Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition)
anderen Entschädigung gefragt. Ihr genügte der Dienst für ihr Land. Es war nicht viel, was sie von uns bekommen würde.
»Für die Umstände, die Sie für uns in Kauf nehmen«, ich deutete auf unsere Kisten-, Kästen-, die Kamera- und Kabelkonstruktion, »wollen wir uns natürlich erkenntlich zeigen. Ich würde sagen, die Miete für diesen Monat geht auf unsere Rechnung.«
»Vierhundertsechzig Euro?«, staunte sie. Ich merkte, dass sie überhaupt nicht mit einer Aufwandsentschädigung gerechnet hatte. Und es war deutlich zu sehen, wie sehr sie sich über diese unverhoffte Zuwendung freute. »Die Waschmaschine macht so komische Geräusche in letzter Zeit beim Schleudern«, sagte sie. »Ich hab gar nicht gewusst, wie ich … ob ich vielleicht mit der Hand …«
Ich notierte mir das geistig. Vielleicht konnte ich unkompliziert eine Reparatur organisieren. Dann erklärte ich Frau Mühlthaler, wie wir vorgehen würden: »Mein Kollege Andreas Brauer wird da sein und das mit der Technik machen. Außerdem wird er von hier aus die Kollegen, die die Observation draußen durchführen, instruieren, wenn es etwas Besonderes gibt.«
»Ich verstehe, rund um die Uhr.«
»Nein, erst mal nicht durchgehend. Heute wird er allerdings bis circa 21 Uhr bleiben. Wenn es sich eingespielt hat, wird er nicht immer in der Wohnung sein. Aber er wird jeden Tag bei Ihnen vorbeischauen.«
»Aber nicht nachts?«
»Nur in Ausnahmefällen.«
»Ich könnt schon ein Bett aufschlagen, das Sofa …«
»Das ist sehr freundlich, aber es wird nicht nötig sein, er soll ja hier arbeiten, nicht schlafen.«
»Am liebsten wäre mir, Sie machen das alles persönlich. Geht das?«
»Würde ich sehr gerne, leider habe ich noch andere Aufgaben.«
»Aber Sie kommen mal vorbei?«
»Ja.«
»Wann?«
»So oft ich es einrichten kann.«
»Und der nette Herr mit dem Pferdeschwanz auch?«
»Ja, der kommt auch, das ist nämlich der Chef vom Herrn Brauer, der Leiter der Observation.«
Nachdenklich rührte Frau Mühlthaler in ihrem Kaffee, obwohl sie weder Milch noch Zucker hineingegeben hatte. »Und von draußen sieht man das alles nicht?«
»Nein, man sieht gar nichts.«
»Also bin ich sicher?«
»Ja, ganz sicher. Denken Sie einfach daran: Wir machen das nicht zum ersten Mal. Von außen ist nichts zu sehen, selbst wenn hier Licht brennt. Sie sollten halt niemanden in die Wohnung lassen.«
»Außer Ihnen.«
»Außer uns.«
Frau Mühlthaler seufzte. »Das kenne ich. Das ist normal. Wer besucht mich schon.« Sie straffte ihre Haltung. »Kommen Sie und Ihre Kollegen auch am Wochenende?«
»Ja, jeden Tag.«
»Aber beim Sonntagsrätsel dürfen Sie nicht klingeln! Da muss ich mich konzentrieren.«
»Ist es Ihnen lieber, wir sperren auf?«
»Nein, Sie sollen schon klingeln, zuerst. Aufsperren können Sie, wenn ich beim Einkaufen bin. Ich gebe Ihnen zwei Schlüssel. Ich habe nämlich vier und einer ist im Keller, wenn ich mich mal aussperre. Also beim Sonntagsrätsel können Sie nicht kommen.«
»Das läuft im Radio?«
»Ja. Da kann ich den Ton nicht abdrehen.«
»Aber Frau Mühlthaler, Sie müssen den Ton nicht abdrehen! Sie können alles tun, was Sie sonst auch tun. Die Einschränkung betrifft lediglich den Raum am Fenster, keine Geräusche.«
»Ach so!« Erleichterung breitete sich in ihrem Gesicht aus. »Ja dann! Wissen Sie, da kann man jede Woche was gewinnen. Ich habe schon mehrmals gewonnen. Der Anfangsbuchstabe ist bekannt, den Rest muss man erraten. Verfügen Sie über eine Allgemeinbildung?«
»Ich glaub schon«, schmunzelte ich.
»Vielleicht kommen Sie ja dann mal sonntags? Der Herr mit dem Pferdeschwanz scheint mir auch klug zu sein, er ist so blass. Bestimmt liest er viel.«
»Ja«, nickte ich ernsthaft. »Das glaube ich auch.« Insgeheim dachte ich: Akten.
Lockvögel & Köder
Wie behandeln Sie andere Menschen und wie wollen Sie selbst behandelt werden? Als Agenten locken Sie die richtigen Informationen aus den richtigen Leuten. Wie sieht es im Moment aus? Ködern Sie die dicken Fische oder ziehen Sie Ihre Angel ohne Fang an Land?
Belanglosigkeit, Beliebigkeit und Austauschbarkeit sind häufig dafür verantwortlich, dass das Netz leer bleibt, nicht nur im Agenten- und Berufsleben, sondern auch im privaten Bereich. Weil sie Beziehungskiller sind. Wenn der andere nicht weiß, woran er bei Ihnen ist, werden Sie nichts Wesentliches von ihm erfahren. Er wird seine innere Tür vor Ihnen verschließen, und Sie werden es schwer
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