Ich fühle was, was du nicht siehst - Mallery, S: Ich fühle was, was du nicht siehst
so stolz auf dich, weil du dich um deine Schwester gekümmert hast. Ich habe ihm erklärt, wie du Kontakt mit mir aufgenommen hast. Das hat ihn ungeheuer beeindruckt.”
Melissa wirkte erfreut, aber auch ängstlich. „Er kommt nicht nach Hause, nicht wahr?”
Liz nahm die Hände der Mädchen in ihre. „Nein, Liebes. Er wird noch etwas länger in Folsom bleiben.” Sie holte tief Luft. „Ich werde mich von nun an um euch kümmern.”
Abby und Melissa sahen sich an.
„Ich möchte meinen Dad sehen”, sagte Abby.
„Wir besuchen ihn in ein paar Wochen. Und euer Dad hat gesagt, er wird euch schreiben.”
Beide nickten. Abbys Augen füllten sich mit Tränen. Bevor Liz aufstehen und zu ihr gehen konnte, sprang Abby auf und stürmte die Treppe hinauf.
„Ich rede mit ihr”, erklärte Melissa. Sie klang viel älter als vierzehn.
Liz hätte gern gefragt, wer sich eigentlich um sie, Melissa, kümmerte. Doch sie wusste, dass jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür war. Insgeheim verfluchte sie diese Bettina. Sie verfluchte auch Roy dafür, dass er sich Probleme eingehandelt hatte, für die seine Töchter jetzt büßen mussten.
Sie sah nach den Hähnchenbrüsten und ging dann die Liste mit den Snacks durch, die sie gekauft hatte. Es gab verschiedene Sorten Käse, etwas tiefgekühlte Bruschetta, die sie nach dem Hähnchen warm machen würde, Chips, Salsa und Avocados für einen Dip. Außerdem hatte sie Cracker, verschiedene Kekse, die Zutaten für einen mexikanischen Bohnen-Dip und eine Gemüseplatte gekauft. Wenn Pia und ihre Freundinnen etwas kulinarisch Raffinierteres wollten, hätten sie eher als nur vier Stunden vorher Bescheid geben müssen.
Liz ging die Treppe hinauf ins Schlafzimmer. Hier hatte sie ihre Kleidung verstaut und teilte sich mit Tyler das größere der beiden Badezimmer. Nachdem sie ein paar der mitgebrachten Kleidungsstücke durchgesehen hatte, entschied sie sich für eine dunkelgrüne Wickelbluse aus einem dieser wunderbaren Stoffe, die niemals knitterten. Sie zog die Bluse an, beschloss, dass die Jeans, die sie gerade anhatte, noch tadellos waren, und tauschte ihre Rykä-Sportschuhe gegen hübsche, flache Sandalen.
Tyler und Abby kamen herein. Die Kleine war ein wenig verquollen um die Augen, hatte sich aber offensichtlich wieder gefangen.
„Wir holen jetzt die Videos”, verkündete Tyler. „Ist das okay, Mom?”
„Klar.” Sie gab ihm zwanzig Dollar und lächelte Abby zu. „Du hättest heute Abend wahrscheinlich gern einen lustigen Film, stimmt’s?”
Ihre Nichte nickte, dann lief sie zu ihr und warf sich in ihre Arme. Liz drückte sie fest an sich.
„Ich weiß, dass dir die Situation Angst macht”, flüsterte sie. „Aber ich passe gut auf euch auf.”
Abby nickte und löste sich aus der Umarmung.
„Wir sind gleich wieder da”, rief Tyler, als sie zur Treppe eilten.
„Holt euch etwas Lustiges!”, schrie Liz ihm von der Schwelle aus nach.
„Ach, Mom ...”
Liz ging schmunzelnd zurück ins Schlafzimmer.
Sie band ihr Haar zurück. Dann wusch sie sich das Gesicht und trug Feuchtigkeitscreme auf. Melissa kam ins Schlafzimmer.
„Abby geht es wieder besser”, sagte sie. „Das ist alles ziemlich schwierig für sie.”
„Für dich auch.”
Melissa zuckte die Achseln.
Liz zog den Reißverschluss ihrer Kosmetiktasche auf. Sie nahm eine Abdeckcreme heraus und verteilte ein paar Tupfer unter den Augen. Dann klopfte sie die Creme mit dem Ringfinger ein. Als Nächstes war das Naturkosmetik-Make-up dran. Nachdem sie ihre Sommersprossen mit der Grundierung abgedeckt hatte, holte sie ihren Lidschatten aus der Tasche.
„Woher weißt du, was du tun musst?”, wollte Melissa wissen. „Ich habe mir im Drogeriemarkt auch Make-up gekauft. Du weißt schon, davor. Aber ich bin nicht damit zurechtgekommen. Außerdem habe ich nicht gemocht, wie sich dieses flüssige Zeug auf der Haut anfühlt.”
Liz sah ihre Nichte von der Seite an. Mit vierzehn war Melissa alt genug, um sich ein wenig zu schminken. Zumindest alt genug für Wimperntusche und ein bisschen Lipgloss. Das Mädchen hatte ganz reine Haut, für deren zarten Schimmer ältere Frauen ein Vermögen ausgaben.
„Eine Grundierung mattiert die Haut und deckt kleine Unreinheiten ab”, erklärte Liz. „Aber deine Haut ist praktisch perfekt.”
„Außer, wenn ich einen Pickel kriege.”
„Das kommt vor. Was den Rest des Schminkens betrifft, habe ich es größtenteils durch Ausprobieren gelernt. Übung macht den Meister.
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