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Ich gegen Osborne

Ich gegen Osborne

Titel: Ich gegen Osborne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Goebel
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die Positionen tauschte und ich nun sah, dass Sweeney offenbar doch nicht so sauer auf Chloe war, da er sie auf obszöne Weise küsste.
    15 . 25   An die Stelle meines Wohlwollens gegenüber allen Menschen trat sofort ein Wunsch: Sie sollten an Gonorrhö erkranken und sich vor Schmerzen winden. Sweeney hob Chloe auf die Motorhaube seines Wagens und beugte sich über sie, als wollte er ihr Gesicht verschlingen. Haarsträhnen von ihr fielen auf seine Schultern, so dass beide wie ein sich windendes Sexmonster aussahen. Ich konnte nicht wegsehen.
    Dann wurden meine Ohren mit den Bass-, Grunz- und Stöhnlauten dieses gottserbärmlichen Songs bombardiert, der ihnen allen so gefiel, nur diesmal lauter als am Morgen, weil der Junge neben mir seine Fensterscheiben ganz runtergekurbelt hatte. Ich spürte einen heißen Tumult in meinem Magen, während meine Ohren »Ahhhh« hörten und meine Augen mit ansahen, wie Chloe und Sweeney ein Speichelkind zeugten. Mein Herz raste wie in Mr.   Ottmans Kurs. Ich sah zu dem Jungen rüber, der gerade seine CD -Mappe durchblätterte, zweifellos auf der Suche nach einer anderen abstoßenden Hymne der Großen Dummen Hurerei.
    [422]  Chloe und Sweeney schafften es, ihre wilde Knutscherei zu unterbrechen. Jetzt lief er mit ihr huckepack über den Parkplatz, wie ein Papa, der für sein Kleinkind das Pferdchen gibt, und ich dachte, wie toll es wäre, wenn er auf sein reizloses, durchschnittlich hübsches Gesicht fiele.
    Ich war mir nicht sicher, in welches Genre der nächste Song gehörte. Was machte es auch für einen Unterschied? So klang Dummheit. Wichtig war einzig und allein der Beat, der den Körper animierte, sich zu bewegen, ob er mochte oder nicht, wie ein Hammer auf die Kniescheibe beim Arztbesuch, um deine Reflexe zu überprüfen. Der einzige Text, den ich verstand, war irgendwas über »tonight«, was passte, weil für all diese kindischen Partygeher nichts wichtiger war als heute Nacht. Was jenseits dieses Termins war, interessierte sie nicht. Die Melodie war so platt wie ihr plattes Leben. Die Instrumentierung klang vertraut, wahrscheinlich von einem älteren, besseren Song geklaut, was sowohl diesen neuen Song als auch seine Quelle entwertete, doch so hatte meine Generation alles am liebsten: entwertet und platt.
    Dann beobachtete ich Chloe und Sweeney, wie sie Hand in Hand über den Parkplatz gingen. Er strich ihr die Haare aus dem Gesicht; jetzt hatte sie jemanden, der das für sie machte.
    Während sie weitergingen, dachte ich daran, dass sie mich nicht mehr da oben in ihrem hübschen Kopf herumtrug. Ich war nicht mal die Andeutung eines Hintergedankens, als sich die Arme und Beine der beiden ohne mich weiterbewegten. Sie gingen weiter, und ich saß da und sah zu.
    Plötzlich klopfte jemand an mein Fenster, so dass ich [423]  zusammenzuckte und aufschrie. Es war der Wicca. Ich kurbelte die Scheibe runter.
    »Du hast mir eine Scheiß angst eingejagt.«
    »Sorry. Ich hab dich in deinem Wagen sitzen sehen und wollte dich fragen, ob mein Liebeszauber funktioniert hat.«
    »Nein. Kein bisschen.«
    »Ich hab dich in der Cafeteria mit Stephanie Schnuck reden sehen.«
    »Ja, aber da kam nichts bei raus.«
    »Vielleicht später. Wenn nichts anderes, sie steht total auf Pustebalg.«
    »Nein. Nie kommt bei irgendwas etwas raus. Aber danke für den Versuch.«
    »Hey, dass es heute nicht geklappt hat, heißt gar nichts. Ich hätte es dir sagen sollen, meist klappt es nicht sofort. Ja, es könnte sogar Jahre dauern, und wenn es geschieht, dann wahrscheinlich, wenn du es am wenigsten erwartest. Und wenn es schließlich doch geschieht… pass auf. Es wird phantastisch sein.«
    »Ich will verdammt hoffen, dass du recht hast.«
    15 . 26   Als der Wicca weg war, sah ich Chloe und Hamilton nicht mehr, wahrscheinlich poppten sie wie sterbende Opossums auf dem Rücksitz von Chloes Wagen.
    Ich beobachtete, wie Mädchen und Jungs, auch wenn sie nicht zusammen waren, einander zum Abschied übertrieben lange umarmten. Manchmal standen ihre festen Freunde oder Freundinnen direkt daneben, hatten aber mit diesen Umarmungen anscheinend keine Probleme. Als Chloe mich zehn Minuten zuvor umarmt hatte, war mein erster [424]  Gedanke gewesen: Was würde Hamilton wohl davon halten? Doch Chloe und ich waren Freunde, und Freunde konnten einander nach Belieben berühren. Ich fragte mich, ob ich je wieder jemanden so würde berühren können. Wollte ich es überhaupt? Ich musste zugeben: Ich beneidete sie, wie

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