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Ich gestehe

Ich gestehe

Titel: Ich gestehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hinter dem Paravent, rauchten eine Zigarette, tranken noch immer eisgekühlten Champagner und fühlten uns miteinander vereint, obgleich wir in seliger Mattheit auseinandergefallen waren und uns gerade erst mit großen Frotteetüchern den Schweiß unserer Wildheit abgetrocknet hatten.
    »Du bist ein Phänomen«, sagte Gaston schwer atmend. Da er gleichzeitig rauchte, hustete er dabei. Seine Bauchdecke tanzte. Ich lachte und legte beide Hände über seinen Leib.
    »Wieso ein Phänomen?« fragte ich zurück.
    »Du liebst wie ein Raubtier.«
    »Und du wie ein Grizzlybär. Man hat immer Angst, zerrissen zu werden.«
    »Wieviel Liebhaber hast du schon gehabt? Kannst du sie noch zählen?«
    »Das ist eine Beleidigung, Gaston!«
    »Ein Mann, der eine Frau wie dich nicht an sich zieht, ist ein Idiot. Und eine Frau, die so lieben kann wie du, muß Erfahrung haben.«
    »Es gibt Naturbegabungen, Liebling.«
    »Das meinte ich mit Phänomen!« Er hob den Kopf und sah mich an. »Viele Liebhaber?«
    »Sehr wenig.«
    »Unmöglich.«
    »Du bist der erste, bei dem ich begriffen habe, was Erfüllung ist.«
    »Geradezu unwahrscheinlich.«
    »Aber es ist so, Gaston.« Ich rauchte versonnen, starrte an die Decke und hörte, wie er ein neues Glas Champagner eingoß. Die Nähe seines nackten Körpers, von dem ich jetzt jeden Winkel kannte, jede Hautpartie bis hinunter zu dem kleinen Leberfleck am Schambein, machte mich noch immer innerlich unruhig, so müde ich jetzt auch war. Ich begriff, daß es keine Übertreibung war, wenn man der Pompadour nachsagt, daß sie immer zur Liebe bereit war und lieben konnte bis an die Grenze des Lebens.
    »Meine Liebhaber trage ich mit einer Hand weg«, sagte ich und nahm das Champagnerglas an, das er mir zureichte. »Soll ich sie nennen, der Reihe nach?«
    »Nein!« Er zuckte hoch. »Bloß das nicht!«
    »Du wirst enttäuscht sein, Gaston.« Ich lachte und dehnte mich. Er beugte sich über mich, küßte meine straffen Brustwarzen und streichelte meinen Schoß. Es war ein Gefühl zum Zerspringen. »Und du? Wenn ich dich fragen würde?«
    »Mehr als eine Handvoll, Gisèle.«
    »Das wäre auch sonst eine Lüge gewesen, Gaston.«
    »Aber ich war nie so glücklich wie heute. Das ist die Wahrheit.«
    »Ich glaube dir, Gaston.«
    Oh, es war herrlich, einem Mann zu glauben. Es war unbeschreiblich, ihn zu besitzen. Es war unglaublich, was ein Mensch zu leisten vermag, wenn er liebt.
    Wir warfen die Zigaretten weg, stellten die Gläser auf den Boden und fielen wieder über uns her. Wer uns beobachtet hätte, würde mit den Fäusten dazwischen geschlagen haben. Wir benahmen uns, als wollten wir uns gegenseitig umbringen.
    Die ganze Nacht blieb ich bei Gaston im Zimmer und träumte später in seinen Armen von dem großen Glück, das ich mir heute im wahrsten Sinne des Wortes erobert hatte. Ein Glück, das ich nicht wieder loslassen wollte. Schon der Gedanke, daß es einmal anders werden könnte, grenzte an Wahnsinn.
    Ab und zu wachte ich auf und sah Gaston an. Er schlief fest, die Lippen vorgeschoben wie ein trotziger kleiner Junge.
    Mein Gaston. Mein großer Gaston. Mein alleiniger Gaston.
    Mein Geliebter.
    Bin ich deshalb schlechter als andere Frauen?
    Ich war damals 27 Jahre alt, und mit diesem Alter hat man ein Recht auf Liebe. Ich war frei, ich hatte niemanden zu fragen, und auch Gaston war frei. Ach, was fragt man überhaupt nach Bindungen und Moralthesen, wenn man verliebt ist, so grenzenlos verliebt wie ich? Andere Frauen halten sich einen Geliebten, aber man grüßt sie trotzdem ehrfürchtig, weil der Herr Gemahl Bankdirektor oder Staatssekretär ist. Jeder weiß es. Aber so ist das nun einmal in Paris! Bin ich deshalb schlecht, weil ich eine ganze Nacht bei Gaston blieb, bei diesem herrlichen, zärtlichen und doch in der Liebe so ohnmächtig machend brutalen Mann?
    Ich habe nicht darüber nachgedacht. Ich blieb bei ihm und ließ mir am Morgen den Kaffee ans Bett bringen. Dann schlief ich wieder bis in den Mittag hinein, während er seine Visiten machte, eine Operation vornahm und der große, beliebte Arzt war, der seinen Patienten Trost und Hilfe gab. Das Zimmer hatte er abgeschlossen. Wie in einer geheimnisvollen, verschwiegenen Oase, wie auf einer fernen Insel, lebte ich diesen Morgen in seinem Zimmer und nahm alles in mir auf.
    Jeder Gegenstand des Zimmers atmete seine Gegenwart: der Stuhl, der Schreibtisch, die Bücher, die angebrochene Zigarettenschachtel, das Weinglas auf dem Nachttisch, sein über den

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