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Ich gegen Osborne

Ich gegen Osborne

Titel: Ich gegen Osborne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Goebel
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Weise umgebracht, aber davon fühlt sich nie jemand beleidigt, stimmt’s? Ich finde das unfassbar. Ihr seid alle dermaßen fixiert darauf, politisch korrekt zu sein, nur ja das Richtige zu sagen, aber wenn es darum geht, wirklich gut zu Menschen zu sein…«
    »Nur damit du’s weißt«, sagte Strohkopf Kirstie, »ich weiß, auf wem eine deiner Figuren basiert – nämlich das Mädchen, das mit ihrem Bruder geschlafen hat, und ich werd’s ihr erzählen.«
    Ich lachte wieder. »In Wirklichkeit basiert diese Figur auf dir.«
    »Wie war das?«
    [146]  »Alle an der Krankheit leidenden Figuren basieren auf euch allen. Ihr seid alle gleich. Bei euch allen denkt man: hallo. Kennen wir uns nicht? Ich schwör’s, wir sind uns schon mal begegnet.«
    »Das reicht«, sagte Slim.
    »Ihr seid alle ein Haufen Automaten, und zwar Automaten von der schlimmsten Sorte, weil ihr euch alle für aufgeschlossen und progressiv haltet mit eurem ganzen jugendlichen Gequatsche von wegen Menschen sollten mit ihren Körpern machen können, was sie wollen, aber wie aufgeschlossen könnt ihr sein, wenn ihr alle genau gleich seid? Habt ihr darüber schon mal nachgedacht? Habt ihr euch schon mal überlegt, wie einförmig ihr alle seid?«
    »Was hast du für ’n Problem, Typ?«, fragte Lauren.
    »Lasst ihn in Ruhe«, sagte Chloe. »Er hat in letzter Zeit eine Menge durchgemacht.«
    »Oh, bestimmt ist es ihnen allen schlimmer ergangen«, sagte ich.
    »Du weißt einen Dreck über uns, egal über wen«, sagte Braxton. »Du hältst besser die Klappe.«
    »Es reicht!«, schrie Slim. Ich hatte nicht gewusst, dass er so laut werden konnte. »Jetzt rede ich. Ich will von keinem von Ihnen noch ein Sterbenswörtchen hören.«
    Dann sagte er uns, was wir am nächsten Tag machen würden, doch davon hörte ich kaum ein Wort. Wie man mich heute behandelt hatte, war inakzeptabel. Ich meldete mich.
    »…Und nicht vergessen, dass die Vokabeln immer noch jeden Freitag an der Reihe sind. James, egal was es ist, hat es nicht Zeit bis nach dem Unterricht?«
    »Ich wollte nur sagen, dass ich es ganz bezaubernd finde, [147]  wie alle kleinen Schlampen immer zusammenhalten. Woolworth und ich hatten nie eine Chance. Und bevor ihr alle einen Anfall kriegt, ich bin nicht sexistisch, wenn ich kleine Schlampen sage. Denn damit meine ich Jungs wie Mädchen. Vielleicht sogar ein wenig mehr die Jungs. Mir tut es ehrlich leid, dass ihr es euch wegen meines Textes nun zweimal überlegen müsst, ehe ihr euch dem Gelegenheitssex hingebt.«
    »Gehen Sie raus auf den Flur«, sagte Slim so untypisch streng, dass es beunruhigend war.
    Ich stand auf und nahm meinen Hefter und das Notizbuch mit. An der Tür blieb ich stehen, drehte mich um und sagte: »Ihr seid alle ein Haufen schlecht erzogener Huren.«
    »Das reicht«, sagte Slim. Jetzt stand er auf. »Wir gehen ins Büro des Direktors.«
    »Ich weiß genau, dass der auch eine Hure ist.«
    10 . 21   »Alles in Ordnung?«, fragte Slim, als er die Tür des Kursraums geschlossen hatte.
    »Nein.«
    »Warum gehen Sie nicht nach Hause?«
    »Ich lasse mich von denen nicht verjagen. Gehen wir ins Büro des Direktors?«
    »Nein. Das musste ich vor den Schülern sagen. Es wird für Sie kein Nachspiel geben.«
    »Ich erwarte keine Sonderbehandlung. Bestrafen Sie mich, wie Sie es für richtig halten.«
    »Sie brauchen keine Bestrafung. Hören Sie, der Kurs dauert nur noch wenige Minuten. Bleiben Sie hier draußen, [148]  und wenn der Kurs vorbei ist, kommen Sie wieder rein, dann reden wir, einverstanden?«
    »Einverstanden.«
    Er ging wieder zurück, und in dem kurzen Moment, als die Tür offen stand, hörte ich sie alle kreischen und lachen.
    Bestimmt waren einige von ihnen in ihrem ganzen Leben noch nie auf einer Beerdigung gewesen.
    Ich setzte mich auf den kalten, harten Fußboden und überlegte, wieso ich nicht auseinanderfiel. Ich fragte mich: Was jetzt? An wen konnte ich mich wenden? Was war noch übrig? Ich hasste alles und jeden, mich selbst eingeschlossen.
    Doch dann, in diesem Augenblick jämmerlichen Selbstmitleids, sah ich einen der Sonderpädagogen, der am anderen Flurende einen missgestalteten Jungen in einem Rollstuhl schob. Als sie näher kamen, hörte ich den Jungen leise stöhnen. Beide Arme waren augenscheinlich auf Dauer schmerzhaft verdreht, und ich hatte keine Ahnung, wie alt er war. Ich sagte mir, dass ich gar keine echten Probleme kannte.
    Nicht mal eine Minute, nachdem sie verschwunden waren, hatte sich diese neue

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