Ich fühle was, was du nicht siehst - Mallery, S: Ich fühle was, was du nicht siehst
Jo einen beeindruckend großen Mixer in die Luft.
„Ich brauche eine Steckdose und ein Plätzchen in der Küche”, verkündete sie. „Ich gestehe, dass ich Fruchtdrinks prinzipiell ablehne. Aber heute Abend mache ich eine Ausnahme. Ich habe einen Mango-Erdbeer-Drink kreiert, für den ihr mir alle die Füße küssen werdet.”
„Ich bin froh, dass ich noch zusätzlich Eis besorgt habe”, sagte Liz, während sie Jo in die Küche führte. „Ich hole die Gläser. Trinken alle Margarita?”
„Ich nicht”, sagte Crystal, die hinter Jo in die Küche kam.
„Dann mache ich deinen ohne Tequila”, sagte Jo leichthin.
„Du bist sehr gut zu mir.”
„Erzähl es bloß nicht weiter.”
Crystal lachte. Dann nahm sie ein Tablett mit Gemüse. „Soll ich das zu den anderen bringen?”
Als sie sich umdrehte, fiel Licht auf ihr Gesicht. Liz war entsetzt, als sie die dunklen Schatten unter Crystals Augen und ihren grauen Teint sah. Im schmeichelhafteren Licht der Wohnzimmerlampe war es nicht aufgefallen, doch unter den gleißenden Neonröhren sah Crystal ausgezehrt und krank aus.
Liz bemühte sich, sich nicht anmerken zu lassen, wie schockiert sie war. „Das wäre toll”, antwortete sie. „Danke.”
„Kein Problem, das mach ich gerne. Oh, Melissa ist übrigens nach oben gegangen. Ich glaube, wir haben sie verschreckt. Das tut mir sehr leid.”
Als Crystal zurück ins Wohnzimmer gegangen war, warf Jo Liz einen Blick zu. Offensichtlich merkte man Liz an, wie erschrocken sie war. „Crystal ist krank. Krebs. Sie kämpft schon eine ganze Weile dagegen an, aber sie gewinnt nicht.”
Es war, als hätte ihr jemand einen Schlag in die Magengrube versetzt. „Oh mein Gott. Sie ist doch viel zu jung.”
„Das scheint dem Krebs egal zu sein. Bist du okay?”
Liz nickte, obwohl sich ihr der Magen zusammenzog und sie das Gefühl hatte, als müsste sie sich gleich übergeben.
Jo nahm die Früchte, gab sie über das Eis in den Mixer und goss großzügig Tequila dazu. „Und jetzt passt auf. Gleich gehen die Lichter aus, und die Show beginnt”, rief sie und schaltete den Mixer ein.
Weniger als eine Minute später füllte Liz die cremige Mischung in die Gläser. Dann trug sie sie ins Wohnzimmer, wo die anderen Frauen mittlerweile auf der alten, durchgesessenen Couch und auf dem Boden Platz genommen hatten. Irgendjemand hatte alte Stühle aus dem Esszimmer geholt. Liz bemühte sich, zu lächeln und sich so normal wie möglich zu verhalten. Alle anderen versuchten es ja auch. Offenbar wollte Crystal es so.
Dakota und Nevada waren gerade in ein Gespräch vertieft, doch Montana sprang sofort auf, als Liz ins Wohnzimmer kam.
„Ich habe allen von der Signierstunde erzählt.”
Pia verdrehte die Augen. „Wirklich, Montana, du benimmst dich wie ein Elefant im Porzellanladen. Wir hatten doch vereinbart, Liz nicht zu drängen.”
Crystal, die sich in eine Ecke der Couch gequetscht hatte, sah auf. „Magst du keine Signierstunden?”
„Ich weiß nicht genau, wie lange ich hierbleibe”, erklärte Liz.
Nun wurde darüber geplaudert, was es Neues in der Stadt gab. Thema waren das neue Krankenhaus, das gerade gebaut wurde, und das Gerücht, dass der ehemalige Footballstar Raoul Moreno angeblich nach Fool’s Gold ziehen wollte.
„Er sieht sehr gut aus”, sagte Montana mit einem Seufzen.
„Interessiert?”, fragte ihre Schwester Dakota.
„Ich nicht. Aber vielleicht könnten wir ihn mit Liz verkuppeln, damit sie aus lauter Dankbarkeit zur Signierstunde kommt.”
Pia stöhnte und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand. „Ihr seid vielleicht hartnäckig.”
Dakota lachte. „Sie ist doch diejenige, die starrköpfig ist. Und bevor die Gerüchteküche überkocht – ja, Raoul hat vor, nach Fool’s Gold zu ziehen. Ihm gefällt die Kleinstadtatmosphäre.”
Nachdem man sich noch über ein paar andere Bewohner der Stadt ausgetauscht hatte, wurde der generelle Männermangel in Fool’s Gold und mögliche Initiativen diskutiert, ihm entgegenzuwirken. Charity Jones, die neue Stadtplanerin, wurde damit aufgezogen, dass sie das Herz von Josh Golden, dem letzten annehmbaren Junggesellen, erobert hatte. Die Möglichkeit, dass bald Raoul Moreno diesen Titel für sich beanspruchen könnte, wurde wohlwollend zur Kenntnis genommen. Liz überlegte kurz, ob sie darauf hinweisen sollte, dass Ethan Single war, verwarf den Gedanken jedoch rasch wieder. Sie befürchtete, es würde die Erinnerung an die Trennung wieder aufwärmen, die
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