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Ich ein Tag sprechen huebsch

Ich ein Tag sprechen huebsch

Titel: Ich ein Tag sprechen huebsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
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Grund zu glauben, dass sie es war, die sich über die Liebe, Lüge, Leidenschafts Vorführungen beschwert hatte. Bei achtzehnjährigen Erstsemestern hatte ich eine Chance, aber ich konnte es unmöglich jemandem recht machen, der ständig jammerte, beileibe schon genug Zeit vergeudet zu haben. Der Kurs war strikt in zwei Lager gespalten, sie auf der einen, alle anderen auf der anderen Seite. Ich versuchte alles, mit Ausnahme von Fußschellen, aber nichts konnte die beiden Parteien einander näher bringen. Es war ein echtes Problem.
    Die Wiedereinsteigerin hatte gerade eine schwierige Scheidung hinter sich und glaubte fälschlicherweise, weil ihr Leid so bedeutsam war, müsse auch ihr Schreiben bedeutsam sein. Ihre Geschichte hieß irgendwas in der Richtung »Ich hab eine zweite Chance verdient«, kam aber beim Kurs nicht besonders an. Nach einer kurzen Gruppendiskussion gab ich ihr meinen getippten Kommentar, den sie kurz überflog und dann gleich die Hand hob.
    »Entschuldigung«, sagte sie. »Wenn Sie erlauben, würde ich gerne eine Zwischenfrage stellen.« Sie zündete sich eine Zigarette an und identifizierte sich einen Augenblick mit dem kokelnden Streichholz. »Wer sind Sie«, fragte sie, »ich meine, für wen zum Teufel halten Sie sich, mir sagen zu wollen, meine Geschichte habe keinen Schluss?«
    Es war eine berechtigte Frage, die früher oder später zur Sprache kommen musste. Mir war aufgefallen, dass ihre Geschichte mitten im Satz abbrach, aber davon abgesehen, wie konnte ich mir anmaßen, andere zu kritisieren, noch dazu, wenn es ums Schreiben ging? Ich hatte mir ernsthaft vorgenommen, darüber nachzudenken, hatte aber zuvor noch Hemden bügeln und Namensschildchen schreiben müssen, so dass mir der Gedanke wohl zwischen dem einen und dem anderen entfallen war.
    Die Frau wiederholte ihre Frage mit brüchiger Stimme: »Für wen... verdammte Scheiße noch mal... halten Sie sich?«
    »Darf ich Ihnen darauf beim nächsten Mal eine Antwort geben?« fragte ich.
    »Nein«, erwiderte sie. »Ich will es jetzt wissen. Wer, glauben Sie, sind Sie?«
    Den Gesichtern nach zu urteilen, schien sich der Rest des Kurses die gleiche Frage zu stellen. Zweifel breiteten sich im Raum aus wie Bazillen, die man bei einem in Zeitlupe gefilmten Niesen durch die Luft schwirren sieht. Ich sah mich schon brennend in Scheiterhaufen-Traumsequenzen, als ich urplötzlich die Antwort wusste.
    »Wer ich bin?« wiederholte ich. »Ich bin der einzige in diesem Raum, der für seine Anwesenheit bezahlt wird. « Ich würde mir den Satz nicht unbedingt aufs Kissen sticken, aber nun, da er einmal gesagt war, nahm ich ihn an als eine völlig hinreichende Rechtfertigung meines Tuns. Alle meine früheren Zweifel und Ängste waren verschwunden, denn jetzt wusste ich, dass mir niemand mehr etwas anhaben konnte. Der neue Mr. Sedaris würde nie wieder einknicken oder sich entschuldigen. Von heute an würde ich die Studenten anweisen, die Tür zu öffnen oder zu schließen, und das allein würde mich daran erinnern, wer hier die Zügel in der Hand hielt. Wir konnten tun und lassen, was ich wollte, schließlich war ich eine staatlich besoldete Lehrkraft jedenfalls stand das auf meinem Lohnstreifen. Ich räusperte mich, erhob mich von meinem Stuhl und rückte meine Fliege zurecht. »Also dann«, sagte ich mit tiefer Stimme. »Möchte noch jemand Mr. Sedaris eine dumme Frage stellen?«
    Die Wiedereinsteigerin hob noch einmal die Hand. »Ich weiß, es ist eine persönliche Frage, aber wie viel genau bekommen Sie für Ihre Anwesenheit in diesem Raum?«
    Ich gab ihr eine ehrliche Antwort, die meine Studenten, zum ersten Mal im Semester, wirklich zusammenbrachte. Ich weiß nicht mehr, welche Seite anfing, aber ich erinnere mich, dass das Gelächter so laut und so anhaltend war, dass Mr. Sedaris aufstehen und die Tür schließen musste, damit die richtigen Lehrer ungestört in ihrem Unterricht fortfahren konnten.
Mordskerl
    An einem Ostersonntag in Chicago waren meine Schwester Amy und ich zum Kaffee im Haus unseres Freundes John eingeladen. Wegen des herrlichen Wetters hatte John einen Tisch im Hinterhof aufgestellt, damit wir draußen in der Sonne sitzen konnten. Alle saßen bereits, als ich noch mal kurz zur Toilette musste und dort beim Blick in die Schüssel mit dem unbestritten riesigsten Schiss meines Lebens konfrontiert wurde kein Fetzen Toilettenpapier oder sonst was, nur diese lange, gekringelte Wurst, dick wie ein Burrito.
    Ein Zug an der Spülung

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