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Ich gegen Amerika: Ein deutscher Anwalt in den Fängen der US-Justiz (German Edition)

Ich gegen Amerika: Ein deutscher Anwalt in den Fängen der US-Justiz (German Edition)

Titel: Ich gegen Amerika: Ein deutscher Anwalt in den Fängen der US-Justiz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irene Stratenwerth , Reinhard Berkau
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ging es weiter. Unseren Bus hatten sie nicht mehr in Gang bekommen und kurzerhand einen Reisebus von einer privaten Firma gechartert – ohne Gitter, mit Nothebeln zum Aufkippen der Panoramafenster, funktionierender Klimaanlage und fetten Polstersitzen. Was für eine Wohltat! Nach gut drei Stunden Fahrt von El Paso zur CI (Correctional Institution) Reeves waren wir kurz vor Mitternacht da.
    Ich hatte damals keine Ahnung, wohin ich geraten war. Ich saß, in the middle of nowhere , im völlig verarmten und äußersten Westen von Texas, und dort in der größten privat betriebenen Strafanstalt der Welt. Um mich herum war Wüste, im wahrsten Sinne des Wortes. Irgendjemand erzählte mir, dass der Knast am Rande einer Kleinstadt namens Pecos lag, aber davon merkte ich nichts. Erst heute weiß ich: Betreiber der Correctional Institution Reeves ist die GEO Group Inc., das zweitgrößte Unternehmen im amerikanischen Knastgeschäft. Die GEO Group Inc. ist ein Global Player, der Gefängnisse in den USA einrichtet und auch nach Großbritannien, Südafrika und Australien exportiert. Das Unternehmen ist börsennotiert und betreibt weltweit insgesamt 62 Haftanstalten mit über 60   000 Betten.

    «Insgesamt ist die Verlegung von Oakdale in die CI Reeves zumindest objektiv betrachtet ein Absturz», schrieb ich in meinem ersten Brief nach Hamburg. Dieses Gefängnis verfolgte ganz offensichtlich nur einen Zweck: möglichst viele Männer zu möglichst geringen Kosten auf möglichst wenig Raum zusammenzupferchen.
    Wir waren in units für jeweils 50 Männer untergebracht. Zwischen den einzelnen Räumen gab es nur offene Trennwände. In meiner «Zelle» standen vier Doppelstockbetten für insgesamt acht Männer, manche anderen Schlafabteile waren noch wesentlich größer. Duschen, Toiletten und Waschtische lagen ebenfalls in offenen Raumnischen. Vor den Duschen hingen Plastikvorhänge, auf der Toilette ließ man sich für alle sichtbar nieder.
    Meine Briefe musste ich von nun an wieder auf meinem Bett sitzend auf den Knien schreiben, weil der Lärm in dem einzigen Raum, in dem Tische und Stühle standen, unerträglich war: Es lief fast ständig ein Fernseher. Irgendwo auf dem Gelände gab es eine kleine Bibliothek, aber deren Öffnungszeiten waren den einzelnen Abteilungen der Anstalt nach einem so komplizierten System zugeteilt, dass ich Wochen brauchte, um herauszufinden, wann ich mich in die Bücherei setzen durfte.
    Die Mahlzeiten wurden in einer großen Food Hall eingenommen, ihre Qualität war deutlich schlechter als in Oakdale. Die hygienischen Verhältnisse spotteten jeder Beschreibung. Meistens gab es irgendeine Variation von Reis, Bohnen und Hackfleisch, und mehrmals habe ich bei anderen inmates Kakerlaken im Essen gesehen. Ohne mit der Wimper zu zucken, gaben meine Mitgefangenen ihre Teller dann zurück und bekamen eine neue Portion.
    Ich hatte ja inzwischen einige Übung darin, auch noch unter den verheerendsten Bedingungen immer schön auf die positive Seite zu gucken, und so vermeldete ich nach Hause, es sei hier zumindest einfacher, auf mein Gewicht zu achten. Außerdem empfand ich die Stimmung unter den Gefangenen als relativ entspannt.
    Die Belegung dieses Gefängnisses bestand fast ausschließlich aus Mexikanern. «Hier wird praktisch ausschließlich Spanisch gesprochen, und zwar auch von den guards, die gleichfalls (fast) alle zumindest mexikanischer Abstammung sind, mit denen man sich aber auf Englisch verständigen kann. Von den inmates sprechen nur sehr wenige passabel Englisch, trotzdem funktioniert die Verständigung.» Bürger der Vereinigten Staaten waren hier augenscheinlich nicht untergebracht. «Soweit feststellbar, bin ich einer von 4 (in Worten vier) Gefangenen aus Europa: außer mir Henricus ‹Harry› de Loos aus Eindhoven, Chris aus Bulgarien und Ratomir aus Serbien/Montenegro (alles gute Jungs übrigens!). Harry spricht übrigens auch fließend Deutsch, wir unterhalten uns manchmal auf Englisch, manchmal auf Deutsch. Dann gibt es noch ein paar Schwarze aus/von den Bahamas, Jamaika und Barbados/Belize, einen Schwarzafrikaner habe ich gesehen, das war’s.» Keiner von uns, der hier seine Strafe absaß, würde danach in die USA entlassen. Wir alle warteten darauf, irgendwann in unsere Heimatländer abgeschoben zu werden.
    Die einzige Arbeit, die Gefangene verrichten konnten, diente unserer eigenen Versorgung. Gefangene, die als orderly einen entsprechenden Job hatten, übernahmen die Grundreinigung

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