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Ich ein Tag sprechen huebsch

Ich ein Tag sprechen huebsch

Titel: Ich ein Tag sprechen huebsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
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Ich fühlte mich an meine Jugendzeit erinnert, als meine Schwester und ich bei Tisch ganze Dramen inszenierten. Pommes frites mit KetchupMützen marschierten quer über die Teller und hatten kurze Affären oder auch heftigen Streit mit Möhrenscheiben, beobachtet von stämmigen Hühnerbeinen am Tellerrand, die bereit waren einzuschreiten, sollten die Dinge aus dem Ruder laufen. Die Geschlechterrollen wurden nach unserem Belieben verteilt und konnten von Tag zu Tag wechseln anders als hier, wo der Maiskolben und der Salatkopf fest in ihrer maskulinen Rolle eingezwängt bleiben. Man kann über das soziale Klima der Südstaaten sagen, was man will, zumindest kann ein Hotdog in North Carolina sich ungehindert in beide Richtungen umtun.
    In Frankreich darf nichts ohne Geschlecht bleiben. Als ich bei der Erledigung meiner Hausaufgaben im Wörterbuch blätterte, fiel mir auf, dass die Franzosen sogar den Landstrichen und Naturwundern, die wir Amerikaner immer für geschlechtslos gehalten haben, ein Geschlecht zugeschrieben haben. Die Niagara-Fälle sind weiblich, wohingegen der Grand Canyon, wider alle Logik, männlich ist. Georgia und Florida sind weiblich, Montana und Utah allerdings männlich. Neuengland ist eine Sie, während das riesige Gebiet des Mittleren Westens ein echter Kaventsmann ist. Ich frage mich, wer ursprünglich damit beauftragt war, die einzelnen Geschlechter zu vergeben. Hat er seinen Job gleich in der Anstalt gemacht, oder hat man ihm ein kleines Büro zur Verfügung gestellt, wo er dem Toben ringsum vorübergehend entkommen konnte?
    In manchen Fällen kann man den Artikel komplett verschlucken, wohingegen er deutlich ausgesprochen werden muss, wenn ein Wort zwei unterschiedliche Bedeutungen besitzt, eine männliche und eine weibliche. Es sollte sich von selbst verstehen, dass ich ein Omelette in der Bratpfanne und nicht in einem Holzofen zubereite, aber es nervt mich dennoch kolossal, immer wieder die gleichen Fehler zu machen. Meist habe ich meine Zuhörer bereits zur Verzweiflung gebracht, bevor ich überhaupt bis zum Verb vorgedrungen bin.
    Mein Selbstvertrauen erreichte einen neuen Tiefstand, als meine Freundin Adeline mir erklärte, französische Kinder machten zwar Fehler, aber niemals beim Geschlecht der Nomen. »Wir werden einfach groß damit«, sagte sie. »Wir hören das Geschlecht einmal und betrachten es fortan als ein Teil des Wortes. Es ist wirklich kinderleicht. «
    Es ist eine ziemlich bittere Welt, in der ich mich nicht einmal einem Dreikäsehoch überlegen fühlen kann. Nachdem ich es müde war, mich in der Gegenwart von Zweijährigen zu blamieren, habe ich mir angewöhnt, grundsätzlich nur noch den Plural zu benutzen, was teuer werden kann, mir andererseits aber auch eine Menge Probleme erspart. Wenn man ein Kohlkopf sagt, muss man den männlichen Artikel gebrauchen. Sagt man die Kohlköpfe, ist es gleich, ob das Wort männlichen oder weiblichen Geschlechts ist. Fragt man nach zwei, zehn oder dreihundert Kohlköpfen, ist man komplett aus dem Schneider, weil das Zahlwort den Artikel ersetzt. Ein maskulines Kilo femininer Tomaten stellt ein Geschlechterproblem dar, das man im Handumdrehen gelöst hat, wenn man zwei Tomaten kauft. Inzwischen benutze ich beim Einkauf nur noch den Plural und Hugh in unserer vollgestopften Küche, wenn er, eingezwängt in der hinteren Ecke, brüllt: »Was sollen wir mit vier Pfund Tomaten?«
    Ich erwidere, dafür ließe sich schon eine Verwendung finden. Weit problematischer ist die Frage der Unterbringung. Im Kühlschrank ist kein Platz mehr, da sich im letzten freien Fach die beiden Hähnchen befinden, die ich gestern vom Metzger mitgebracht habe, ohne daran zu denken, dass wir mit den beiden holzscheitgroßen Schweinebraten noch gut zu tun haben. »Wir können sie dort neben die Radios legen«, schlage ich vor, »oder wir machen mit einem der Mixer Soße draus. Jetzt stell dich doch nicht so an. Vier Pfund Tomaten sind besser als gar keine Tomaten, oder?«
    Hugh erklärt den Markt für mich zum Sperrgebiet, bis mein Französisch Fortschritte macht. Er ist ganz schön in Fahrt, aber ich denke, das legt sich, wenn er erst die beiden CD-Player sieht, die ich für ihn zum Geburtstag gekauft habe.
Erinnerungen an meine Kindheit auf dem afrikanischen Kontinent
    In der fünften Klasse unternahm Hugh einen Schulausflug zu einem äthiopischen Schlachthof. Er lebte zu der Zeit in Addis Abeba, und man hatte sich für den Schlachthof entschieden, weil er, wie er

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