Ich ein Tag sprechen huebsch
Ich sagte mir, dass meine Lehrerin, trotz ihres Verhaltens in der Vergangenheit, eine liebenswerte und nette Person sei, die nur das Beste für mich wollte. Ich akzeptierte die Vorstellung, dass ein allwissender Gott mich nach seinem Bilde geschaffen hatte und mich beschützte und sicher von Ort zu Ort geleitete. Die jungfräuliche Geburt, die Auferstehung und die zahllosen Wundertaten - mein Herz weitete sich, um all die vielen Wunder und Möglichkeiten des Universums in sich aufzunehmen.
Aber eine Glocke , das war total krank.
Der Bandwurm ist drin
Was wollen wir unternehmen, Freunde? Wollen wir ausgehen?«
»Wohin ausgehen? In die Diskothek?« »Nein, in ein Restaurant, das Haus des Schmetterlings. «
»Das Haus des Schmetterlings! Ist das ein angenehmes Restaurant?«
»Es ist nicht teuer, wenn du das meinst. « »Oh, prima, dann ist alles klar. Gehen wir ins Haus des Schmetterlings!«
Vor meiner Abreise aus New York belegte ich einen einmonatigen Französischkurs, der von einer bezaubernden Pariserin gegeben wurde, die uns eine Reihe von Dialogen von der Begleitkassette zu unserem Lehrbuch auswendig lernen ließ. Da es sich um einen Anfängerkurs handelte, kamen Slang und Kontroversen bei den Sprechern der Kassette grundsätzlich nicht vor. Ohne sich je Gedanken über Vergangenheit oder Zukunft zu machen, widmeten sie sich dem Augenblick mit einem Stoizismus, wie man ihn von Buddhisten und gerade erst wieder auf die Beine gekommenen gewesenen Alkoholikern kennt. Fa-bienne, Carmen und Eric verbrachten einen Großteil ihrer Zeit auf der Terrasse von Restaurants, wo sie über ihre Liebe zum Leben diskutierten und Colas ohne Eis tranken. In regelmäßigen Abständen traten flüchtige Bekannte auf, und häufig war die Rede davon, dass der Himmel blau sei.
Einzeln bereiteten die verschiedenen Nomen und Verben mir keine Mühe, doch aufgrund von Drogenkonsum und meiner berufsbedingten engen Beziehung zu chemischen Lösungsmitteln war es für mich schwierig genug, mir meine Postleitzahl zu merken, geschweige denn eine komplette Unterhaltung, in der es um die Freuden der direkten Sonneneinstrahlung ging. In der Hoffnung, mir das Auswendiglernen zu erleichtern, rang ich mich schließlich zum Kauf eines Walkman durch. Bislang hatte er auf meiner Liste vulgärer Accessoires gleich neben einer Boa Constrictor und einem Planet-Hollywood-T-Shirt rangiert, doch sobald ich die Kopfhörer eingestöpselt hatte, war ich durchaus angetan. Das Gute an einem Walkman ist, dass er die Mitmenschen genau wie eine Boa Constrictor oder ein PlanetHollywood-T-Shirt auf Distanz hält. Die Umwelt wird mit einem mal so unaufdringlich, wie man sie sich wünscht. Es ist, als wäre man taub, nur ohne die damit verbundenen Nachteile.
Ungestört durch New York zu spazieren und sich dabei vorzustellen, was die Leute ringsum brüllten, wurde zu einem wirklichen Vergnügen. Beim Überqueren der Vierzehnten Straße sah ich einen nichteingestellten Psychotiker eine Klobürste schwingen und dazu stumm die Lippen bewegen, während in meinem Kopf die jungen Franzosen nach einem Tisch mit Blick auf den Springbrunnen fragten. Die Kassette machte mich ganz gespannt auf die bevorstehende Übersiedlung nach Paris, wo ich, wenn schon nichts anderes, Sätze wie: »Ich gebe Ihnen meine Telefonnummer«, oder: »Das Sandwich schmeckt mir auch sehr gut« frei herunterrasseln konnte.
Bislang habe ich allerdings noch keinmal Gelegenheit gehabt, einen der beiden Sätze zu verwenden. Zwar könnte ich jemanden bitten, mich anzurufen, doch die einzige Nummer, die ich auswendig weiß, ist die von Eric, dem jungen Mann auf meiner Französisch-Kassette. Mein Gedächtnis ist gerade groß genug, sich eine zehnstellige Zahl zu merken, und da seine Nummer zuerst da war, weiß ich nicht, wie mich irgendwer anrufen könnte. Natürlich ist da noch der Satz mit dem Sandwich, aber sein Neuigkeitswert ist wohl eher gering. Ein Teil des Problems besteht darin, dass ich niemanden zum Reden habe, einmal abgesehen von den Teilnehmern meines Französischkurses, die es gut meinen, aber mich mit ihrem Enthusiasmus erschöpfen. Genauso jung und optimistisch wie die Jugendlichen auf meiner Kassette, fragen sie mich manchmal, ob ich nach dem Unterricht mit in ein nahe gelegenes Cafe kommen wolle. Ein paar Mal bin ich mitgegangen, doch umgeben von ihren frischen und strahlenden Gesichtern hatte ich immer das Gefühl, als Fehlbesetzung in einer internationalen Pepsi-Werbung aufzutreten. Ich
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