Ich glaub, mich tritt ein Kind: Bekenntnisse einer Schwangeren und schonungslose Wahrheiten einer dreifachen Mutter (German Edition)
»Warum weinst du?« fragen?
Wenn sie zu dritt mit ihrer Laufrad-/Fahrradgang die Großstadt-Bürgersteige entlangfegen?
Wenn deine Tochter weiß, dass der Wolf nicht ertrank, sondern »jämmerlich ersoff«, nachdem die Geißlein in seinem Bauch durch Wackersteine ersetzt wurden?
Wenn sie dich nach einem Streit drücken und »Lieblingsmama« sagen?
Wenn sie die gerade bemalten Ostereier kaputtpellen und schließlich selbst ein Kehrblech holen?
Wenn sie mit ihren Schlabberschlafanzügen morgens an dein Bett tapsen und »Duten Moagän, die Sonne seint« säuseln?
Ich glaub, dann muss es wohl Liebe sein.
Mutterliebe.
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21.
Ein Freund, ein guter Freund …
Bleibt doch ein guter Freund, oder?
Liebe Lisa,
heute an diesem schönen sonnigen Samstagnachmittag um 17.20 Uhr ist es offiziell: Ich habe keine Freunde mehr! Ich meine, es gibt eine Regel, die seit der Oberstufenzeit kurz vor dem Abi gilt und lautet: Hast du bis Samstagnachmittag 16 Uhr, kein Date, keine Verabredung für den Abend, dann bist du ein Loser. Dismissed. Ein MOF (Mensch ohne Freund).
Dass Sommerferien, Herbst- oder Weihnachtsferien sind und viele der lieben Freunde und Bekannten ohnehin im Urlaub oder auf einem Wochenendtrip weilen, zählt nicht im Geringsten zu deinen Gunsten. Und gerade in einer Stadt wie Berlin nicht, wo sogar jeder Zugezogene einen Zweit- und Dritt-Bekanntenkreis hat.
Schande, Schande, Schande.
Dabei kann ich es keiner meiner lustigen, hauptsächlich Single-Freundinnen und keinem meiner Party-Kumpels verübeln, dass sie mich im Moment hängenlassen. Schließlich wurden sie in den letzten Wochen Zeuge, wie sich ihre immer gut gelaunte, vielleicht sogar etwas exzentrische Freundin von einer gut vernetzten, feierlustigen Uschi, die immer noch zwei Karten für die Fashion Week übrig und Zeit für einen letzten Mai Tai hatte, in eine Apfelschorlen-trinkende, sich selbst beklagende Schwangere verwandelte, die sich dank der geschmackvollen Auswahl an Schwangerschaftsmode anzieht wie ein Clown.
Ganz ehrlich, Lisa: Ich würde im Moment auch nicht mit mir selbst ausgehen. Ein Beispiel: Am Wochenende haben meine Nachbarn eine riesige Einweihungsparty in ihrer neuen Mitte-Wohnung mit 80 Leuten geschmissen. Wir wohnen direkt nebenanund so habe ich den ganzen Tag die mehr als aufwendigen Planungen mitbekommen. Das ganze Ballett: Palina von MTV wurde als Djane engagiert, eine Gipsy-Band als Mitternachtseinlage, zudem war die ganze Fete von einem bekannten Wodka-Hersteller gesponsert und ein hippes Italo-Restaurant hat gecatert. Meine Chance also, mal wieder in wilder Runde das Leben zu genießen – und das auch noch ohne weiten Heimweg, falls mich doch die Schwangerschaftsmüdigkeit einholt. Um halb zehn stand ich dann neben meinem frisch gestylten Freund auf der Matte. Ich trug meine schwarzen Lack-Repetto-Ballerinas, hatte mir die Haare hochgesteckt und den Lippenstift von Lady Gaga in limitierter Version als Geschenk für die Gastgeberin dabei.
Mein Freund schoss noch während der Begrüßung zum Kühlschrank, öffnete ein Bier und verschwand für die nächsten Stunden auf den Raucherbalkon, während mir, die wenig später an einer Maracuja-Schorle nippte, immer mehr weibliche Partygäste ein Gespräch über meinen Bauch aufdrängten.
Sicher, es ist schon okay, wenn ich die Standard-Antworten durchleiern muss: 27. Woche, es wird ein Junge, ein absolutes Wunschkind, und ich plane, nach sechs Monaten wieder arbeiten zu gehen. Aber es kommt meist noch dicker. Da sind zum einen die Gleichaltrigen, die alles darüber wissen wollen, wie du schwanger geworden bist, ob sich eine Fertilitätsbehandlung lohnt und welche Pille ich vorher genommen habe.
Und zum anderen gibt es die Enddreißiger-Ladys, die den Beginn ihrer Menopause fürchten und mir eindringlich erklären – als müssten sie ausgerechnet die Schwangere überzeugen –, warum ein Kind nicht die Erfüllung des Lebens ist und warum sie mit ihrem Mann, der ja ihre große Liebe ist, trotzdem nicht auf Biegen und Brechen ein Kind haben müssten. Aha. Wieder was gelernt.
Also, die Art von Gesprächen, die man normalerweise mit drei Gläsern Weißwein gut überstanden hätte, die man aber stocknüchtern wie das Grauen einer schlecht gespielten amerikanischen Komödie einfach über sich ergehen lassen muss. Die nächste Stunde verbringe ich also damit, darauf zu warten, dassdas Buffet eröffnet wird. Ich verkrümele mich schließlich mit einer Schale Hackfleischbällchen-Suppe auf
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