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Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition)

Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition)

Titel: Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Martin
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Einsatzleiter.
    Der SGL schwieg. Niemals würden wir so etwas bestätigen; eine Quellenschutzmaßnahme, um Tichow und unsere Zusammenarbeit zu schützen. Jeder Mitwisser ist ein Risiko, auch die Polizei. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Geheimnis auffliegt, ist dem Quadrat der Anzahl der beteiligten Personen proportional, heißt es beim Geheimdienst. Auf Deutsch: Geheim bleibt nur, was du auch geheim hältst!
    Der SGL brauchte fünf Minuten, um die letzten Zweifel des Einsatzleiters auszuräumen. Dann hatten wir grünes Licht.

Der zweite Zugriff
    Der Einsatzleiter schlug vor, den Bus direkt an der Grenze nach Österreich zu kontrollieren, weil dort rund um die Uhr ausreichend Mitarbeiter und die perfekte Logistik zur Verfügung standen: Sämtliche technischen Möglichkeiten, um auch hoch professionellen Passfälschungen auf die Spur zu kommen. Hafträume, Hundeführer, alles vor Ort.
     
    Nicht nur Tichow bekam wenig Schlaf in dieser Nacht, wie er nicht müde wurde, mir zu simsen. Ab vier Uhr morgens verfolgte ich seine Reisebewegungen auf meinem Laptop. Die Geokoordinaten seines Handys zeigten uns, wo sich der Bus bewegte, wo er stoppte und wie lange er dort hielt.
    Trotz der frühen Stunde war ich bester Stimmung, alles lief nach Plan und reibungsloser als erwartet. Die Informationen eines V-Mannes können unterschiedlichste Qualität haben. Von garantiert gelogen über wahrscheinlich wahr bis hin zu bestätigt, weil überprüft. Das macht die Arbeit und den Umgang mit Quellenmeldungen so anspruchsvoll. Oft haben V-Männer ihre Informationen von Dritten oder Vierten. Teilweise bewerten sie Sachverhalte, ohne zu merken, dass sie die objektive Faktenlage längst verlassen haben und intuitiv interpretieren. Wir vergessen niemals, dass wir ständig mit sehr weichen Daten umgehen, die gründlich überprüft werden müssen; jede einzelne Information von jedem einzelnen V-Mann einzeln für sich. Natürlich spielt bei der ersten Bewertung immer auch die Berichtsehrlichkeit der Quelle in der Vergangenheit eine Rolle. Auch diesbezüglich tickt jeder V-Mann anders. Der eine berichtet sofort über jeden möglichen Verdacht, der sich in weiter Ferne vielleicht schemenhaft abzeichnen könnte. Der andere
vermeidet bewusst Gerüchte und berichtet erst, wenn etwas konkret wird. Beides ist okay, wenn man weiß, woran man ist. Tichow genoss bei mir einen gewissen Vertrauensvorschuss. Auch er lag gelegentlich daneben mit einer geäußerten Vermutung, doch unter dem Strich stimmte die Summe. Tichow erzählte keine Geschichten, um sich zu profilieren oder beliebt zu machen. Eher verschwieg er hier und da ein Detail, um seine eigenen kleinen Geschäfte und Kontakte nicht zu stören. Im Moment hatte ich noch keine Ahnung, wie groß oder klein der Fall Tasse letztlich werden würde, ob es zum Abheben reichen könnte. Doch eins war sicher: Bei Sarai-Reisen wurde geschleust, und zwar regelmäßig. Vielleicht sogar im ganz großen Stil. So viele übereinstimmende Meldungen hatten wir nicht allzu oft in unserem Job.
     
    Tichow, mit Federn im Rücken, wusste nichts von dem bevorstehenden Zugriff. Ahnen konnte er es vielleicht, gewarnt hatte ich ihn nicht. Noch nicht. Da er immer wieder seine eigenen kleinen Dinger drehte und Recht und Gesetz teilweise nach seinen persönlichen, eher großzügigen Maßstäben auslebte, konnte ich ihn nicht sehenden Auges ins offene Messer rennen lassen. Ich musste immer damit rechnen, dass er ein paar Gramm Gras oder Haschisch oder Ähnliches im Gepäck hatte, trotz Bülents Warnung und obwohl er wusste, dass ich nicht sein Freibrief für alle krummen Dinger war. Seine Lebensversicherung manchmal schon eher.
     
    »Bist du okay!?«, fragte ich per SMS, als der Bus Österreich erreichte. Tichow wusste genau, wie das gemeint war. Okay!? war das Codewort für bist du sauber? . Wenn ich wissen wollte, wie es ihm geht, hätte ich »Wie geht es dir?« geschrieben.
    »Fast«, antwortete er.
    »Schlecht ;-)«, schrieb ich und setzte nach: »Du hast noch sechzig Minuten …«
    »Stress macht krank«, war seine Antwort
    »Wo sitzen die jetzt?«, erkundigte ich mich.
    »Vorletzte Reihe und davor«, kam prompt zurück.
     
    So schwammig dieser SMS-Wechsel für einen Außenstehenden klingen mochte, für Tichow und mich war er deutlich genug. Dass trotz unserer Codes jede SMS sofort nach dem Lesen zu löschen war, musste ich bei Tichow nicht betonen. Das gehört zum operativen Standard und zum ersten Briefing jedes

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