Ich folge deinem Schatten
wie es ist, mit allem Drum und Dran. Glaubst du etwa, das ist der Buckingham-Palast?«
Am nächsten Tag fuhr Penny, so wie sie es bei allen neuen Nachbarn machte, hinaus, um Gloria Evans mit einem Teller selbst gemachter Blaubeer-Muffins willkommen zu heißen. Der Wagen der neuen Mieterin stand in der Einfahrt, trotzdem dauerte es einige Minuten, bis vorsichtig die Tür geöffnet wurde.
Penny wollte schon eintreten, doch Gloria Evans hielt die Tür nur einen Spaltbreit auf. Es war nicht zu übersehen, dass die Frau über die Störung alles andere als erfreut war. Penny entschuldigte sich auf der Stelle. »Oh, Miss Evans, ich weiß, Sie schreiben an einem Buch, und wenn ich Ihre Handynummer hätte, hätte ich vorher natürlich angerufen. Ich wollte Sie nur mit meinen berühmten Blaubeer-Muffins willkommen heißen, aber halten Sie mich jetzt bitte nicht für eine von denen, die Sie ständig mit Telefonanrufen oder unangekündigten Besuchen belästigen …«
»Sehr nett von Ihnen. Aber ich bin hier, weil ich mich völlig abschirmen möchte«, kam es kurz angebunden von Gloria Evans, die schließlich mit offensichtlichem Widerwillen den Teller entgegennahm, den Penny ihr hinhielt.
»Um den Teller müssen Sie sich keine Sorgen machen«, fuhr Penny ungerührt fort. »Den können Sie einfach wegwerfen. Ich hab Ihnen unten ein Post-it mit meiner Telefonnummer drangeklebt, nur für alle Fälle.«
»Das ist nett, aber unnötig«, erwiderte Gloria Evans steif. Um den Teller entgegenzunehmen, hatte sie die Tür weiter öffnen müssen, und als Penny nun an ihr vorbeisah, entdeckte sie auf dem Boden einen Spielzeuglaster.
»Ach, ich wusste nicht, dass Sie ein Kind haben«, rief Penny aus. »Ich bin eine gute Babysitterin, falls Sie mal eine brauchen. Die halbe Stadt kann Ihnen das bestätigen.«
»Ich habe kein Kind!«, blaffte Gloria Evans. Dann, als sie Pennys Blick folgte, sah auch sie das Spielzeugauto. »Meine Schwester hat mir beim Umzug geholfen. Das gehört ihrem Sohn.«
»Na, wenn sie mal zu Besuch ist und Sie beide ausgehen wollen, dann haben Sie ja meine Telefonnummer«, erwiderte Penny freundlich. Der Rest des Satzes allerdings war nur noch gegen die Tür gerichtet, die ihr vor der Nase zugeknallt wurde. Unschlüssig stand sie davor, wünschte sich, sie hätte den Mut, erneut zu klingeln und der Frau ihren Teller mit den Blaubeer-Muffins zu entreißen, doch dann drehte sie sich um und eilte zu ihrem Wagen.
»Hoffentlich schreibt Gloria Evans kein Buch über Umgangsformen«, murmelte sie naserümpfend vor sich hin, während sie mit dem Wagen zurücksetzte, wendete und davonbrauste.
11
Alvirah und Willy erfuhren durch die Schlagzeilen der 23-Uhr-Nachrichten, dass Zan Moreland möglicherweise selbst für das Verschwinden ihres Sohnes verantwortlich war. Nach dem Essen mit Pater Aiden hatten sie sich bereits für das Zubettgehen fertig gemacht. Entsetzt rief Alvirah sofort Zan an und hinterließ, als sich niemand meldete, eine Nachricht.
Am Morgen trafen sich Alvirah und Pater Aiden im Kloster, das an die Kirche des heiligen Franziskus von Assisi angrenzte. Mit Neil, dem Hausmeister, gingen sie ins Büro, um sich die Aufzeichnungen der Überwachungskameras für Montagnachmittag ab 17.30 Uhr anzusehen. In den ersten zwanzig Minuten gab es unter denen, die die Kirche betraten oder sie verließen, nichts Auffälliges zu entdecken. In der Zwischenzeit erzählte die äußerst besorgte Alvirah Pater Aiden von den Medienberichten, denen zufolge Zan am Verschwinden von Matthew beteiligt gewesen sein sollte.
»Pater«, sagte sie, »genauso gut könnten sie behaupten, Willy und ich hätten Matthew aus dem Buggy gestohlen. Das ist so lächerlich, dass man sich fragt, wie so etwas überhaupt jemand glauben mag. Wenn es irgendwelche Bilder geben sollte, dann kann ich nur sagen, dass dieser englische Tourist sie manipuliert hat, um den Zeitschriften Geld abzuluchsen.« Plötzlich beugte sie sich vor. »Neil, können Sie das Video anhalten? Da ist ja Zan. Sie muss am Montagnachmittag in der Kirche gewesen sein. Ich weiß, wie sehr sie das alles mitnimmt. Gestern wäre Matthew nämlich fünf Jahre alt geworden.«
Auch Pater Aiden O’Brien hatte die gut gekleidete junge Frau mit der Sonnenbrille und den langen Haaren erkannt. Es war die Frau, die ihm im Versöhnungsraum von dem geplanten Mord erzählt hatte. Betont ruhig fragte er Alvirah: »Das ist ganz bestimmt Ihre Freundin Zan?«
»Natürlich. Schauen Sie sich nur das
Weitere Kostenlose Bücher