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Ich gegen Osborne

Ich gegen Osborne

Titel: Ich gegen Osborne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Goebel
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gar nicht dran war, »aber glauben Sie bitte nicht, dass Woolworth mein Alter Ego ist.« Eine Regel bei unseren Textkritiken lautete, dass die kritisierte Person erst das Wort ergreifen durfte, wenn die Kritik beendet war.
    [125]  »Ja«, sagte Dannon. »Das erwähntest du in deinen Nachbemerkungen. Nun streitet sich Woolworth mit dem Priester, bis dieser schließlich verrät, dass die Gemeindemitglieder mit einer eigenen Unterschriftensammlung anstreben, Woolworth dauerhaft aus der Kirche zu verbannen, weil sie ihn nicht mehr ertragen. Das Kapitel endet damit, dass Woolworth sich eine Hand voll Hostien nimmt, sie sich in den Mund stopft und aus der Kirche stürmt.«
    »Gute Zusammenfassung«, sagte Slim. »Warum sprechen Sie nicht gleich weiter über das Thema?«
    »Ich würde sagen, das Thema lautet Konformismus gegen Nonkonformismus.«
    Bisher war ich mit Dannon mehr als zufrieden, obwohl das Thema umfassender war, als er dachte. Zugegeben, ich war mir selbst nicht sicher, was das zentrale Thema war, hoffte aber, es gegen Ende des Romans herauszufinden.
    Etliche Schüler führten Privatgespräche. Slim sagte: »Ruhe. Fahren wir mit der allgemeinen Kritik fort.«
    »Alles in allem«, sagte Dannon, »hat es mir richtig gut gefallen. Woolworth ist eine interessante Figur. Ich bin wirklich gespannt, was am Ende passiert. Wenn James sein Buch fertig hat, würde ich es gern lesen.«
    »Danke«, sagte ich.
    »Was finden Sie an Woolworth interessant?«
    »Einfach wie er sich benimmt. Dass er beispielsweise immer Handschuhe trägt und sich beim Autofahren einen Helm aufsetzt, und dass er zum Vergnügen in Krankenhäusern abhängt. Er ist ein Original…«
    Lauren und Braxton fingen an zu flüstern, aber ich sagte mir, dass sie mir das nicht verderben würden. Zum ersten [126]  Mal seit Menschengedenken hatte ich das Gefühl, dass mir die Schule außer Komplexen etwas gab. Besorgt behielt ich Chloe im Blick, doch offenbar kamen ihre Ticks nicht wieder, deshalb versuchte ich, Spaß zu haben.
    »…und außerdem ist Woolworth kompliziert. Er hat einige Widersprüche, beispielsweise ist er so fixiert darauf, ein Gentleman zu sein, dass er manchmal sein Ziel aus den Augen verliert und grob wird. Möglicherweise soll seine Höflichkeit seine Feindseligkeit gegenüber Menschen kaschieren.«
    Bei diesem Kommentar drehte sich Chloe um und warf mir einen vorwurfsvollen Blick zu. Ich erwiderte ihren Blick, doch mein Blick besagte, dass ich keinen blassen Schimmer hatte, warum sie mich so ansah.
    »Was hat Ihnen sonst noch gefallen?«
    »Mir gefällt das Konzept des Buchs im Buch. Mehrmals erwähnt er, dass Woolworth ein Buch mit dem Titel Kinder der Wut schreibt, das von einem gewissen Charles Pontchartrain handelt, der eine Ritterrüstung trägt, obwohl es im Jahr 1999 spielt.«
    »Was noch?«
    »Ein paarmal bezeichnet er Amerika als Nuttennation, was ich lustig fand. Und als Woolworth aus der Kirche stürmt, gibt es eine Zeile, die ich witzig fand… ›Nach dem Treffen mit Pater Genaro war Woolworths Verstand etwa so stabil wie eine Hollywood-Ehe.‹« Keiner lachte. »Doch der allerbeste Spruch kommt, als Woolworth zufällig vor der Kirche jeden sagen hört: ›Hey, gehst du diesen Dienstag zum Stringtanga-Donnerstag?‹« Darauf folgte ein großer Lacher. Ich bemühte mich, nicht über meine eigenen [127]  Sätze zu lachen oder zu lächeln. »Der Satz gefällt mir, weil er witzig ist, er zeigt aber wohl auch, ich sag mal, den geistigen Verfall der Menschen in Woolworths Umfeld. Und… das war meine Kritik. Alles in allem fand ich, dass James gute Arbeit geleistet hat.«
    Ich bildete mit den Lippen ein »Danke« in Richtung Dannon, der grinste.
    »Danke, Dannon«, sagte Slim. »Jetzt die anderen. Reden wir mit James.«
    »Mir hat der Teil gefallen«, sagte der Rock-’n’-Roll-Freak, »wo es fast eine Schlägerei gab.«
    »Das mit dem Helm fand ich auch toll, was Dannon erwähnt hat«, sagte Summer, das Hippiemädchen. »Ich dachte, das ist eigentlich gar keine schlechte Idee, im Auto ’n Helm tragen.«
    ›Das mit dem Helm‹ gehörte zu den cartooneskeren Elementen meines Romans, und ich wünschte, sie würden nicht mehr weiter darauf herumreiten, wusste aber Summers Kommentar dennoch zu schätzen. Auf ihre Bemerkung folgte Schweigen. Meine Güte, dachte ich. Waren ihnen schon die Kommentare ausgegangen?
    William, ein gutgekleideter chinesischstämmiger Schüler, ergriff das Wort. »Mir hat James’ Stil insgesamt gut

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