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Ich gestehe

Ich gestehe

Titel: Ich gestehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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töten. Irgendwo und irgendwie zu töten. Wie ich das anfangen wollte, wußte ich noch nicht. Aber ich wußte, daß es mir eine Wonne sein würde, sie leblos vor mir liegen zu sehen, diese schöne Gestalt, dieses blonde Elfchen, dieses bezaubernde Geschöpf, das in mein Leben eindrang und mir das Glück fortnahm, an das ich mich klammerte. Mit der gleichen Sorglosigkeit, mit der sie in meinem Inneren die Gefühle zerstörte, würde ich sie töten und dann die Konsequenzen tragen. Ja, ich fühlte in dieser Nacht in mir den Haß und den Vergeltungsdrang antiker Sagengestalten wie Elektra oder Klytämnestra aufsteigen, und ich schauderte nicht mehr zusammen bei dem Bild, das ich mir ausmalte, Brigit unter meinen Händen, von meinen Händen, sterben zu sehen.
    Jetzt saß sie mir gegenüber, rein und zart. Sie aß ihr Brötchen mit Honig, aber auch sie hörte nicht darauf, was Vater und Gaston miteinander sprachen. Mutter war dauernd unterwegs. Sie holte neuen Kaffee, füllte Zucker und Milch nach, das Salz war vergessen worden für die Eier … sie rannte in die Küche, ehe ich aufspringen konnte. So waren wir praktisch allein mit uns. Vater mit Gaston, ich mit Brigit.
    Ich werde sie nicht hier in Caissargues, sondern in Paris ermorden, dachte ich, während ich aß. In Paris geht es schneller, und die Spuren verwischen sich leichter. In Paris wird niemand an die Schwester als Mörderin denken, zumal, da ich selbst dabei sein werde, wenn man sie seziert, um die Todesursache festzustellen! Ja, auch das werde ich können; ich werde mein Opfer selbst untersuchen – die eigene, getötete Schwester. Oh, was wißt ihr alle, wie groß, wie abgrundtief, wie schrecklich und erbarmungslos wie sonst nichts auf dieser Welt der Haß einer Frau sein kann!
    Ich werde sie vergiften, dachte ich, als ich sie Kaffee trinken sah. Das ist ein typisch weibliches Mordwerkzeug: Gift! Und es gibt heute Toxine, die man im Körper kaum nachweisen kann, oder solche, die eine natürliche Todesart vorspiegeln: Herzschwäche, Gehirnschlag, Pilzvergiftung …
    Das war es: Pilzvergiftung! Ich werde Brigit etwas von dem Toxin des Knollenblätterpilzes in ein Getränk tun. Innerhalb siebzig Stunden wird das Gift so vom Körper aufgenommen sein, daß bei dem schlagartigen Auftreten der Vergiftung keine Rettung mehr möglich ist! Ein natürlicher Tod! Wer wollte mir nachweisen, daß ich eine Mörderin bin? Im September ist die Pilzzeit. Brigit war unvorsichtig gewesen, sie kennt von Pilzen wenig, sie hat einige mitgenommen aus dem Bois, sie hat sie gekocht und gegessen. Als ich kam, ich, die Ärztin, und ihren Zustand erkannte, war es schon zu spät.
    So mußte es laufen. So und nicht anders.
    Welch ein glatter Mord! Welch ein perfektes Verbrechen. Welch geniale Einfachheit des Tötens!
    Nach dem Morgenkaffee begleitete ich Gaston und Vater in die Praxis. Brigit half der Mutter und wollte dann die Rosen im Garten festbinden. Binde nur, mein Röschen, dachte ich. Man wird sie dir nicht auf den Hochzeitsweg streuen und nicht in die Locken flechten. Als Kranz auf deinem Grab werden sie liegen und im Septemberwind und Herbstregen eines Pariser Friedhofes verwelken! Gaston aber wird bei mir bleiben – oder auch er wird Pilze essen … essen müssen … wie Brigit …
    Es war, als falle ich in einen regelrechten Blutrausch, und ich empfand eine Wonne dabei, zu denken, daß auch Gaston das Opfer eines perfekten Mordes sein würde, wenn er mich von sich stieß und so selbst seinen Tod bestimmte.
    Das Wartezimmer war schon gefüllt mit leidenden Patienten, als Vater in das Ordinationszimmer trat und ihm Schwester Luise, eine deutsche Arzthelferin, den weißen Kittel reichte. Vater stellte Gaston kurz vor, und dann begann eine der bäuerlichen Arztpraktiken, die medizinisch gesehen rührend anspruchslos und gleichbleibend ist, aber in vielen Fällen besser geholfen hat als eine großstädtische Modepraxis mit einem Arsenal blitzender Apparate und drei zusätzlichen Assistenten.
    Gaston sah Vaters Praktizieren interessiert zu. Ein paarmal untersuchte er nach und stellte die gleiche Diagnose. Nur einmal, bei dem Bauern Julien Barrat, war er anderer Meinung als Vater.
    Barrat wurde in einen Nebenraum geschickt und Vater setzte sich hinter seinen breiten Schreibtisch, auf dem dick die Patientenkartei thronte.
    »Sie meinen, es sei keine Gastritis?« fragte er Gaston.
    Gaston nickte. »Soweit ich ohne Magenaushebung und Röntgen sehen kann, wird es ein Ulcuskarzinom

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