Ich folge deinem Schatten
ein Einzelkind. Genau wie ihre Mutter. Und ihr Vater hatte einen Bruder, der allerdings schon als Jugendlicher starb.«
»Und nahestehende Freunde?«
»Sie hat sicherlich Freunde, aber egal, wie eng man mit jemandem befreundet ist, wer würde schon bei einer Entführung mitmachen? Aber, Pater, nehmen wir an, sie hat Matthew irgendwo ausgesetzt und weiß nun nicht mehr, wo. Denn eines möchte ich beschwören: Sie selbst ist fest davon überzeugt, dass ihr Kind vermisst wird.«
Sie selbst ist fest davon überzeugt, dass ihr Kind vermisst wird. Pater Aiden hing immer noch diesem Gedanken nach, als kurz darauf der Türsteher für ihn ein Taxi anforderte.
Ich bekenne, an einem Verbrechen und an einem Mord mitzuwirken, der sehr bald geschehen wird.
Litt die junge Frau wirklich unter einer gespaltenen Persönlichkeit – oder wie hieß der neue Ausdruck dafür? Dissoziative Identitätsstörung? Und wenn dem so war, hat sich dann ihr eigentliches, wahres Ich bemerkbar gemacht, als sie zu mir in den Versöhnungsraum gekommen ist?
Das Taxi wartete. Stöhnend vor Schmerzen in den arthritischen Knien, stieg er hinten ein. Ich bin durch das Beichtgeheimnis gebunden, dachte Pater Aiden. Ich kann unmöglich erzählen, was ich weiß. Sie hat mich darum ersucht, für ihr Kind zu beten. Aber, o Herr, wenn wirklich ein Mord bevorsteht, dann flehe ich dich an, greife ein und lasse es nicht zu.
Inzwischen aber – und das konnte sich der alte Mönch beim besten Willen nicht vorstellen – waren drei Morde geplant. Und er selbst war das erste Opfer auf der Liste.
36
Josh war bereits im Büro, als Zan am Donnerstagmorgen um acht Uhr dort eintraf. Seinem Gesichtsausdruck nach zu schließen, hatte sich etwas Neues ereignet. Doch mittlerweile war sie so abgestumpft, dass sie alles nur noch gleichgültig hinnahm. »Was?«, fragte sie nur.
»Zan, du hast mir gesagt, Kevin Wilson hätte die Entscheidung zwischen dir und Bartley Longe erst einmal auf Eis gelegt?«
»Ia. Aber nach den Fotos in den Zeitungen, die zeigen, wie ich gestern zum Krankenwagen getragen wurde, ist es mit dem Auftrag wahrscheinlich vorbei. Es würde mich nicht überraschen, wenn meine Unterlagen noch heute von ihm zurückgeschickt werden.«
»Zan«, erwiderte Josh, »das mag schon sein, aber davon rede ich nicht. Zan, wie hast du nur die Stoffe und Möbel und Wandbehänge für die Musterwohnungen bestellen können, ohne das endgültige Okay für den Auftrag zu haben?«
»Du machst Witze«, entgegnete Zan mit ausdrucksloser Stimme.
»Wenn es nur so wäre. Du hast Bestellungen für die Stoffe und die Möbel und Armaturen aufgegeben. Du hast, großer Gott, alles bestellt. Der Liefertermin für die Stoffe ist bestätigt worden. Vom Geld mal abgesehen, wo sollen wir das ganze Zeug unterbringen?«
»Ohne Bezahlung würden sie doch nicht liefern«, sagte sie. Es muss sich um ein Versehen handeln, zumindest das kann ich beweisen, dachte Zan verzweifelt.
»Zan, ich habe bei Wallington angerufen. Sie haben ein Schreiben von dir vorliegen, in dem du um Aufschub der üblichen zehnprozentigen Anzahlung bittest, weil es sehr eilt. Du schreibst darin, du würdest die Gesamtsumme sofort begleichen, sobald der Vertrag von Kevin Wilson eintrifft. Du behauptest, er sei bereits unterzeichnet und der Honorarscheck müsse bald kommen.«
Josh griff sich ein Blatt Papier auf dem Schreibtisch. »Ich habe sie gebeten, mir eine Kopie des Briefs zu schicken. Hier ist er. Unser Briefpapier, und darauf steht deine Unterschrift.«
»Ich habe diesen Brief nicht unterzeichnet«, sagte Zan. »Ich schwöre bei meinem Leben, dass ich diesen Brief nicht unterzeichnet und nichts für die Musterwohnungen bestellt habe. Alles, was ich von unseren Lieferanten geordert habe, waren Musterproben und Bilder der Möbel und Perserteppiche und Vorhänge, die wir verwenden wollen, falls wir den Auftrag bekommen.«
»Zan«, begann Josh und schüttelte den Kopf. »Hör zu, wir müssen sofort Charley Shore kontaktieren. Als ich bei Wallington angerufen habe, dachte ich, jemandem wäre ein Fehler unterlaufen. Jetzt wurden sie natürlich hellhörig und sorgen sich um die Bezahlung. Außerdem hast du kleinere Anzahlungen für die Stoffe und einige der antiken Möbel geleistet. Du musst also Schecks ausgestellt haben, die auf dein Privatkonto laufen.«
»Ich habe diesen Brief nicht unterzeichnet«, sagte Zan nun ganz ruhig. »Ich habe auch keine Schecks ausgestellt. Und ich bin nicht verrückt.« Sie
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