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Ich gestehe

Ich gestehe

Titel: Ich gestehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Ehrenmann, der zu seinem Wort steht. Hast du mit Vater über uns gesprochen?«
    »Noch nicht«, sagte er verlegen.
    »Siehst du! Ein kleiner Beweis. Du wolltest es tun, sofort beim Eintreffen! Du wolltest die Festung im Sturm nehmen, wie du sagtest. Aber dann hast du gezögert. Nicht mit Bewußtsein, sondern unbewußt, rein instinktiv, reflexartig, wenn man so sagen kann; nämlich, als du Brigit gesehen hast und im Inneren zugeben mußtest: Dieses Mädchen ist fast zehn Jahre jünger als Gisèle. Sie bedeuten für mich auch zehn Jahre mehr Wonne und Glück und zehn Jahre verlängerte Jugend.«
    Gaston erhob sich brüsk und klopfte den Staub von seinen Hosenbeinen. »Wenn du so weiterredest, wenn du solchen Unsinn weiterspinnst, breche ich die Unterhaltung ab.«
    »Weil sie dir unangenehm ist.«
    »Weil sie dumm ist.«
    »Die Wahrheit ist nie dumm!«
    »Bis nachher.« Er drehte sich um und ließ mich auf der Mauer sitzen. Mit großen Schritten ging er den Weg hinab zum Haus. In mir war alles Auflösung, alles Vulkan, brennende Welt und Explosion.
    »Geh nur!« schrie ich ihm nach. Meine Stimme überschlug sich. »Geh nur zu deinem blonden Glück! Geh zu Brigit! Zeige ihr, wie stark du bist, wie vollendet du eine Frau bezwingen kannst, wie herrlich brutal deine Liebe ist! Aber zerbrich sie nicht. Sie ist zart. Nimm sie in deine Arme wie eine Porzellanpuppe!« Ich schlug die Hände vor die Augen und sank in mich zusammen. Schluchzen schüttelte mich, wilder Schmerz durchtobte mein Inneres; es war, als flamme ich auf und verbrenne bei voller Besinnung.
    Es gab keine andere Möglichkeit mehr, es gab kein Zurück, kein Bedenken, keine Reue: Ich mußte Brigit töten!
    Morgen, in Paris!
    Morgen …
    Töten … töten … töten … dieses Wort brachte mir die Besinnung zurück. Es wurde wie eine Melodie, die mich nicht mehr verließ, die mich überall hinbegleitete, die mit dem Schlag meines Herzens durch meine Adern rann.
    Töten … töten … Brigit töten …
    Ich glaubte, daß ich wahnsinnig würde …
    Am nächsten Morgen fuhren wir von Caissargues zurück nach Paris, ohne daß Gaston mit Vater oder Mutter über uns gesprochen hatte! Ich sah es Vater an, daß er darüber erstaunt war, und so sehr er es auch vor mir verbergen wollte, ich konnte sehen, daß er sich Gedanken darüber machte, was wohl der Grund sein möge.
    Die Stimmung war ein wenig bedrückt, als der kleine Zug sich in Bewegung setzte und wir aus dem Fenster zurückwinkten. Nur Brigit war fröhlich und lachte, sie schwenkte ihr seidenes Taschentuch und ließ es noch lange im Zugwind flattern. Sie war so verspielt, so glücklich, daß in mir wieder der Haß emporkroch und verrückte Gedanken mich umschwirrten. Ob sie sich schon geküßt haben? Hinter dem Haus, in den Weinbergen, im Rosengarten, vor ihrer Zimmertür? Vielleicht war sie schon seine Geliebte? Sie war so glücklich, so losgelöst. Ich kannte ja diesen Zustand, ich wußte, wie selig Gastons Liebe macht.
    Winke du nur, dachte ich. Nimm Abschied von allem – von Vater und Mutter, von Caissargues, von den Weinbergen, den Blumen, der Durance, der Rhône, von der Sonne, dem Wind, den Bäumen, den Wolken – vom Leben! Du fährst jetzt in den Tod. Noch einmal wirst du in Paris schlafen, noch einmal Gaston heimlich küssen, wenn ich nicht wachsam bin, noch einmal von dem Glück an seiner Seite träumen; und dann wird in deinem Kaffee das Gift des Pilzes sein … und zwei Tage später liegst du in der Anatomie, und Gaston und ich werden uns mit Erschütterung darum bemühen, herauszufinden, an was du gestorben bist! Und dann wird Gaston sterben. Auch an diesem Pilz … oh, wie wird man mich bedauern. Die Schwester und den Geliebten hat sie verloren, wird man sagen. Kurz hintereinander. Die arme Dr. Parnasse! Die arme Gisèle. Und ich werde Trauer tragen. Ein ganzes Jahr lang, wie eine Witwe. Eine perfekte Mörderin aus Haß und Liebe …
    Avignon. Wir stiegen um. Gaston trug unsere Koffer. Wir sprachen miteinander, als sei nichts gewesen. Wir belogen uns vollendet. Wir waren blendende Komödianten. Fast machte es Vergnügen, den anderen dümmer zu halten als sich selbst.
    Es war Nacht, als wir in Paris ankamen. Gaston besorgte uns ein Taxi. Er fuhr nicht mit zu uns, er wollte gleich in die Klinik. Mein Urlaub dauerte noch drei Tage und so verabredeten wir uns für den morgigen Nachmittag vor dem Palais Chaillot.
    Als das Taxi abfuhr, kurbelte Brigit die Scheibe ihrer Tür herunter und winkte Gaston

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