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Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition)

Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition)

Titel: Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Martin
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habe schreiend mit den Fäusten gegen den Bus geschlagen. Die beiden Männer hätten versucht, sich mit Gewalt Zutritt zu verschaffen, woran sie von drei Sarai-Mitarbeitern und den zwei Busfahrern gehindert worden seien. Unsere Quelle hatte deutlich gesehen, wie einer der Reisebüro-Männer den dreien schlussendlich Unterlagen abgenommen und ihnen andere Papiere grob vor die Brust gedrückt habe.
     
    Was bedeutete das? Was war da los in Istanbul? War man dort aufgrund unserer Kontrollen nervös? Hatten die drei nicht bezahlt? Oder hatten sie sich nicht an Absprachen gehalten? Waren die Fälschungen  – davon mussten wir noch immer ausgehen – zu schlecht gewesen? Aber warum wurde das so spät entdeckt? Oder hatten sie versucht, sich als Rauschgift-, Waffen- oder Sonst-was-Schmuggler unter die Fahrgäste zu mischen, und damit wollte man kein zusätzliches
Risiko eingehen? Oder handelte es sich hier um eine offene Rechnung im persönlichen Bereich, die mit unserem Verdacht überhaupt nichts zu tun hatte? Auch eine solche Möglichkeit durften wir nicht außer Acht lassen.
     
    Zwar würde der AL aufgrund der aktuellen Information keine Kontrollaktion unterstützen, doch die Meldung der Quelle brachte Dynamik in den Fall. Jedes kleinste Zeichen, das darauf hindeutete, dass Sarai-Reisen kein tourismusorientierter Betrieb war, kam uns gelegen. Hier fand Logistik unter Legende statt. Und mit Legenden kannten wir uns aus!

Überwachung im Keller
    Am Spätnachmittag fuhr ich zu Frau Mühlthaler. Schon bei der Begrüßung merkte ich, dass irgendetwas nicht stimmte. Die alte Dame wirkte bedrückt. Sie öffnete bloß die Tür und verschwand dann wortlos in der Küche. Was war denn hier los?
    »Alles okay?«, fragte ich Andreas, der im Wohnzimmer mit einer der Kameras hantierte.
    »Alles okay. Nichts Neues heute, dieselben Gesichter, eine Ausnahme, junges Mädchen, kann eine Verwandte sein, davon haben die ja mehr als genug.«
    »Und sonst?«
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Wie kommt ihr miteinander aus, du und Frau Mühlthaler?«
    »Da ist nicht viel auszukommen. Die steckt den ganzen Tag in ihrer Küche und sagt keinen Ton.«
    Das klang nach dicker Luft.
    Andreas grinste schief. »Riecht ein bisschen nach Friedhof hier«, fügte er hinzu und erhärtete meinen Verdacht.
     
    Frau Mühlthaler saß in der Küche auf einem Hocker vor einem Kofferradio und erwürgte ein rotweiß kariertes Geschirrtuch.
    »Wie geht’s Ihnen?«, fragte ich.
    »Macht der das schon lange?«, wollte sie von mir wissen und nickte mit dem Kopf in Richtung Wohnzimmer. »Der schaut mehr in sein Handy rein als aus dem Fenster raus.«
    Aha, daher wehte der Wind. Wie ich es befürchtet hatte. Nicht gut, gar nicht gut. Frau Mühlthaler bot mir keinen Kaffee an. Sie schaute mich nicht mal richtig an. Die alte Dame litt. Hier bestand dringender Handlungsbedarf. Sicher, es war nicht angenehm
für Frau Mühlthaler, einen Dauergast in ihrer Wohnung zu haben, doch sie durfte sich in ihren eigenen vier Wänden nicht unerwünscht fühlen. Sonst würde unsere Mission bei ihr auf wackeligen Beinen stehen. Ich beschloss das sofortige Dienstende für Andreas und funkte Robert an, der zwei Straßen weiter auf Abruf stand. »Kommst du mal rauf?«
    »Drei Minuten«, erwiderte er, ohne Fragen zu stellen.
    Auch sein Erscheinen heiterte Frau Mühlthaler kaum auf. Wortlos, allein mit Blicken und Kopfnicken, verständigten Robert und ich uns über die weitere Vorgehensweise.
     
    Robert wies Andreas an, heute ein paar Minuten früher Schluss zu machen. In Windeseile schulterte Andreas seinen Rucksack. Er wollte bloß eins: raus hier. Wie dringend das nicht nur jetzt, sondern insgesamt nötig war, merkte ich, als Frau Mühlthaler ihn beim Abschied ignorierte. Was auf Gegenseitigkeit beruhte. Welche Hölle mussten die beiden durchgemacht haben in den vergangenen Tagen! Und wie tapfer hatte sich die alte Dame geschlagen. Sie hätte mich auch anrufen können, aber sie stand zu ihrem einmal gefassten Entschluss, den zog sie durch, koste es, was es wolle. Aber auch als Schema-F-Typ gab es einen Punkt, der nicht überschritten werden durfte. An dem es ihr reichen und sie uns bitten würde, unser Zeug zu packen. Wir brauchten diese Wohnung! Sie war einer der kleinen, dünnen Grashalme, an die wir uns in diesem komplizierten Fall klammerten.
     
    Neben Andreas lief ich die Treppe hinunter, Robert vor uns.
    »Wieder ein Tag geschafft«, sagte ich locker.
    Andreas verdrehte die Augen.

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