Ich folge deinem Schatten
Ted.
»Nein, ich bin zu Fuß gekommen. Großer Gott, natürlich bin ich mit dem Wagen da!« Sie tätschelte ihm die Wange, ein spielerischer Patsch zur Belustigung der Zuschauer.
Ted bedeutete dem Kellner, ihm wie üblich alles auf seine Rechnung zu setzen, und die Gruppe verließ das Café. Melissa hielt seine Hand und blieb kurz stehen, um den Paparazzi zuzulächeln. Ted begleitete sie zu ihrem Wagen, schloss sie in die Arme und gab ihr einen langen, leidenschaftlichen Kuss. Weiteres Futter für die Klatschpresse, dachte er sich. Das sollte Melissa zufriedenstellen.
Ihre ehemaligen Bandmitglieder drängten sich mit ihr in ihre Limousine. Als sein eigener Wagen vorgefahren wurde, trat ein Reporter an ihn heran. Er hielt etwas in der Hand. »Mr. Carpenter, haben Sie die Fotos schon gesehen, die dieser englische Tourist am Tag der Entführung Ihres Sohnes gemacht hat?«
»Ja.«
Der Reporter hielt ihm die vergrößerten Abzüge hin. »Wollen Sie einen Kommentar dazu abgeben?«
Ted betrachtete die Bilder, dann nahm er sie dem Reporter aus der Hand und rückte ans hell erleuchtete Fenster, um sie besser sehen zu können. »Wie gesagt«, begann er, »ich gehe davon aus, dass es sich bei diesen Fotos um eine Fälschung handelt.«
»Sie meinen also nicht, dass das Ihre Ex-Frau Zan ist, die Ihren Sohn aus dem Buggy nimmt?«, fragte der Reporter.
Ted war sich der Kameras um sich herum vollauf bewusst. Er schüttelte nur den Kopf. Larry Post hielt ihm die Wagentür auf, und er beeilte sich, fortzukommen.
Als er endlich zu Hause war, stand er noch zu sehr unter Schock, um irgendetwas zu empfinden. Er zog sich aus und nahm eine Schlaftablette. Quälende Träume unterbrachen immer wieder seinen Schlaf, und als er aufwachte, war ihm unwohl und schwindlig, als hätte er sich wirklich seinen erfundenen Virus eingefangen. Vielleicht waren es aber auch nur diese verdammten Gin Martinis.
Am nächsten Morgen um neun Uhr rief Ted in seinem Büro an und sprach mit Rita. Als sie ihr Entsetzen über die Fotos zum Ausdruck brachte, fiel er ihr unwirsch ins Wort und bat sie, Detective Collins anzurufen, den Polizeibeamten, der die Ermittlungen zum Verschwinden von Matthew geleitet hatte, und einen Termin für den nächsten Tag auszumachen. »Ich werde mindestens bis Nachmittag zu Hause bleiben«, sagte er ihr. »Vielleicht habe ich mir eine Grippe eingefangen. Ich komme dann später, ich muss mir unbedingt noch die Abzüge des Fotoshootings von Melissa fürs Celeb Magazine ansehen, bevor ich sie freigeben kann. Falls sich Medienleute melden, sagen Sie ihnen, dass ich keinerlei Kommentar abgebe, solange die Polizei nicht die Echtheit der Aufnahmen überprüft hat.«
Um drei Uhr nachmittags traf er schließlich, kreidebleich, im Büro ein. Ohne zu fragen, machte ihm Rita eine Tasse Tee. »Sie hätten zu Hause bleiben sollen, Ted«, sagte sie. »Ich verspreche, ich werde das Thema nicht mehr zur Sprache bringen, aber eines sollten Sie sich immer vergegenwärtigen: Zan vergötterte Matthew. Sie hätte ihm nie etwas zuleide getan.«
»Ist Ihnen aufgefallen, dass Sie ›vergötterte‹ sagten?«, herrschte Ted sie an. »Das ist die Vergangenheitsform. So, wo sind die Celeb-Abzüge von Melissa?«
»Sie sind großartig«, kam es von Rita, während sie sie aus dem Umschlag auf seinem Schreibtisch zog.
Ted sah sich die Abzüge genau an. »Ihrer Meinung nach sind sie großartig. Meiner Meinung nach sind sie großartig. Aber ich kann Ihnen schon jetzt sagen, dass Melissa sie abscheulich finden wird. Sie hat Schatten unter den Augen, und ihr Mund ist zu schmal. Und vergessen Sie nicht, ich habe sie dazu überredet, die Fotos für die Titelgeschichte machen zu lassen. Mein Gott, schlimmer kann es kaum noch kommen.«
Mitfühlend betrachtete Rita ihren langjährigen Chef. Ted Carpenter war achtunddreißig Jahre alt, wirkte aber sehr viel jünger. Mit seinem dichten Haar, den braunen Augen, dem markanten Kinn und der schlanken Figur sah er ihrer Meinung nach besser aus und verfügte über wesentlich mehr Charisma als viele der Kunden, die er vertrat. Im Moment aber machte er den Eindruck, als wäre er unter eine Dampfwalze geraten.
Und wenn ich nur daran denke, wie leid mir Zan immer getan hat, dachte Rita. Das hätte ich mir vielleicht alles sparen können. Wenn sie diesem wunderbaren kleinen Jungen wirklich etwas angetan hat, dann bringe ich sie eigenhändig um.
17
Blinzelnd schlug Zan die Augen auf und schloss sie wieder. Was ist
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