Ich finde dich
ja … da fand alles in der Residenz statt. Gut.
Ich ging rüber zur Autovermietung und fragte nach einem Mittelklassewagen. Ich bekam einen Ford Fusion. Ich musste eine Kreditkarte vorlegen, aber das ließ sich nicht ändern. Zeit für die nächste Spritztour – dieses Mal zu Natalies Mutter. Ich musste keine Bedenken haben, dass sie nicht da sein könnte. Bewohner von Pflegeheimen unternahmen nur selten spontane Ausflüge. Und falls Sylvia es doch tat, würde sie nicht lange wegbleiben, so dass ich warten konnte. Eigentlich wusste ich sowieso nicht, wohin ich sonst sollte. Man konnte nie wissen – vielleicht stand mir ja ein weiterer reizender Abend bei Mabel im Fair Motel bevor.
Als ich auf die Route 95 kam, dachte ich sofort wieder an meine Fahrt auf dieser Straße am … wow, das war erst gestern gewesen. Ich überlegte. Dann fuhr ich auf einen Parkplatz, zog mein iPhone aus der Tasche und stellte es an. Ich hatte diverse neue E-Mails und Anrufe. Drei waren von Shanta. Ich ignorierte sie und ging ins Internet, um Danny Zuker zu googeln. Es gab diverse Treffer, alle betrafen einen Prominenten aus Hollywood. Ich versuchte es mit dem Namen in Kombination mit dem Wort Mafia . Nichts. Ich rief das Forum für Gangsterfreunde auf. Auch dort fand ich nichts über Danny Zuker.
Was nun?
Vielleicht hatte ich den Namen falsch geschrieben. Ich versuchte es mit Zucker, Zooker und Zoocker. Ohne Ergebnis. Ich war in der Nähe der Ausfahrt nach Flushing. Es war zwar ein Umweg, aber kein besonders großer. Also beschloss ich, es zu versuchen. Ich bog ab und fuhr weiter zum Francis Lewis Boulevard. Das Global Garden Mega-Gartencenter, wo ich Edward ein paar geklatscht hatte, war geöffnet. Ich dachte daran, wie ich ihn verprügelt hatte. Ich war immer stolz darauf gewesen, mich an die Regeln zu halten, und hatte meinen gestrigen Gewaltausbruch damit gerechtfertigt, dass ich den Jungen retten wollte. Wenn ich ehrlich war, musste ich jedoch zugeben, dass ich Edward nicht auf die Nase hätte schlagen müssen. Ich brauchte Informationen. Ich hatte das Gesetz gebrochen, um sie zu bekommen. Es war leicht, eine vermeintlich plausible Erklärung für mein Handeln zu finden. Natürlich war es verlockend, mir die Informationen zu besorgen, während ich Edward seine wohlverdiente Strafe zukommen ließ.
Ich fragte mich jedoch – und das musste ich unbedingt genauer untersuchen, sobald ich Zeit dafür hatte –, ob es mir nicht auch irgendwie Spaß gemacht hatte. Hatte ich Edward wirklich schlagen müssen, um die Information zu bekommen? Eigentlich nicht. Es hätte auch andere Möglichkeiten gegeben. Und so schrecklich es auch war, diesen Gedanken überhaupt zuzulassen, ich fragte mich auch, ob ich bei Ottos Tod nicht auch eine klammheimliche Freude empfunden hatte. In meinen Seminaren spreche ich häufig über die Bedeutung primitiver Instinkte in der Philosophie und der politischen Theorie. Hielt ich mich für immun? Vielleicht dienten all die Regeln, die ich hochhielt, gar nicht in erster Linie dem Schutz der anderen, sondern vielmehr dazu, uns vor uns selbst zu schützen.
In seinem Seminar über die Anfänge der politischen Theorie hatte Malcolm Hume ausgiebige Debatten über den schmalen Grat geführt, auf dem man sich dabei bewegte. Ich hatte es als nutzloses Gerede abgetan. Für mich gab es falsch oder richtig und sonst nichts.
Aber auf welcher Seite des schmalen Grats befand ich mich selbst gerade?
Ich parkte in der Nähe des Eingangs, ging an einem großen »Stauden und Töpfe«-Sonderverkauf vorbei und dann hinein. Der Laden war riesig. Der beißende Geruch von Mulch lag in der Luft. Ich ging links herum – vorbei an Schnittblumen, Sträuchern, Wohnaccessoires, Gartenmöbeln, Erde und Kompost, Torf und so weiter. Mein suchender Blick erfasste jeden mit einer grünen Schürze. Ich brauchte gut fünf Minuten, bis ich den Jungen in der Abteilung für Düngemittel fand.
Seine Nase war bandagiert, beide Augen blau umrandet. Auch bei der Arbeit trug er die Brooklyn-Nets-Baseballkappe mit dem nach hinten gedrehten Schirm. Er half einem Kunden, Düngersäcke auf seinen Wagen zu laden, während der Kunde mit ihm sprach. Der Junge nickte beflissen. Er trug einen Ohrring. Die Haare, die unter der Kappe herausragten, waren blond gesträhnt, wahrscheinlich gefärbt. Der Junge arbeitete schwer, lächelte ununterbrochen und achtete darauf, die Wünsche des Kunden zu erfüllen. Ich war beeindruckt.
Ich ging weiter, stellte mich hinter
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