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Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition)

Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition)

Titel: Ich fürchte mich nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tahereh H. Mafi
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Linien, zähle die Wassertropfen, die über die Hügel und Täler seiner Lippen taumeln.
    »Ich liebe dich.«
    Ich verschlucke meinen Magen. Meine Augen versuchen sein Gesicht zu lesen, aber Stromblitze durchzucken mich, mir ist heiß und kalt, mein Herz gerät ins Stolpern. Ich zittere in Adams Armen, und mein Mund öffnet sich, sinnlos und grundlos.
    Ein sanftes Lächeln tritt auf seine Lippen. Meine Knochen haben sich aufgelöst.
    Alles dreht sich, ich bin im Delirium.
    Adams Nasenspitze berührt meine Nase, seine Lippen sind nur einen Atemzug entfernt, seine Augen verschlingen mich, und ich verwandle mich in eine Pfütze ohne Arme und Beine.
    Sein Geruch ist überall, sein Körper ist überall. Seine Hände an meiner Taille, an meinen Hüften, seine Oberschenkel an meine geschmiegt, seine Brust voller Kraft, seine Gestalt, erbaut aus purem Verlangen. Ich schmecke seine Worte auf den Lippen.
    »Wirklich …?« Mir bleibt nur ein ungläubiges Flüstern, ein Versuch zu begreifen, was es niemals für mich gab. Ich glühe bis in die Zehenspitzen, erfüllt von Unsagbarem.
    Adam schaut mich so gefühlvoll an, dass ich fast in Stücke breche.
    »Gott, Juliette –«
    Und er küsst mich.
    Einmal, zweimal, bis ich auf den Geschmack komme und weiß, dass ich niemals genug davon kriegen werde. Adams Hände sind an meinem Rücken und an meinen Armen, und plötzlich küsst er mich wilder, tiefer, mit einer fieberhaften Gier, die ich nicht kenne. Holt nur kurz Luft, damit seine Lippen über meinen Hals, mein Kinn, meine Wangen wandern können, und ich ringe um Luft, wir sind überflutet von Wasser und Schönheit und einer Lebendigkeit, die ich nicht für möglich gehalten hätte.
    Adam löst sich mit einem dunklen Stöhnen von mir, und ich will, dass er sein T-Shirt auszieht.
    Ich muss den Vogel sehen. Ich muss ihm von dem Vogel erzählen.
    Ich zerre an Adams Kleidern, und seine Augen weiten sich einen Moment, dann reißt er alles selbst herunter. Ergreift meine Hände, zieht mich hoch, drängt mich an die Wand und küsst mich, bis ich sicher bin, dass ich träume, und er schmeckt nach Regen und süßem Moschus, trinkt von meinen Lippen, und ich werde gleich explodieren.
    Meine Knie werden weich, und mein Herz schlägt so schnell, dass ich nicht verstehe, weshalb es nicht einfach stehen bleibt. Adam küsst den Schmerz weg, die Kränkung, den Selbstekel, die Unsicherheit, die elenden Hoffnungen für eine Zukunft, die mir ohnehin ausweglos erschien. Er steckt mich in Brand, lässt Warners Folterspiele und das Leid, das mir jeden Tag meines Lebens vergiftet, in Flammen aufgehen. Die Wucht unserer Körper könnte diese Glaswände zerschmettern.
    Und beinahe geschieht das auch.
    Einen Moment starren wir uns nur an, keuchend, bis ich rot anlaufe, bis er die Augen schließt und zittrig Luft holt und ich ihm die Hand auf die Brust lege. Ich wage es, die Umrisse des Vogels mit dem Finger nachzuzeichnen, ich wage es, meine Hand nach unten wandern zu lassen.
    »Du bist mein Vogel«, sage ich. »Du bist mein Vogel, und du wirst mir helfen wegzufliegen.«
    Als ich aus der Dusche komme, ist Adam verschwunden.
    Er hat seine Kleider ausgewrungen und sich abgetrocknet und ist rausgegangen, damit ich mich ungestört umziehen kann. Aber ich weiß nicht, ob ich jemals wieder ungestört sein möchte. Ich lege zwei Finger an die Lippen. Ich schmecke ihn überall.
    Als ich ins Zimmer komme, ist Adam nirgendwo. Er musste zum Dienst antreten.
    Ich starre auf die Kleider in meinem Schrank.
    Ich nehme immer ein Kleid mit Taschen, damit ich mein Notizheft darin verstauen kann. Es steht nichts Belastendes darin, und das Blatt mit Adams Handschrift habe ich zerrissen und ins Klo gespült. Aber ich will das Heft dennoch in meiner Nähe haben. Es ist so viel mehr für mich als ein paar auf Papier gekritzelte Worte. Für mich ist es ein Symbol meines Widerstands.
    Ich stecke das Heft in die Tasche und beschließe, dass ich mich jetzt stark genug fühle, um mich meinem Anblick auszusetzen. Ich atme tief ein, streiche mir die feuchten Haare aus den Augen und tappe ins Badezimmer. Der Spiegel ist noch beschlagen vom Duschen. Ich strecke langsam die Hand aus und reibe eine Fläche frei. Nur eine kleine.
    Ein ängstliches Gesicht starrt mir entgegen.
    Ich berühre meine Wangen und betrachte das Spiegelbild, das Bild eines Mädchens, das mir fremd und vertraut zugleich ist. Mein Gesicht ist dünner und blasser, als ich es in Erinnerung habe, meine Wangenknochen sind

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