten Mann, den Theaterstar Harry Meyen, in Hamburg kennen. Sie war ja aus Wut wieder nach Deutschland gezogen, als ihr jahrelanger Lover Alain Delon Nathalie heiratete. Romys Revanche war ihre Heirat mit Harry Meyen.
Alain Delon blieb ihre große Liebe bis zu ihrem Tod. Ich gebe zu, er war einmal ein schöner Mann. Aber immer berechnend. Sie erzählte mir, dass er lange nach ihrer Trennung immer mal wieder mit ihr ins Bett wollte, er bedrängte sie regelrecht, aber sie weigerte sich. Auch eine Form der Rache. Sie weigerte sich auch, nach dem erfolgreichen gemeinsamen Film »Swimmingpool« noch mal mit ihm zu drehen. Er muss sie schon sehr verletzt haben. Über ihn kam sie nie hinweg.
Sie blieb Superstar, er nicht. Sie war eine wahre Schauspielerin, er nur ein fescher Darsteller. Und trotzdem liebte sie ihn. Delon war ihr Glück und ihr Unglück. Bis zum Schluss. Sie hätte ihn nie betrogen, er betrog sie während ihrer gemeinsamen Zeit ständig. Sie wollte ein Kind von ihm, er wollte keins. Sie sprach manchmal ganz verzweifelt über ihre unbewusste schreckliche Sehnsucht nach Delon. Romys Ehe mit Meyen war keine Liebesheirat. Wie viel Welten lagen zwischen diesen beiden Männern. Pah. Harry Meyen konnte Delon als Kerl nicht das Wasser reichen.
Meyen verursachte Romys Nierenoperation. Er verführte sie zu ihrem Medikamentenmissbrauch mit »Optalidon«. Dassind starke Kopfschmerztabletten, die high machen, wenn man
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