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Ich ein Tag sprechen huebsch

Ich ein Tag sprechen huebsch

Titel: Ich ein Tag sprechen huebsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
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zwei... Bretten... aus Holz. «
    Der Rest der Klasse warf weitere Informationshappen in die Runde, die dem Papst auf der Stelle ein Aneurysma beschert hätten.
    »Ein Tag er ist gestorben, und dann er geht über meinen Kopf zu leben bei dein Vater. «
    »Er hat gehabt lange Haare, und wenn ein Tag tot, er zurückgekommen und hallo gesagt zu die Leute. «
    »Er nett, der Jesus. «
    »Er gemacht die gute Sachen, und an die Ostern wir traurig, weil jemand ihn totgemacht heute. «
    Ein Teil des Problems hatte mit der Grammatik zu tun. Wenn schon einfache Vokabeln wie Kreuz oder Auferstehung außerhalb unserer Möglichkeiten lagen, so erst recht komplizierte reflexive Formen wie »für uns zu opfern deinen eingeborenen Sohn«. Vor die Herausforderung gestellt, die Grundlagen des Christentums zu erläutern, taten wir, was jede Gruppe von Menschen mit Selbstachtung vermutlich getan hätte. Wir redeten stattdessen vom Essen.
    »Ostern ist das Fest für zu essen von die Lamm«, erklärte das italienische Kindermädchen. »Und man darf auch essen von die Schokolade. «
    »Und wer bringt die Schokolade?« fragte die Lehrerin.
    Da ich die Antwort wusste, meldete ich mich und sagte: »Der Hase des Ostern. Er bringt von die Schokolade. «
    Meine Klassenkameraden reagierten schockiert.
    »Ein Hase?« In dem Glauben, ich hätte bloß das Wort verwechselt, hielt die Lehrerin beide Zeigefinger an den Kopf und wackelte mit ihnen, als wären es Ohren. »Sie meinen so einen? Ein Hoppelhase?«
    »Aber ja«, sagte ich. »Er kommt bei die Nacht, wenn man schläft auf das Bett. Mit eine Hand er hat eine Korb und Essen. «
    Die Lehrerin seufzte und schüttelte den Kopf. »Nein, nein«, sagte sie. »Bei uns in Frankreich wird die Schokolade von einer großen Glocke gebracht, die von Rom zu uns fliegt. «
    Ich dachte einen Moment nach. »Aber woher wissen die Glocke, wo Sie wohnen?«
    »Nun«, fragte die Lehrerin zurück, »woher weiß es der Hase?«
    Das war kein schlechter Einwand, aber immerhin hat ein Hase Augen. Punkt eins. Dann hoppeln Hasen in der Gegend herum, während die meisten Glocken bloß hin und her baumeln und selbst das schaffen sie nicht aus eigener Kraft. Vor allem aber, der Osterhase hat Charakter. Er ist wer, dem man gerne begegnen und die Hand schütteln möchte. Eine Glocke hat die persönliche Ausstrahlung einer Bratpfanne. Genauso gut könnte man sagen, an Weihnachten kommt eine magische Kehrichtschaufel vom Nordpol her zu uns geflogen, gezogen von acht fliegenden Backsteinen. Wer will denn die ganze Nacht aufbleiben, um eine Glocke zu sehen? Und warum soll eine aus Rom einfliegen, wo sie doch in Paris schon mehr als genug Glocken haben? Das ist noch der unwahrscheinlichste Punkt an der ganzen Geschichte, da die französischen Glocken ganz bestimmt keinen Gastarbeiter ins Land lassen würden, der ihnen den Job wegnimmt. Die römische Glocke könnte sich glücklich schätzen, wenn sie hinter dem Hund der französischen Glocke saubermachen dürfte und selbst dazu bräuchte sie noch eine Arbeitserlaubnis. Es ergab einfach vorne und hinten keinen Sinn.
    Nichts von dem, was wir sagten, half der marokkanischen Schülerin in irgendeiner Weise weiter. Ein toter Mann mit langen Haaren, der angeblich mit ihrem Vater lebte, das Bein von einem Lamm, das mit Palmblättern und Schokolade serviert wurde: Ebenso verwirrt wie angewidert zuckte sie nur die massigen Schultern und wandte sich wieder ihrem Comic zu, den sie in ihrem Schnellhefter versteckt hielt.
    In dem Moment fragte ich mich, ob meine Klassenkameraden und ich ohne die Sprachbarriere eine verständigere Erklärung in Sachen Christentum zuwege gebracht hätten, wo die ganze Angelegenheit doch auch so schon ziemlich abwegig klingt.
    Beim Gespräch über religiöse Überzeugungen ist das Zauberwort: Glaube, ein Begriff, der durch unsere bloße Anwesenheit im Klassenzimmer veranschaulicht wurde. Warum sollten wir uns mit GrammatikÜbungen für Sechsjährige quälen, wenn nicht jeder von uns, wider alle Vernunft, glaubte, zuletzt Fortschritte zu machen? Wenn ich hoffen konnte, eines Tages eine flüssige Unterhaltung zu führen, war es ein vergleichsweise kleiner Schritt dahin, zu glauben, dass ein Hase mitten in der Nacht zu mir nach Hause kam und eine Handvoll Negerküsse und eine Stange Menthol-Zigaretten vorbeibrachte. Und warum an diesem Punkt aufhören? Wenn ich an mich selbst glauben konnte, warum sollte ich da nicht andere unwahrscheinliche Dinge für möglich halten?

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