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Ich gegen Osborne

Ich gegen Osborne

Titel: Ich gegen Osborne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Goebel
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dick oder im Abspeckwahn. Herr, hilf mir. Krank kränker am kränksten. Wem hab ich was vorgemacht? Ich war für sie nur ein Zeitvertreib. Ein Trottel im Anzug. Ihr Hals und seine Falten. Gott wie ich ihre Lippen hasse. Ich könnte ihre Lippen zur Hölle schicken. Diese Lippen wurden geschaffen, um mich zu foltern. Hör mich doch an. Warum gehe ich mir selbst aus dem Weg? Wie war dein Spring Break? Wir haben uns prima amüsiert. Hast du es gehört? Sex. Verfluchter Sex, was kann ich tun? Die Eins gehört in die Null, basta! Jungfräulichkeit bleibt in einer Ferienwohnung mit weißem Teppichboden auf der Strecke. Jungfrau. Jungfrauen. Jeder sollte Jungfrau bleiben. Nur so kann man es aufhalten. Die Libido. Muss. Vernichtet. Werden. Eigentlich ändert sich nie etwas. Ich ertrage diese Leute nicht. O Gott, ich will sie doch lieben. Lasst uns alle zum Pinkelwettbewerb gehen. Nie werde ich ihre Strümpfe sehen. Wie sie schlaff um die Knöchel hängen. Ob ihnen gefällt, was ich schreibe? Werde es bald erfahren. Aber sie werden es nicht mögen. Warum sollten sie? Warum sollten sie überhaupt ein nettes Wort über mich verlieren? Warum interessiert es mich? Ich hasse das. Ich bin es leid zu schreiben. Die längste verdammte Woche, dabei ist es erst Montag. Gott helfe mir. Teufel nein. Habe [117]  das alles so satt. Kein Jubiläum. Kein Jubilieren. Nur Leichen und Clearasil. Keine Ahnung. Sie ist verschwunden. Er ist verschwunden. So viel geht mir durch den Kopf und sie an erster Stelle. Mein Herz schreit nach Chloe. Herrje das schmerzt. Wie konnte ich es dazu kommen lassen? Gott. Warum? Sie ist nicht einmal real. Sie ist eine Erfindung. Die Chloe, die ich kenne. Ich habe sie überhöht. Kein Wunder, dass ich sie nicht kriege. Für alle außer mir wird alles klar und deutlich. Ich will Spaß, verdammt. Ich will Spaß –
    »In Ordnung«, sagte Slim. »Bringt den Gedanken zu Ende und legt eure Hefte weg.«
    – – – so wie alle anderen auch.
    9 . 44   »Na schön. Jetzt spricht Kirstie zu uns über › A&P ‹. Kirstie?«
    Kirstie war eine blöde Schickimicki-Torte, die klang, als wären ihre Stimmbänder mit Froschspeichel und Superoxid überzogen. Ich begriff nicht, warum sie sich überhaupt in diesem Kurs angemeldet hatte; sie interessierte sich nur für ihr Bauchnabelpiercing.
    »Okay. Der Titel lautet › A&P ‹«, begann Kirstie mit ihrer amphibischen Valley-Girl-Stimme. »Und die Story stammt von John Updike.« Bei »dike« – als »dyke« ein englisches Slangwort für Lesbe – grinsten einige Schüler. »Und… tja, was wollen Sie darüber wissen?«
    »Verständlich, dass Sie fragen, da wir so wenige dieser Referate gemacht haben«, sagte Slim. Seit August hatten [118]  wir mindestens zwanzig Kurzgeschichten vorgestellt. Mir war Harrison Bergeron von Kurt Vonnegut zugeteilt worden.
    »Ja. Äh, ich wusste nicht, dass ich meins heute machen sollte.«
    »Sie haben die Story also nicht einmal gelesen?«
    »Ich hab die ersten beiden Seiten gelesen, aber nicht alles. Tut mir leid.«
    »Ich habe Ihnen mindestens viermal gesagt, dass Ihr Referat heute dran ist, außerdem steht es auf einem Arbeitsblatt, das ich Ihnen gegeben habe.«
    »Darf ich es morgen machen?«
    »Nein.« Kirstie wirkte geschockt und beleidigt. Bei gewissen Menschen, darunter Kirstie, dachte ich mir oft: Wie haben sie es im Leben nur so weit gebracht? »Da Kirstie uns im Stich gelassen hat, muss ich nun über › A&P ‹ sprechen. Vermutlich ist noch keiner von Ihnen in einem A&P gewesen, aber er war so etwas wie der Wal-Mart seiner Zeit…«
    Während Slim fortfuhr, kehrte Chloe leise ohne ihren Tick zurück.
    »Geht’s dir gut?«, flüsterte ich. Sie nickte. Ich schaute mich um, wollte wissen, ob jemand sie ansah, doch das tat keiner. Im Allgemeinen war ich immer erstaunt, wenn ich mich in den Kursen umschaute, die Chloe und ich gemeinsam hatten, und merkte, dass kein anderer sie ansah. Wie konnten sie Chloe nicht anschauen?
    Ich schaute auf meine Uhr. Es war 9.   46. Ich schätzte, die Besprechung meines Textes würde in fünf bis zehn Minuten beginnen. Ich war nervös, doch Slims Stimme hatte [119]  etwas Beruhigendes. Er hatte eine sonore, aber leise Stimme, und je länger er redete, desto leiser wurde er, bis man schließlich eingelullt und tiefenentspannt war oder sich anstrengen musste, um ihn überhaupt zu hören.
    Ich hatte Updikes Kurzgeschichte gern gelesen, und mich interessierte, was Slim zu sagen hatte. Doch ich war abgelenkt,

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