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Ich gegen Osborne

Ich gegen Osborne

Titel: Ich gegen Osborne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Goebel
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Hip-Hop-Kultur im Mainstream angekommen ist, aber Chloe und mir fiel auf, dass es dir gefiel, einen auf tough zu machen. Tough und cool.«
    »Stimmt. Na und? So bin ich nun mal.«
    Ich nickte.
    »Na und?«
    »Ich will nicht, dass du sauer wirst.«
    »Dafür ist es jetzt zu spät. Dachte sie, dass ich fake bin?«
    »Was meinst du damit? Ihr benutzt diese Formulierung ständig, aber ich habe nie –«
    »Fand sie, dass ich pose oder nicht authentisch bin oder was?«
    »Wir dachten wohl, wenn man bedenkt, dass du in Kentucky wohnst, und wenn man deine Herkunft bedenkt – du wohnst doch in Fosterborough Hills, oder?«
    Er schaute von seiner Arbeit auf. »Du hältst am besten den Mund.«
    [343]  »Aber eben hast du von mir verlangt –«
    »Ich mein’s ernst. Du hältst besser sofort den Mund. Und nur damit du’s weißt: Jetzt bist du dran. Ich werd deinen dürren Arsch in den Boden stampfen. Danach geben dir meine Jungs den Rest.«
    »Du hast mir dein Wort gegeben.«
    »Das war gelogen.«
    Spontan zog ich das Blatt, auf dem er abschrieb, unter seiner Hand weg. Daraufhin riss er mir sofort mein Originalarbeitsblatt vom Pult. Ich stürzte mich auf mein Papier, doch er versteckte es hinter dem Rücken.
    »Leute«, sagte Ms. Leslie. »Egal, was Sie gerade tun, hören Sie damit auf.« Ich setzte mich wieder, nahm meine gute Körperhaltung ein und rückte den Schlips gerade.
    »Eins weiß ich: Es ist gut, dass du den Anzug trägst, denn so siehst du in deinem Sarg echt schick aus.«
    Ich hörte fast, wie er den Satz vor »seinen Jungs« später wiederholte: »Und yo, yo, yo, dann hab ich gesagt, ›Es ist gut, dass du den Anzug trägst‹…«
    »Willst du mich umbringen ?«
    »Nein, ich werd dich nicht umbringen. Aber wenn ich mit dir fertig bin, wirst du dir wünschen, du wärst tot.«
    »Jedenfalls werd ich mich nicht gegen dich wehren.«
    »Wundert mich nicht, ich seh ja, was du für ein Weichei bist.«
    »Nein, ich werd mich nicht wehren, weil ich keine dämliche vertrottelte Schlampe bin.«
    »Pech für dich, denn du kommst aus der Nummer nur wieder raus, wenn du Shankly dazu bringst, den Ball stattfinden zu lassen.«
    [344]  »Warum sollte ich das tun, wo du mir bereits bewiesen hast, dass dein Wort nichts wert ist?«
    »Ich weiß bloß, dass du nicht den Leuten ihren Abschlussball ruinierst und damit davonkommst. Das macht man einfach nicht. Außerdem hast du mich permanent respektlos behandelt, und das gehört sich auch nicht. Und ich sag dir noch eins, hier auf der Stelle. Ich will nie wieder sehen, dass du mit Chloe redest. Verstanden?«
    »Du kannst doch nicht –«
    »Das Mädchen steht auf mich, und dich kann sie nicht leiden und –«
    Ehe ich mich versah, hatte ich ihr Briefchen aus der Tasche geholt und wies ihn auf meine Lieblingsstellen hin, mit besonderer Betonung auf »Wegen Hamilton bin ich mir nicht so sicher«.
    Er rutschte auf seinem Sitz herum, rieb sich die Gesichtsbehaarung und sagte: »Tja… Dazu kann ich nur sagen, sie schien sich meiner ziemlich sicher zu sein, als sie mir den Rücken zerkratzte, bis er geblutet hat.« Er drehte sich um, zog seinen Hemdkragen herunter, und weil er kein Unterhemd trug, sah ich vier rote Striemen. In meinem Magen schwappte Flüssigkeit, und plötzlich spürte ich meine Augäpfel.
    »Eklig«, sagte ich und merkte selbst, wie lahm das klang. Ich faltete das Blatt zusammen und steckte es wieder in die Jacketttasche.
    Dann schrillte der Feueralarm.
    14 . 06   Die Hälfte der Schüler sprang von ihren Sitzen auf. Ms. Leslie rannte durch die Reihen und eilte zur Tür, um [345]  sich davorzustellen. »Sie alle haben die Ansage gehört. Das ist ein falscher Alarm. Kehren Sie auf Ihre Plätze zurück.«
    Einige Schüler setzten sich, andere nicht. Hamilton kopierte meine Antworten zu Ende. Ich konnte immer noch die Spitze einer roten Schramme an seinem Nackenansatz sehen und fasste es nicht, wie sehr mich das kränkte. Der Alarm schien lauter zu werden, so laut, dass es mir vorkam, als dringe er aus meinem Schädelinnern. Ich konnte nicht stillsitzen. Ich setzte mich auf das eine Bein, nur um es sofort wieder auszustrecken. Sweeney legte mir mein Arbeitsblatt aufs Pult, warf seinen Stift hin und sagte: »Du willst damit wohl sagen, dass du der Einzige bist, der noch selbständig denken kann?«
    »Hä?«, sagte ich, obwohl ich ihn ganz gut hören konnte. Er wiederholte die Frage, doch diesmal unterbrach ich ihn. »Vorhin habe ich gelogen. Das ist der wahre

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