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Ich gegen Osborne

Ich gegen Osborne

Titel: Ich gegen Osborne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joey Goebel
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absage ?«
    »Sie haben gesagt, alles.«
    »Warum sollten Sie so etwas von mir verlangen?«
    »Ehrlich gesagt wäre es das ultimative Leckt-mich-doch gegenüber den anderen Schülern.«
    Er nickte und ich glaubte, ihn ganz leise »Jawoll« sagen zu hören. »Ich würde unwahrscheinlich viel Kritik einstecken müssen.«
    »Ja, aber… Ist diese Angelegenheit nicht schrecklich wichtig? Tut mir leid, aber Sie haben diese Tür aufgestoßen.«
    In Wahrheit hatte ich nicht die Absicht, irgendwem von dem Mädchen zu erzählen. Das würde der Nichte meiner Mom (meiner Cousine) nur Probleme bringen, der ehemaligen Therapeutin des Armstrong-Mädels, die ihrer Tante [184]  Julia so nahestand, dass sie ihr alles erzählte, sogar Sachen, die sie besser für sich behalten hätte. Doch so lange Shankly dachte, er wäre in Gefahr, könnte meine absurde Idee eventuell Realität werden.
    »Hassen Sie die anderen denn so sehr?«
    »Nein. Aber sie sind so gefühllos zueinander. Da gibt es keine Freundlichkeit, keine Güte. Sie haben es verdient, dass so etwas geschieht.«
    »Sie würden mich aufknüpfen wollen.«
    »Bestimmt wären sie anfangs wütend. Aber bei denen läuft fast alles über Reiz–Reaktion. Sie werden es in null Komma nichts vergessen, weil ihre kurzfristigen Sorgen viel dringlicher sind, beispielsweise, mit wem sie nach dem Unterricht schlafen werden.«
    »Ich weiß nicht recht. Ich habe zwar die Befugnis, jede Schulaktivität abzusagen, sehe aber nicht, wie das logistisch zu bewerkstelligen wäre.«
    »Ich könnte in den nächsten Tagen darüber nachdenken. Mir fällt bestimmt etwas ein.«
    »Nein, wenn ich das mache – wobei ich allerdings nicht glaube, dass ich es kann –, dann will ich es möglichst rasch durchziehen. Je eher ich es mache, desto leichter fiele es mir, weil ich mich mit der Rückerstattung ihrer Anzahlungen befassen müsste, und unsere Anzahlung für den DJ wäre fällig und – also, hören Sie, ich weiß, dass Sie keine hohe Meinung von mir haben, doch die Schüler sind mir wichtig, und das würde ihnen wirklich den Boden unter den Füßen wegziehen, und ich möchte, dass sie es möglichst rasch erfahren.«
    »Einverstanden. Je eher, desto besser.«
    [185]  »Außerdem ertrage ich es nicht, wenn Entscheidungen hinausgeschoben werden, sonst beschäftige ich mich zwanghaft damit, und – ja, wenn ich es täte, müsste es sehr bald geschehen. Falls ich es mache, muss ich es bald machen. Aber hören Sie.« Er rückte die Brille zurecht, atmete tief durch und sagte: »Hören Sie mir gut zu. Wir wissen beide, dass ich es nicht tun kann. Fällt Ihnen nichts anderes ein?«
    »Eben noch haben Sie so getan, als wären Sie dazu bereit. Jetzt bin ich wild entschlossen. Sind Sie sicher, dass es nicht geht?«
    »Es würde so viele Leute betreffen. Gibt es nicht etwas, das wir auf Sie beschränken können?«
    »Ich muss darüber nachdenken.«
    »Denken Sie darüber nach, und inzwischen verraten Sie es keinem, nicht wahr – nicht, dass das stimmen würde, was Sie wissen –, aber Sie sagen es keinem, oder?«
    »Ich verrate nichts. Den Ball abzusagen, hätte unsere Abmachung besiegelt, doch ich verstehe, dass Sie es nicht machen können.«
    »Lassen Sie sich einfach etwas anderes einfallen, etwas Vernünftigeres, und melden Sie sich wieder bei mir.«
    »Ich versuch’s.«
    »Sie sollten jetzt wohl in Ihren Kurs gehen.«
    Ich stand auf, genau wie er, und jeder streckte gleichzeitig eine Hand zum Schütteln aus. Unter der Tür drehte ich mich noch einmal um. »Moment. Brauche ich denn keinen Passierschein?«
    [186]  11 . 01   Weil Algebra II der Kurs war, den ich am wenigsten mochte, ließ ich mir Zeit. Nachdem ich das Lehrbuch aus dem Spind geholt hatte, machte ich einen unnötig weiten Umweg zu Mrs.   Reihers Unterrichtsraum. Unterwegs auf den langen Fluren fand ich den ausgerissenen Arm einer Mutanten-Actionfigur (wahrscheinlich aus der Kinderkrippe, wo die minderjährigen Mütter in Jogginghosen ihre Kleinen abgaben) und ein zerrissenes Lesezeichen des Basketballteams Kentucky Wildcats und hob beides auf.
    Im Kursraum herrschte ein Riesenklamauk. Eine Gruppe infantiler Jungs hatte ihre Pulte zusammengeschoben und spielte Karten. Einige miefige Mädchen saßen auf dem Boden, die Rücken gegen die hellbeigen Wände gelehnt. Ein paar Jungs warfen sich einen Football zu, der mich garantiert noch vor Ende des Unterrichts am Kopf treffen würde – denn wenn irgendwo in meiner Nähe ein Ball war, nahm er

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