Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ich gestehe

Ich gestehe

Titel: Ich gestehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
haben.
    »Was soll das, Gisèle?« Er schüttelte den Kopf. »Ich dachte eben, du machst einen Scherz, aber ich sehe, du willst wirklich aussteigen! Was hast du denn?«
    »Ich weiß es nicht.« Ich hob hilflos die Schultern und lehnte den Kopf an seine breite Brust. »Ich habe ein so dummes Gefühl, daß unsere Anwesenheit in Caissargues nicht gut sein wird.«
    »Deines Vaters wegen?«
    »Nein. Der wird sich freuen.«
    »Oder hast du einen früheren Liebhaber dort, der mich umbringen könnte?« Gaston lachte laut. »Ich bin unverwüstlich!«
    Er mochte bei diesem Satz an den Anschlag John Parketts auf ihn denken, den er mit viel Glück überlebt hatte. Der Arm lag noch immer in der Schlinge und schmerzte, und unter den Haaren, am Hinterkopf, hatte er noch einen großen Bluterguß. Ich streichelte seinen verletzten Arm und schüttelte den Kopf.
    »Als ich Caissargues verließ, um auf ein Internat zu gehen, war ich dreizehn Jahre alt. Nur in den Ferien war ich dann hier, und da paßten Vater und Mutter auf mich auf. Erst in Paris, unter den Händen eines Dr. Ralbais, wurde ich so verdorben wie ich bin.«
    »Eine süße Verderbtheit!« Er küßte mich, aber auch dieser Kuß konnte meine innere Erregung vor einem kommenden Unheil nicht dämmen.
    Breuillieuc, ein kleiner, mit wildem Wein bewachsener Bahnhof, von dem ein staubiger Weg ins Dorf führte, entschwand vor den Fenstern. Die nächste Station war Caissargues. Es gab kein Halten mehr, kein Überlegen. Die wenigen Minuten Zögern bis zum Wiederanfahren des Zuges sollten unser Schicksal werden.
    Schon kannte ich jedes Haus, das an uns vorbeizog: das Weingut der Bointes, den Hof der Maiers, dort, das lange, rote Ziegeldach, das war der große Pferdestall des Gestütes von Baron de Brientes. Und dort, zwischen den Hügeln, sah man einen kleinen Turm. Es war das verrückte Haus des noch verrückteren Malers Jean Papuscu, eines Rumänen, der hier in der Provence geblieben war, weil die Motive für seine Bilder so lichtüberflutet waren und vor allem der Wein so gut schmeckte.
    Caissargues! Die Heimat! Der kleine Bahnhof mit dem Stationsvorsteher Julien Gabinnot, der seit 1945 einen nach oben gedrehten, langen Schnauzbart trug und ihn seit 1970 mit schwarzer Farbe färbte!
    Der Zug hielt. Ich stieg aus dem Waggon, Monsieur Gabinnot grüßte stramm, aber da er im Dienst war und den Zug erst abfahren lassen mußte, ging er an uns vorbei zur Lokomotive, ganz Würde seines Amtes.
    An der Sperre stand ein fremder Beamter, ich kannte ihn nicht. Draußen, auf dem Bahnhofsplatz, hielt eine kleine, altmodische Droschke. Pferd und Wagen gehörten den Brüdern Binot. Sie hatten sie geerbt, und es gab jedesmal einen großen Krach im Hause Binot, wenn Jean am Sonntag fortfahren wollte und François ihm dazu nicht sein Pferd lieh. Andererseits tobte François, wenn er in die Stadt wollte, und Jean gab ihm nicht den Wagen. Nur wenn der Zug hielt, waren sie sich einig: Als Droschke waren sie unbezahlbar, und es gab Fremde, die empfahlen ihren Bekannten, in Caissargues auszusteigen und sich durch das Dorf fahren zu lassen, nur um sich die Erklärungen der Brüder, die beide auf dem Kutschbock thronten, anzuhören.
    Die Brüder Binot tippten an ihre schwarzen Baskenmützen, als wir in ihre Droschke stiegen. Da Gaston dabei war, wagten sie nicht, mit mir zu sprechen und mir auf die Schulter zu schlagen, wie sie es immer als Begrüßung taten, wenn Dorfbewohner mit dem Zug ankamen. Kaum hatten wir die Tür hinter uns zugeschlagen, fuhren sie auch schon an und zockelten in das ›verwunschene‹ Dorf hinein.
    Nach einer Weile tauchte hinter der Kirche, an einem Seitenweg zu den Weinhügeln, ein langgestrecktes, in einem blühenden Garten liegendes Haus auf, vor dessen Giebel, der Sonne zu, ein großer Balkon war.
    Unser Haus …
    Die Brüder Binot hielten. Wir stiegen aus der Droschke, und Gaston wollte bezahlen. Aber Jean winkte ab und tippte an die Baskenmütze.
    »Dafür holen wir uns vom Doktor Medikamente«, sagte er, schnalzte mit der Zunge, und das Pferd zog wieder an und trottete weiter.
    Gaston sah ihm kopfschüttelnd nach. »Geht hier alles auf Gegenrechnung?« rief er vergnügt und drehte sich um. Dann faßte er mich unter, nahm den schweren Koffer in die andere Hand und schritt auf das Haus zu. »Soll ich jetzt sagen: Auf in den Kampf?« fragte er fröhlich.
    Ein teuflisches Gefühl schnürte mir die Kehle zu. Ich schüttelte den Kopf und wollte etwas sagen, als ein erstaunter Ruf

Weitere Kostenlose Bücher