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Ich & Emma

Ich & Emma

Titel: Ich & Emma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Flock
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gut auf der gereizten Haut an, dass ich ihm am liebsten die Arme um den Hals werfen würde.
    “Wein doch nicht, mein Zuckerpüppchen”, sagt er. Ich glaube, ich bin einfach so froh über die Salbe. “Wenn du weinst, dann verschmiert wieder alles.” Er lächelt mir zu, als wolle er meinen Mund davon überzeugen, dasselbe zu tun, und tatsächlich funktioniert das auch.
    “Können Sie Emma denn genauso helfen wie mir?” frage ich.
    “Aber natürlich, Schätzchen, natürlich. Aber ich möchte, dass du dich ein wenig hinlegst, während ich mich um sie kümmere. Sieht so aus, als hättest du in letzter Zeit nicht viel geschlafen. Komm in mein Büro, da mache ich dir ein hübsches Plätzchen zurecht. Wenn ich mit Emma fertig bin, bringe ich sie herein.”
    Ich folge ihm ins Büro, in dem ich bisher nie war, aber ich bin zu müde, um mich umzusehen, krabble nur auf die Decke, die er für mich auf dem Boden hinter seinem Schreibtisch ausgebreitet hat. Ich höre nicht mal mehr die Tür ins Schloss fallen, als er geht.
    Ich wache kurz auf, als Emma sich ein paar Minuten später (glaube ich) an meinen Rücken schmiegt, dann schlafe ich weiter.
    Obwohl es noch dunkel in Mr. Whites Büro ist, habe ich das Gefühl, dass wir recht lange geschlafen haben, denn als ich die Augen öffne, fühle ich mich schon viel besser. Ich glaube, es war Mamas Stimme, die mich geweckt hat. Ich schüttle Emma, damit sie bereit ist, denn natürlich ist Mama gekommen, um uns zu holen.
    Ein Lichtstrahl fällt in das Zimmer, als die Tür geöffnet wird, und Mama steht genau in der Mitte, golden umrahmt.
    “Los, wir gehen”, sagt sie und tastet an der Wand nach dem Lichtschalter und knipst ihn an. Schon an diesen drei Worten kann ich erkennen, wie die Heimfahrt verlaufen wird, wir sollten uns also besser sputen. Ich strecke mich nicht mal, als ich aufstehe, obwohl ich es gern getan hätte. Emma tut es und es sieht aus, als würde es ihr danach besser gehen.
    “Libby, bist du sicher? Uns macht das überhaupt keine Umstände”, sagt Mr. White. “Ich habe viel Platz in diesem alten Haus. Viel. Und morgen früh kann ich sie als erstes zu euch fahren …”
    Dann fällt mein Blick auf Mamas Mund, ihre Lippen sind fest zusammengepresst. Wenn sie so eine dünne Linie bilden, dann kann ich wenigstens sicher sein, dass sie mich nicht anschreien werden. Sie winkt uns zu sich und macht einen Schritt zur Seite, damit wir durch die Tür gehen können.
    “Wir brauchen keine Almosen, Dan”, sagt sie über ihre Schulter, während sie uns die Haustür aufhält, was bedeuten soll, dass wir direkt in den Wagen steigen sollen, der mit laufendem Motor davor geparkt ist.
    “Natürlich nicht. Es ist nur …” Aber Mr. Whites Worte werden von der Türglocke verschluckt, als Mama die Tür zufallen lässt. Ich wünschte, ich hätte gewusst, dass ich Mr. White oder Miss Mary nie mehr wieder sehen würde.
    Kaum ist die Autotür geschlossen, als sie den Rückwärtsgang einlegt und auf die Front Street fährt. An der ersten Ampel schüttelt sie eine Zigarette aus der Schachtel und drückt den Anzünder. Sie wartet einen Moment, dann hält sie die rot glühende Spirale an die Zigarette und inhaliert erst mal, bevor sie Gas gibt – es scheint sie nicht zu interessieren, dass Mr. Jackson hinter uns wartet und die Ampel schon längst grün ist.
    “Tut mir Leid, Mama”, sage ich von der Rückbank aus.
    Wenn ich Emma nicht überredet hätte wegzulaufen, wäre nichts von alldem geschehen. Mama schaut nicht in den Rückspiegel, sie starrt nur auf die Straße vor sich.
    “Tut mir echt Leid”, sagt Emma.
    Es ist egal, dass wir keine Antwort bekommen. Im Stillen verspreche ich, dass ich nie mehr Ärger machen werde. Ich werde auch Emma davon abhalten, Ärger zu machen. Sie weiß zwar noch nichts davon, aber ich will ihr auch das ganze Geld geben, das ich bei Mr. White verdient habe. Dann kann sie sich mal was richtig Hübsches kaufen. Ich habe zwölf Dollar und siebenundfünfzig Cent gespart. Ich wünschte, ich hätte mir nicht diese Stickers gekauft, dann könnte ich ihr noch mehr geben. Aber mit zwölf Dollar und siebenundfünfzig Cent kann man wenigsten
irgendwas
kaufen. Sie wird schon sehen. Sie wird sich so freuen.

7. KAPITEL
    R ichards Lastwagen ist voll gepackt. Mama ruft, ich werfe noch einen letzten Blick auf unser Nest. Emma ist bereits unten, ich habe behauptet, ich hätte noch etwas vergessen, damit ich mich verabschieden kann. Wiedersehen Ventilator.

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