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Ich ein Tag sprechen huebsch

Ich ein Tag sprechen huebsch

Titel: Ich ein Tag sprechen huebsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Sedaris
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ab«, oder: »Jetzt pressen Sie bitte für die Nachgeburt. « Ich habe zwar noch keine meiner neuen Anweisungen und Fragen tatsächlich benutzt, aber allein dadurch, dass ich sie beherrsche, kann ich mir endlich vorstellen, mich ohne Walkman kopfüber in ein aktives und erfülltes gesellschaftliches Leben zu stürzen. Ich sehe mich auf einer mondänen Party, wie ich mir Champagner nachschenke und meine Gastgeberin frage, ob sie irgendeinen ungewöhnlichen Ausfluss bemerkt habe. Oder wie ich zu der Gräfin beim Betreten ihrer Jacht sage: »Wir müssen einen Tropf anlegen. Dürfte ich Sie vorher um eine Stuhlprobe bitten?«
    Mit einiger Übung werde ich es noch so weit bringen. Wer in der Zwischenzeit nach Paris kommt, kann mich dabei beobachten, wie ich, den Kopfhörer fest in den Gehörgang gepult, die Kais entlang spaziere und leise vor mich hinmurmel: »Wurde noch ein weiterer Gegenstand in Ihren Anus eingeführt? Wurde noch ein weiterer Gegenstand in Ihren Anus eingeführt?«
Einen Doppelten, bitte!
    Es gibt, wie ich herausgefunden habe, zwei Arten von Französisch, die von Amerikanern in Paris gesprochen werden: die Harte Version und die Vereinfachte Version. Die Harte Version macht von der Konjugation vertrackter Verben und der Wissenschaft Gebrauch, sie so mit anderen Wörtern zu kombinieren, dass sich Sätze ergeben wie: »Ich gehe ihm sagen guten Tag«, oder: »Nein, nicht zu ihm ich gehe nicht es ihm sagen jetzt. «
    Die zweite, weniger komplizierte Version des Französischen läuft darauf hinaus, lauthals auf Englisch herumzubrüllen, in etwa so, wie man einen tauben Mitmenschen anschreien würde oder einen Hund, dem man beibringen möchte, nicht aufs Sofa zu springen. Zweifel und Zurückhaltung sind hier völlig unangebracht, da Vereinfachtes Französisch auf der Grundannahme basiert, der Rest der Welt ließe sich, vernünftig verpackt, spielend auf der Fläche von Reno, Nevada, unterbringen. Der Sprecher hat nie ein Taschenwörterbuch dabei und muss niemals die Demütigung desjenigen erleiden, der auf die Speisekarte zeigt und einen Wochentag bestellt. Mit Vereinfachtem Französisch braucht man nur zu sagen: »BRINGEN SIE MIR EIN STEAK. «
    Als jemand, der sich dem Harten Französisch verschrieben hat, starre ich jedes Mal, wenn ich solche Bestellungen höre, zu dem Tisch hinüber und denke: »Für dich immer noch Mister Steak, Kumpel. « Von allen Stolpersteinen, die einen beim Erlernen dieser Sprache in den Weg gelegt werden, besteht der größte für mich darin, dass jedes Nomen ein bestimmtes Geschlecht hat, das sowohl die Form des Artikels wie die des Adjektivs bestimmt. Weil es ein Weibchen ist und Eier legt, ist ein Huhn männlich. Vagina, le vagin, ist ebenfalls männlich, wohingegen das Wort Männlichkeit weiblich ist Von der Grammatik dazu gezwungen, sich auf eine der beiden Seiten zu schlagen, ist Hermaphrodit männlich und Unentschiedenheit weiblich.
    Monatelang suchte ich nach einem versteckten Code, bevor mir aufging, dass gesunder Menschenverstand nichts damit zu tun hatte. Hysterie, Psychose, Folter, Depression: Man sagte mir, wenn etwas unangenehm sei, sei es vermutlich weiblich. Das ermutigte mich, bis die Theorie von so männlichen Nomen wie Mord, Zahnschmerz und Rollerblade hinweggefegt wurde. Vokabeln lerne ich spielend, nur das jeweilige Geschlecht will einfach nicht hängen bleiben und stellt mir immer wieder ein Bein.
    Worin besteht nur der Trick sich zu merken, dass ein französisches Sandwich maskulin ist? Welche Eigenschaften teilt es mit all den Wesen, die einen Penis besitzen? Ich rede mir ein, ein Sandwich sei deshalb maskulin, weil ihm, ein oder zwei Wochen in Ruhe gelassen, zuletzt ein Bart wächst. Das klingt so lange überzeugend, bis es Zeit fürs Bestellen ist und ich entscheide, ein Sandwich müsse unzweifelhaft weiblich sein, weil manchmal das Make-up verschmiert.
    Ich schaffe es einfach nicht, mir meine Eselsbrücken zu merken. In der Hoffnung, es mir durch bloße Wiederholung besser einzuprägen, benutzte ich auch in meinem Alltagsenglisch Geschlechtsbezeichnungen. »Hallo, Mädels«, sagte ich, wenn ich eine Tüte Heftklammern aufriss, oder: »Hey, Hugh, hast du meinen Gürtel gesehen? Ich kann den Burschen einfach nicht finden. « Ich erfand Lebensläufe für die Gegenstände auf meiner Kommode und arrangierte Blind dates für sie. Als mein Briefbeschwerer sie abblitzen ließ, hintertrieb meine Armbanduhr die Beziehung zwischen der Haarbürste und dem Bleistift.

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