Ich. Die Autobiographie
Todd, einfliegen.
Dennoch war ich fasziniert von Richard. Von seiner Vergangenheit als dem Shakespeare-Darsteller überhaupt. Von diesem Vollblut-Künstler, wie es weltweit nur wenige gibt. Und von seinem exzellenten Oxford-Englisch, gepaart mit diesem umwerfenden Charme, dem sich kein Mensch widersetzen konnte. Alles an Richard Burton war extrem. Ein fantastischer Künstler. Und schrecklich furchteinflößend, wenn er wütend war wie bei diesen Dreharbeiten.
Als der Film im Kasten war, schrieb er mir einen reizenden Brief. Er bedankte sich ein paar Mal für meine Geduld mit ihm und meine Freundschaft zu Liz und ihm. Ich sah Liz und Richard ein Jahr später in Gstaad wieder. Sie hatten mich und meinen Freund Lorenzo Ripoli, einen sehr begabten Filmfotografen, eingeladen, während der Skiferien in ihrem Chalet zu wohnen. Täglich machten Lorenzo und ich die Skipisten unsicher. Oder wir gingen mit Liz ihrer Lieblingsbeschäftigung nach: shoppen. Zum Abschied schenkte sie mir ein wahnsinnig aufregendes Ledercape, das mir bis zu den Füßen reicht. Ihre Tochter Liza bekam das gleiche Modell aus Nerz. Keiner ist so großzügig wie Liz. Und so lustig.
Richard machte nur einen einzigen Ausflug als Fußgänger im Schnee. Schon nach zwei Schritten stürzte er und saß auf seinem Allerwertesten. Dabei brach er sich den Arm, auf den er sich stützen wollte. 14 Tage bewegte er sich nicht aus demHaus. Auch Silvester verbrachte Richard allein mit seiner Flasche Jack Daniels daheim. Das machte ihm nichts aus. Nachtclubs waren ihm zuwider, er ging ungern auf Gesellschaften. Damit entschuldigte er sich auch in seinem Brief an mich: »I am an anti-social, who generally loathes parties.«
Wir feierten Silvester 1973 im Nachtclub »King’s« in Gstaad mit Liz, ihrer Tochter Liza und unserer Gstaader Clique aus Valentino, den Flicks, Roger Moore und Frau, Roman Polanski, Ursula Andress, Joan Collins, Linda Evans, dem europäischen Hochadel und dem Adel des Geldes.
Am nächsten Mittag überraschte Liz meinen Freund Lorenzo und mich mit drei riesigen Bloody Marys auf einem Tablett. Sie war in einen goldenen Kaftan gehüllt – sie liebt diese bequemen Körperzelte jede Menge Ketten um den Hals und in bester, fröhlicher Stimmung. Schnell trat sie an unser Bett und hatte uns die Bettdecke weggezogen. Jetzt konnte sie sich nicht mehr halten vor Lachen, als sie unsere knappen Slips in einem Ultrarotton sah. Pah, das überraschte sogar Liz. Aber wir waren noch viel zu besoffen, als dass wir ihr mit einer Bloody Mary hätten Gesellschaft leisten können.
Später erzählte ich ihr, warum Lorenzo und ich unsere edelsten Teile in Rot gehüllt hatten. Das entsprang einem italienischen Aberglauben für ein glückliches Jahr. In den ersten24 Stunden des neuen Jahres muss man, um das Glück zu bannen, am Körper die Farbe Rot tragen. So, wie in Deutschland die Linsensuppe am Silvesterabend viel Geld für das kommende Jahr bedeutet.
Lorenzo Ripoli hatte ich noch vor Luchino in Ischia kennengelernt. Er ist einer meiner besten Freunde. Meistens genießt er sein Leben, kennt die besten Boutiquen in Rom. In Gstaad verwöhnte er uns mit seinen Frühstückseiern auf Scarmorza, dem geräucherten Mozzarella. Etwas Butter in die Pfanne, darauf das getrennte Eiweiß geben, dann den kleingeschnittenen Scarmorza. Und darüber das Eigelb. Würzen mit Salz und Pfeffer und auf kleiner Hitze ausbacken. Die Köche von Liz und Richard amüsierten sich über unsere kleinen Koch-Schweinereien.
Wenn ich an 1973 denke, werde ich traurig. In diesem Jahr erlitt Luchino seinen Gehirnschlag im »Eden«-Hotel in Rom, nachdem er den ganzen Tag im Schneideraum an »Ludwig II.« gearbeitet hatte. Abends hatte er eine Verabredung mit dem französischen Produzenten Dorfmann, Hélène Rothschild und seiner langjährigen Mitarbeiterin, der Drehbuchautorin Suso d’Amico. Bei dem Gespräch ging es mal wieder um sein Lieblingsprojekt: Marcel Prousts Bücher »Im Schatten junger Mädchenblüte« und »Sodom und Gomorrha«, die er mit Marlon Brando, Laurence Olivier, Dustin Hoffman, Silvana Mangano und mir als Morel verfilmen wollte. Weiter dachte er an Julie Christie, Faye Dunaway, Cathérine Deneuve, Marcello Mastroianni. Viele von ihnen waren schon fest unter Vertrag. Madame Rothschild war zugegen, weil Luchino gern in Schlössern der Familie filmen wollte.
Luchino plagte nur eine einzige Sucht in seinem Leben: starke Zigaretten. Er rauchte »Nationali« ohne Filter. 80 am
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