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Ich gegen Osborne

Ich gegen Osborne

Titel: Ich gegen Osborne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Goebel
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gesetzt! Warum hacken Sie auf mir rum?!«
    »Du sorgst besser dafür, dass wir unseren Ball wiederkriegen, Motherfucker.« Letzteres war mit Abstand das Lieblingswort von Leuten dieser Art. Als verschaffe es ihnen so etwas wie Linderung, wenn sie es sagten, vergleichbar mit der Linderung, die ihnen ein kurzes Augenblinzeln verschaffte. Wenn sie dachten, die Lehrer hörten sie nicht, sagten sie es auch so oft, wie sie blinzelten. In 1984 schrieb Orwell, dass die Regierung den Wortschatz der Menschen [316]  beschränkte, um die Entfaltungsmöglichkeiten ihrer Gedanken zu begrenzen. »F-u-c-k« konnte von unschätzbarem Wert sein, um dieses Ziel zu erreichen. »Hast du mich verstanden, Motherfucker?«
    »Leute«, sagte Ms. Leslie, »würdet ihr euch bitte zurückhalten? Sie dürfen so nicht reden. Wenn das nicht aufhört, muss ich einen Eintrag machen.«
    »Hey, vielleicht hört er das ja. Hey, Junge im Anzug, du bist eine abgefuckte, schwanzlutschende Schlampe.«
    »Das war nicht cool. Dafür gibt es einen Eintrag.«
    »Er müsste einen Eintrag kriegen. Er hat dafür gesorgt, dass wir keinen Abschlussball kriegen.«
    Ms. Leslie sah mich schräg an. »Ist das wirklich wahr?«
    Ich nickte.
    »Ihr wollt mich bloß veralbern«, sagte sie, dann wandte sie sich an den Jungen, der mich eine abgefuckte, schwanzlutschende Schlampe genannt hatte. »Wie heißen Sie?«
    »Wenn Sie’s nicht wissen, sag ich’s nich.«
    »Wie heißt er?«, fragte sie mich.
    Ich seufzte. »Das möchte ich lieber nicht sagen. Ich möchte den anderen nicht noch einen Grund liefern, mich zu hassen.«
    »Sie meinen es also wirklich ernst. Sie haben dafür gesorgt, dass der Ball absagt wurde?«
    »Ja, Ma’am.«
    »Igitt. Ihr müsst mich nicht Ma’am nennen.«
    »Ist Mrs.   Hegstrand krank?«, fragte ich.
    »Ja. Sie hat Bronchitis. Sie, setzen Sie sich auf Ihren Platz.«
    »Verdammt, Lady. Sie piesacken mich die ganze Zeit.«
    [317]  »Ich muss auf die Toilette!«
    »Ich hab sie vorher gefragt. Sobald Jody zurück ist, geh ich als Erster.«
    »An schönen Tagen wie heute macht Mrs.   Hegstrand meist draußen Unterricht.«
    Während die Schüler versuchten, die Vertretung zu überreden, den Unterricht im Freien abzuhalten, und während wiederholte, erregte Forderungen laut wurden, auf die Toilette gehen zu dürfen, drehte ich mich um und sah an diesem Tag zum ersten Mal Hamilton Sweeney an. Sein mittelblondes Haar war stark gegelt, seine goldene Haifischzahnkette glänzte, und er hatte sein übliches, arrogantes Grinsen aufgesetzt. Wie brachte er nur diese Miene purer Großspurigkeit zustande? Dazu passte seine unglaubliche, etwa einen Zentimeter breite Gesichtsbehaarung, die aussah, als hätte er mit einem Filzstift sorgfältig Kinn, Kiefer und Oberlippe markiert. Diese Gesichtsbehaarung à la Backstreet Boys verlieh seinem austauschbar hübschen Gesicht wenigstens eine gewisse Persönlichkeit, einem Gesicht, das die schlimmsten Merkmale von Matt Damon und Ben Affleck vereinte.
    Er saß um zwei Reihen seitlich versetzt zwei Reihen hinter mir.
    Noch hatte er kein Wort gesagt. Wir starrten einander kurz an, und ich suchte in seinen Augen nach irgendeinem Gefühl, doch sein Blick war völlig leer. Dann ging mir ein zwischen uns sitzendes Mädchen »an die Gurgel«, wie die jungen Leute gern sagten, und sagte wütend: »Ich hasse dich. Ich sollte dir wegen dieser Sache den Arsch aufreißen.«
    [318]  »Ja, echt. Jemand sollte ihn krass zusammenschlagen.«
    »Na los, Leute. Wir sollten ihn alle mit Sachen bewerfen.«
    Ich drehte mich um und betrachtete wieder die Karikaturen der griechischen Götter. Mit zusammengekniffenen Augen sah ich, dass irgendwer über Zeus geschrieben hatte: »Hi. Ich bin eine Schwuchtel. Wir sind alle Schwuchteln.«
    Seitlich von mir warf jemand eine Papierkugel in Richtung meines Gesichts, hatte aber nicht mit den schnellen Reflexen gerechnet, die ich in den Jahren kindlichen Nintendo-Spielens ausgebildet hatte. Meine Hand schoss hoch und fing das Knäuel, was mit einigen enttäuschten »Ohs« quittiert wurde.
    »Er hat Glück gehabt. Mehr nicht.«
    Dabei konnten sie es nicht belassen. Einen Moment später traf eine Papierkugel fest meinen Hinterkopf, was die Mitschüler in schallendes Gelächter ausbrechen ließ. Ich nahm ihren Köder nicht an. Die Vertretung tat, als hätte sie es nicht gesehen. Sie gab dem Schönling einen Passierschein fürs Klo, und er sprang auf dem Weg nach draußen hoch, um die Decke zu

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