Ich durchschau dich!: Menschen lesen - Die besten Tricks des Ex-Agenten (German Edition)
Außendienst.«
Trotz der Brisanz der Informationen konnte ich nur mit Mühe mein Lachen unterdrücken. Ich hätte die alte Dame am liebsten gefilmt, wie sie da in gespielter Entrüstung mit roten Backen im Wohnzimmer stand zwischen all den technischen Geräten in ihrer Schürze, heute im Kartoffel- und Zucchini-Look.
»Ich habe mich bei der Frau Stauder auf 39 zum Kaffee eingeladen, wie ich sie beim Arzt getroffen habe, weil ihr Mann doch seinerzeit die Hausmeisterei hatte.«
»Was für Leute kommen da rein?«, fragte ich.
»Die mit den Rucksäcken.«
»Was für Rucksäcke?«, übernahm Stefan.
»So grünbraunbeige Militärrucksäcke. Oder Seesäcke. Manche haben auch bloß Plastiktüten. Es kommen Autos, die bringen Leute hin, es kommen Autos, die holen Leute ab, Busse wie von der Polizei, aber ohne Polizei drauf. Durch die Scheiben sieht man nichts. Reinigung aus Meisterhand steht auf einem. Ich habe auch die Kennzeichen notiert. Zwischen 23 Uhr und 1 Uhr nachts ging es gestern zu wie in einem Taubenschlag!« Frau Mühlthaler grinste breit. »Das sind doch auch Kuriere, oder?«
Warum erfuhr Stefan mehr als Andreas? Und warum erzählte Frau Mühlthaler in meiner Anwesenheit von ihren nächtlichen Ermittlungen? Nicht, weil Stefan ein cleverer Agent und ausgebuffter Vernehmungsprofi war, sondern weil er Frau Mühlthaler wertschätzend begegnete. Genauso wie ich. Darauf reagierte die alte Dame, darauf reagiert jeder Mensch. Ist das Motivation oder Manipulation? Welche Haltung nehmen wir anderen gegenüber ein? Davon hängt ab, ob wir sie ermutigen oder entmutigen.
Die richtige Motivation zu finden, entscheidet oft über Erfolg oder Misserfolg einer Sache. Das fängt beim Kinderzimmeraufräumen an, zu dem man die lieben Kleinen »überreden« möchte, und hört beim CEO noch lange nicht auf. Doch nicht jeder Mensch fühlt sich durch dieselben Argumente, Ziele oder Gefühle motiviert. Was den einen zur Höchstleistung anspornt, entlockt dem anderen nur ein vages Achselzucken oder blockiert ihn. Das ist logisch, berücksichtigt man die verschiedenen Typen und deren Handlungsmotive.
Was den Kontakter motiviert, nämlich wahnsinnig viele nette Leute kennenzulernen, schreckt den Analysten ab. Was den Macher motiviert, ist Wettkampf, davon will der Kontakter nichts wissen – denn wir haben uns doch alle lieb. Um einen Menschen erfolgreich zu motivieren, sollte man ihn ein wenig kennen. Immerhin so gut, dass man zwei wesentliche Unterschiede verifizieren kann. Die Fein- und Scharfstellung ist ein lebenslängliches Projekt der Mission Menschenkenntnis. Doch für die schnelle Einschätzung ist sie meistens nicht erforderlich. Die
meisten Menschen zeigen eine deutliche Dominanz in ihrem Verhalten. Sind klar erkennbar Kontakter, Analysten oder Macher, bevorzugen Schema F oder Flex, die Lupen- oder Adlerperspektive und so weiter. Besonders in schwierigen Situationen und unter Stress treten diese Dominanzen deutlich hervor: Ein Analyst will unbedingt recht haben, ein Macher Aufmerksamkeit erstreiten und ein Kontakter ist rasch beleidigt. Es wäre fatal, wenn Agenten dieses Angebot auf dem Silbertablett ignorieren würden! Reagieren Sie also nicht auf das, was vordergründig auftaucht, sondern auf die Haltung dahinter.
So behalten Sie jederzeit den Gesprächsfaden in der Hand. Das Kapital eines Agenten liegt in der Fähigkeit, andere schnell und treffsicher einschätzen zu können. Und viel davon haben Sie sich bis hierher schon erworben.
Hin und weg
Was lockt einen Menschen an? Was findet er attraktiv? Wie motiviert er sich? Und wie motivieren wir ihn am besten?
Julian und David arbeiten beide als Sachbearbeiter in einem Büro, wenn auch in verschiedenen Städten. Die beiden kennen sich nicht, doch sie haben denselben Traum: von der Musik leben zu können. Julian spielt Bass, David Gitarre. Wie sich die beiden auf ihren Traum zubewegen, ist völlig unterschiedlich.
Julian sagt: »Ich will unbedingt ein bekannter Musiker werden, in erfolgreichen Bands spielen und von meiner Musik leben können.«
Bei David klingt derselbe Traum so: »Ich will raus aus meinem öden Bürojob.«
Hin-Typen bewegen sich auf das zu, was sie mögen. Weg-Typen bewegen sich weg von dem, was sie nicht mögen.
Fragen Sie einen Hin-Typen, wie er sich sein Leben vorstellt, und er wird Ihnen erzählen, was er erreichen möchte.
Der Weg-Typ wird aufzählen, was er auf keinen Fall will.
Agenten sind hellhörig, und wer
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