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Ich gegen Osborne

Ich gegen Osborne

Titel: Ich gegen Osborne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Goebel
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mit James Weinbach anlegt, sonst wird er gefistet.«
    Als Antoine sich wieder umdrehte, hielt ich ihm die Hand hin, doch er wollte sie nicht nehmen. »Wenn dir einer blöd kommt, lass es einfach Lavell wissen.«
    »In Ordnung. Ich möchte euch allen danken. Also danke.«
    »Dank Lavell«, sagte der Typ auf meinem Kofferraum.
    »Noch mal danke, Lavell.« Er schenkte mir ein knappes Aufwärtskopfnicken, und dann gingen sie, machten sich langsam auf den Weg, und während sie quer über den Parkplatz gingen, wandten sich alle Schaulustigen von ihnen ab und taten so, als hätten sie plötzlich Besseres zu tun.
    Ich schloss meinen Wagen auf, zog die schwere Tür auf, und obwohl meine Hämorrhoiden noch schmerzten, fühlte es sich geradezu himmlisch an, in dem Lincoln zu sitzen und die Tür zuzuschlagen.
    Dann sprang mein Wagen nicht an, was aber nicht ungewöhnlich war. Ein paar Versuche später rührte sich der Motor, und die Klimaanlage lief. Obwohl ich unbedingt [419]  wegwollte, hütete ich mich, das sofort zu tun, denn wenn man nicht wartete, bis der Verkehr nachließ, war das Verlassen des Parkplatzes ein Stresstest.
    Keiner sah mehr in meine Richtung. Sie beschäftigten sich wieder mit ihren eigenen Angelegenheiten, bildeten Kreise, fassten einander an und lachten. Einige machten sich auf den langen Fußmarsch vorbei an den Tennisplätzen, und es schien, als bewegten sie sich langsamer als noch am Morgen. Vielleicht bremste sie das Gewicht ihrer Rucksäcke.
    Das brachte mich auf eine Idee: Ich könnte Rucksäcke als Symbole verwenden, die die Last des Privatlebens der Jugendlichen verkörperten, das sie mit in die Schule bringen und den ganzen Tag herumschleppen. Das schrieb ich auf die Rückseite meines Deutschhefts. Ich dachte mir, ich könnte es in Neurotica einbauen oder vielleicht sogar in ein späteres Buch.
    Wenn ich nach Hause kam, würde ich mich vielleicht doch nicht gleich hinlegen; ich musste noch so viel aufschreiben, ehe ich es vergaß.
    15 . 24   Auf dem hinteren Parkplatz hatte es keiner eilig, nach Hause zu kommen. Einige von ihnen hassten ihr Zuhause vielleicht so sehr wie ich die Schule – ein herzzerreißender Gedanke. Während sie in Paaren und Grüppchen (nie allein) an den Tennisplätzen vorbeischlenderten und während sie neben ihren Autos posierten, bemühte ich mich, sie mir nicht als Scheißkerle und Schlampen, ja nicht einmal als Jungs und Mädchen vorzustellen, da sie weniger Jungs und Mädchen als Söhne und Töchter waren.
    [420]  Ich sah Patrick Pippin energisch gestikulieren, während er mit jemandem sprach, der ihm offenbar nicht zuhörte. Er machte mich so wütend, dass ich nur allzu leicht vergaß, dass seine unzuverlässige Mutter manisch-depressiv war.
    Ich sah eine große Gruppe angehender Alkoholiker und Drogensüchtiger, ihrer Kindheit und Zukunft beraubt. All ihre Freitagabende würden sie nicht glücklich machen, weil ihre Eltern selbst erst noch erwachsen werden mussten.
    Ich sah Dannon McCall, wie er eine Zigarette rauchte und jemanden mit einem Ghetto-Handschlag der Sorte begrüßte, die nur bei einem coolen Typ echt rüberkam. Er wollte sich bis nach Deutschland verziehen, um seinem Elternhaus zu entkommen.
    Ich sah drei Jungs, die eine Aufmerksamkeitsdefizitstörung geerbt, und zwei Mädchen, die Magersucht geerbt hatten und die nach Hause fuhren, in den Badezimmerspiegel schauten und fälschlicherweise Deppen und Dicke sehen würden.
    Und ich sah Stephanie Schnuck, die ihre Hände nicht von irgendeinem Typ lassen konnte (den ich noch nie gesehen hatte), deren Elternhaus vermutlich nichts weniger als krank war. Garantiert waren ihre Eltern Tyrannen – egoistische, durch Kneipen ziehende Tyrannen, die Geschirr zerdepperten, Stephanies Oberschenkel malträtierten und ihr klarmachten, dass sie das Gegenteil eines Wunschkindes war.
    Zweitausend Seelen und jede einzelne von ihnen war einsam, dachte ich. Ich überlegte, mir das für ein zukünftiges Buch zu notieren, ließ es aber bleiben, weil es vertraut klang und ich befürchtete, dass es schon jemand anderes [421]  geschrieben hatte. Je älter die Welt wurde, desto schwieriger war es, etwas Neues zu schreiben. Es war also gut, wenn man später einen College-Abschluss in der Hinterhand hatte.
    Mein Hals schmerzte eindeutig mehr. Doch ich hatte schon beschlossen, morgen in die Schule zu gehen, egal, wie krank ich war. Ich schluckte zwanghaft, als eine Ansammlung von Schülern auf der anderen Seite der Tennisplätze

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