Ich folge deinem Schatten
Grissom.
Wally Johnson kam sich wie ein Schwindler vor. Ich sollte dem armen Kerl lieber sagen, dass seine Tochter eine Prostituierte ist, die irgendwas mit einem Typen am Laufen hat und es vorzieht, sich bedeckt zu halten, dachte er.
Trotzdem stellte er die üblichen Fragen. Größe, Gewicht, Augenfarbe, Haarfarbe.
»Das können Sie an Glorys Publicity-Fotos sehen«, sagte Toby Grissom. »Vielleicht gefällt Ihnen ja eines.« Er griff in seinen Umschlag und zog ein halbes Dutzend A4-Aufnahmen heraus. »Sie wissen schon, auf dem einen Bild sollen die Mädchen süß und unschuldig aussehen, auf dem anderen sexy, und wenn sie kurze Haare haben wie Glory, werden ihnen Perücken aufgesetzt und solches Zeug.«
Wally Johnson betrachtete die Bilder. »Sie ist wirklich hübsch«, sagte er.
»Ja, ich weiß. Ich meine, mir hat sie mit langen Haaren immer am besten gefallen, aber sie sagt, mit guten Perücken ist es einfacher, dann kann man jede beliebige Person spielen.«
»Mr. Grissom, können Sie mir den Abzug dalassen, auf dem sie in verschiedenen Posen zu sehen ist? Der sollte für unsere Zwecke am nützlichsten sein.«
»Natürlich.« Toby Grissom erhob sich. »Ich kehre nach Texas zurück. Ich brauche meine Chemo-Behandlungen. Die werden mir wahrscheinlich nicht das Leben retten, aber ich hoffe, noch so lange durchzuhalten, dass ich meine Glory noch mal sehen kann.« Er machte Anstalten zu gehen, kam dann aber noch einmal an Johnsons Schreibtisch zurück. »Sie werden mit diesem Bartley Longe reden?«
»Ja, das werde ich. Wenn sich was ergeben sollte, werden wir uns bei Ihnen melden, versprochen.«
Wally Johnson schob Margaret-Glory-Brittanys Hochglanz-Bilder unter die Uhr an der Ecke seines Schreibtisches. Sein Gefühl sagte ihm, dass die junge Frau am Leben war, dass es ihr gutging und sie in eine schmutzige, wenn nicht sogar illegale Sache verwickelt war.
Ich werde diesen Longe mal anrufen, dachte Johnson, dann kommen Glorys Fotos dorthin, wo sie hingehören, in die Akte mit den aussichtslosen Fällen.
38
Am Donnerstag um neun Uhr traf Ted Carpenter in derCentral-Park-Dienststelle der Polizei ein. Abgezehrt und ausgelaugt von den aufwühlenden Ereignissen der vergangenen eineinhalb Tage, stellte er sich in barschem Ton vor und sagte, er sei mit Detective Billy Collins verabredet. »Ich glaube, er hat auch etwas von einer Partnerin erzählt, die soll ebenfalls dabei sein«, fügte er hinzu, noch bevor der Sergeant am Tresen irgendetwas erwidern konnte.
»Detective Collins und Detective Dean erwarten Sie«, kam es schließlich vom Sergeant, ohne auf Carpenters gereizten Ton einzugehen. »Ich gebe ihnen Bescheid, dass Sie hier sind.«
Kaum fünf Minuten später saß Ted mit Billy Collins und Jennifer Dean an einem Konferenztisch in einem kleinen Büro.
Billy dankte ihm für sein Kommen. »Ich hoffe, es geht Ihnen besser, Mr. Carpenter. Ihre Sekretärin, die gestern angerufen hat, um den Termin zu vereinbaren, meinte, Sie fühlten sich nicht sonderlich wohl.«
»Das stimmt, daran hat sich auch nichts geändert«, erwiderte Ted. »Und das hat nicht nur körperliche Ursachen. Was habe ich in den letzten zwei Jahren nicht alles durchgemacht, und dann muss ich diese Fotos sehen und erkennen, dass meine Ex-Frau, Matthews Mutter, meinen Sohn entführt hat … So was kann einen in den Wahnsinn treiben.«
Seine Wut war nicht zu überhören. »Immer habe ich der Babysitterin die alleinige Schuld gegeben. Mittlerweile frage ich mich aber, ob sie lediglich die Komplizin meiner Ex-Frau ist. Zan hat ihr ständig Geschenke gemacht, Kleidung zum Beispiel, die sie nicht mehr getragen hat.«
Billy Collins und Jennifer Dean, beide gewohnt, sich ihre Überraschung nicht anmerken zu lassen, wussten nur allzu gut, was dem jeweils anderen jetzt durch den Kopf ging. Das war ein Aspekt, den sie nie in Betracht gezogen hatten. Wenn es wirklich so war, wieso belastete dann Tiffany Shields ihre frühere Arbeitgeberin und behauptete, Zan habe sie und Matthew absichtlich unter Drogen gesetzt?
Billy beschloss, auf Ted Carpenters Kommentar vorerst nicht einzugehen. »Mr. Carpenter, wie lange waren Sie und Ms. Moreland verheiratet?«
»Ein halbes Jahr. Was hat das damit zu tun?«
»Uns interessiert, in welcher geistigen Verfassung sich Ms. Moreland befunden hat. Sie haben uns damals erzählt, Sie seien nach dem Tod ihrer Eltern nach Rom geflogen und hätten sich um die Bestattungsformalitäten gekümmert. Das klang ganz danach,
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