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Ich glaub, ich lieb euch alle

Titel: Ich glaub, ich lieb euch alle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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wieder auf. Wenn wir in einem Zeichentrickfilm wären, dann würden jetzt kleine Vögelchen zwitschernd um meinen Helm kreisen. Aber wir sind hier nicht in einem Zeichentrickfilm, wir sind hier beim Football! Ich schüttle die Benommenheit ab, bevor es zum nächsten Spielzug geht. Und wieder: Ein weiteres WUMMMSSSS! erwartet Andre. Von mir aus könnte diese Trainingsstunde die ganze Nacht andauern. Ich hör bestimmt nicht auf damit! Mit jedem neuen Spielzug erhält er einen weiteren knochenbrecherischen Rempler von mir. Meine Arme sind bereits blutverkrustet, mein Shirt ist zerrissen, mein Kinn ist von Schnittwunden und blauen Flecken übersät. Meine Ohren rauschen, und… hab ich schon erwähnt, dass ich mir das Genick gebrochen habe?
    Der Coach setzt mich jedem einzelnen Spielzug aus, den er in seinem Buch finden kann, und ich bescheiße nicht, weil ich den Inhalt des Buches gar nicht kenne. Ich kenne keinen dieser Spielzüge oder was man mit ihnen bezweckt. Ich weiß nur eins: dass mich niemand blocken kann und ich diesen Flachwichser nicht punkten lasse. Ich spiele Football! Und die einzigen Kicks, die ich heute ausführe, landen direkt in Andres Hintern! Der Coach ist begeistert.
    Ich hab keine Ahnung, was für ein Problem Andre hat. Ich hätte ja nichts dagegen, wenn er der Footballstar wäre und ich nur der zweitbeste Irgendwas, aber er hat sich an mein Mädchen rangemacht! Und das hat er in aller Öffentlichkeit getan. WUMMMSSSS! Ich will Blut fließen sehen! Und das bekomme ich auch. Zwar handelt es sich in erster Linie um mein eigenes Blut, aber ihm tut es weh… hoffe ich zumindest. Zum Glück wird es langsam dunkel, weshalb der Coach schließlich in seine Trillerpfeife bläst und damit den Krieg beendet.
    Er lässt die Trillerpfeife fallen und brüllt: » Großartiges Training, Jungs! So was nenne ich Football für echte Kerle! Carter, ich weiß nicht, wo du dich bisher versteckt gehalten hast, mein Sohn, aber ich bin echt froh, dass du endlich aus dir rausgegangen bist! Heute Abend hast du es uns so richtig gezeigt; du hast es deinem TEAM gezeigt! Von heute an bist du der Starter!« Der Coach jubelt.
    Ach, verdammte Scheiße! Wenn ich das hier jeden Tag bringen soll, dann werde ich meinen fünfzehnten Geburtstag nicht erleben. Ich brauche dringend einen Chiropraktiker, eine Dusche und eine Krankenbahre. Normalerweise ziehe ich mich einfach nur an und mach mich auf den Heimweg, da ich so gut wie nie schwitze. Heute habe ich Dreck zwischen den Zähnen und Blut klebt mir im Haar.
    Das heiße Wasser brennt in meinen Wunden und Schlieren von Schmutz und Blut verschwinden im Abfluss. Gleich neben mir dreht Andre die Dusche auf. So ein Schwachkopf! Hätte er nicht eine der anderen zehn Duschen nehmen können? Wir schweigen uns an. Ich versuche, mich aufrecht zu halten. Er muss doch ganz genau wissen, was für ein Arschloch er ist. Scheinbar ist er irgendwann einmal sitzen geblieben, denn, gütiger Gott, er ist schon ein sehr viel reiferer Mann als ich. Aber ich sehe nicht hin! Wie könnte ich auch? Ich kann ja meinen Nacken kaum drehen.
    Ich steige zu meinem Dad ins Auto, und er sagt: » Himmel, das Training hat aber lang gedauert. Ihr Jungs seid mehr als eine Stunde zu spät dran. Wer ist denn der Neue?«
    » Welcher Neue?«, frage ich.
    » Keine Ahnung, der lange Typ, der die letzten zwei Stunden Andre verdroschen hat. Hab ihn noch nie gesehen«, meint er.
    Ich lache heimlich in mich hinein, weil mich mein Gesicht zu sehr schmerzt. Nicht einmal mein eigener Dad hat mich erkannt. Am liebsten würde ich brüllen: » Das war ich, Paps! Ich bin der Neue!«, doch ich bin viel zu erschöpft, und außerdem will ich ihm keine falschen Hoffnungen machen, ich könnte von nun an immer der größte Hengst sein, also halte ich mein Maul. Mann, ich muss schon wirklich die meiste Zeit einen ziemlich lahmen Eindruck machen, wenn nicht einmal mein eigener Vater mich erkennt.
    Es ist schier unmöglich, dass ich mich ein ganzes Spiel lang so auf eine Sache konzentriere. Das könnt ihr vergessen. Das gegnerische Team müsste dafür schon irgendwie meine Gefühle verletzen. Wenn ich sie verdreschen soll, dann müssen sie mich auf jeden Fall persönlich beleidigen. Wahrscheinlich schau ich sowieso irgendwelchen Cheerleadern oder Hunden am Spielfeldrand hinterher, und während ich in den Tag hineinträume, machen sie ihre Punkte. Mein Team ist doch viel besser dran, solange ich auf der Ersatzbank sitze. Ich muss mir aber gar nicht

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