Ich gegen Dich
aufregen und Vorschläge machen, wie er sein elendes kleines Leben besser in den Griff kriegen konnte.
»Hören Sie«, sagt er. »Wir schaffen das schon. Wir sorgen dafür, dass Holly jeden Tag zur Schule geht. Das ist nicht zu viel für uns. Wir schaffen das, sie mag die Schule, das wird also kein Problem sein.«
»Das ist aber nicht alles, Mikey.«
»Was noch?«
Er wollte ihr alles anbieten, alles versprechen.
Sie erzählte ihm, worauf es dem Jugendamt ankam: Holly musste jeden Tag um neun in der Schule sein und ihren Turnbeutel und ihre Schultasche dabeihaben. Sie durfte weder schlecht riechen noch schmutzig oder müde sein, und sie musste gefrühstückt haben. Ihre Mum musste das Jugendamt anrufen, um herauszufinden, ob sie ihnen Unterstützung anbieten konnten. Karyn musste ihre Termine einhalten.
»Ich kann ihr helfen, Mikey. Es ist meine Aufgabe, ihr zu helfen, aber ich kann meiner Aufgabe nicht nachkommen, wenn sie sich weigert, mit mir zu sprechen. Wenn du sie dazu bringen könntest, mir ein wenig mehr zu vertrauen, wäre das toll.«
Sie wollte, dass er anrief, wenn er sich wegen irgendetwas Sorgen machte oder reden wollte, oder wenn ihm etwas einfiel, was Karyn brauchen könnte. Sie gab ihm ein Kärtchen mit ihrer Durchwahlnummer darauf. Da stand sogar ihr Name: Gillian.
Er war mit allem einverstanden. Hier bot sich ihm die Chance zu glauben, alles könne besser werden, indem man es einfach laut aussprach.
Dafür sagte sie, sie werde das Jugendamt kontaktieren und ihnen sagen, dass sie mit ihm gesprochen hatte und dass die Familie vielleicht doch besser als vermutet zurechtkam. Sie werde sie bitten, mit Hollys Schule zu reden, damit sie sie in irgendeine AG aufnahmen, die nicht vor sechs Uhr abends zu Ende war, und vielleicht konnten sie sogar die Möglichkeit eines Familienhelfers prüfen; was immer das nun wieder war.
Er versprach, dass seine Mum sie anrufen werde, sagte ihr, er verstünde, dass sie sich Sorgen machte, wenn Karyn ihre Termine nicht einhielt, und dass er alles daransetzen wollte, sie zu überreden, sich an ihre Absprachen zu halten. Sie nickten sich zu. Das war abgemacht. Es war wie ein Neustart, der Anfang von etwas ganz Neuem.
Sie zog sich den Mantel an. »Es ist toll, dass du arbeitest, Mikey.«
Er musste unwillkürlich lächeln. »Ja, ich mag Kochen, das ist cool. Waren Sie schon mal im Queens Head? Es ist einer von den Pubs am Hafen.«
»Den kenne ich nicht«, sagte sie. »Aber vielleicht werde ich irgendwann mal versuchen, da hinzukommen.«
»Da gibt's ein Buffet für 9,99 £. Nicht schlecht, was? Am Ende von meiner Schicht kann ich mir sogar gratis was mitnehmen.«
Er geriet ins Stocken. Er meinte das Essen, das er nach der Arbeit bekam, die paar Fleischbrocken, Bratenfüllungen und Würstchen, alles auf einen Teller getürmt. Aber er fragte sich, ob sie jetzt, weil er das gesagt hatte, auch von den Chipstüten wusste, die er für die Mädchen mitgehen ließ, den Erdnüssen und Schweineschwarten für Mum. Schließlich war sie Polizistin, oder? Verbrechen konnte sie riechen.
»Die Chefin ist von mir angetan«, prahlte er. »Sie sagt, ich bin ein Naturtalent.«
»Das wird sicher stimmen.«
Sie stand auf und hängte sich ihre Schultertasche um. »So, ich muss jetzt los, Mikey, aber vergiss nicht, ich meine, deine Mum sollte das Jugendamt möglichst noch heute anrufen.«
»Ich kümmer mich drum.«
Sie nickte. »Prima.«
Er hatte es geschafft. Sie lächelte, als sie ging, sagte sogar, sie freue sich auf ein Wiedersehen mit ihm.
Sobald die Tür hinter ihr zu war, rief er nach Karyn, und sie kam aus ihrem Zimmer und stand oben an der Treppe, in ihre Daunendecke gehüllt.
»Sie ist weg«, sagte er ihr. »Ich hab's geschafft.«
»Was hat sie gesagt?«
»Dass du deine Scheiß-Termine einhalten sollst. Weißt du, wenn du sie nicht sauer gemacht hättest, wär sie nie hier rumschnüffeln gekommen. Sie will nur helfen. Für einen Bullen ist sie in Ordnung.«
»Sie will andauernd nur drüber reden, wie's mir geht, und ich will nicht dran denken.«
»Vielleicht macht sie sich echt was aus dir. Haste daran schon mal gedacht?«
Karyn kam die Treppe runter, die Decke hinter sich herschleifend. Unten angekommen, breitete sie die Arme aus. Er umarmte sie, und so standen sie ein Weilchen da.
»Es gibt Dinge, die wir erledigen müssen«, sagte er.
Sie wich zurück und sah ihn an. Sie sah blasser aus als am Tag zuvor, und kleiner. »Was für Dinge?«
»Erst müssen wir Mum
Weitere Kostenlose Bücher