Ich glaub, mich tritt ein Kind: Bekenntnisse einer Schwangeren und schonungslose Wahrheiten einer dreifachen Mutter (German Edition)
auf! Ich brauch das jetzt!
Lehn dich zurück, Caro,
denn du kannst dir gar nicht vorstellen, wie intensiv und wie oft du diese Momente erlebst! Kleine Alltagsmomente werden zu den Ereignissen deines Lebens. Ich verspreche es dir. Stell dir vor, dein Kind erwacht aus einem tiefen Schlaf. Es ruft nach dir, du nimmst es hoch, der kleine Körper ist noch ganz warm, jedes Glied noch schwach und ohne muskuläre Tätigkeit. Aus dem Mündchen wabert gegorener Milchgeruch, vom Kopf der Babyschweiß, der deine Naseninnenwände sanft bedeckt wie Salbe den Babypopo. Schutzsuchend schmiegt sich dein Kind warm und weich an deinen Oberkörper, es legt die Arme um dich und den Kopf auf dein knöchernes Schlüsselbein. Seine Augen sind noch halb geschlossen und der Moment der Innigkeit wird nur ganz allmählich aufgelöst, in Zeitlupe. Nach und nach kehrt das Leben zurück in die kindlichen Gliedmaßen, es fließt mit demselben Strom zu ihm, der auch deinen Mutterkörper wieder wohlig kribbeln lässt. Das Leben schwappt über.
Das klingt alles kitschig, ich weiß, aber dein Leben wird jetzt kitschig. Sobald du dein Baby zum ersten Mal in deinen Armen hältst, wirst du wissen, was ich meine.
Du betrittst ein neues Leben, das hast du aber bereits jetzt in deiner Schwangerschaft gemerkt. Das Drumherum, dein Auto, dein Mann, deine Wohnung, das bleibt im Prinzip gleich, mal abgesehen vom Babybett, das schon rumsteht und dem Autositz und der Wickelkommode … Aber das Innere verändert sich – oder warum weinst du plötzlich, wenn ein Rehkitz am Sonntagabend im ›Tatort‹ überfahren wird? Weinst, wenn das Kabel des Staubsaugers aus der Steckdose rutscht, weinst, weil nur noch Prickelwasser und kein stilles mehr im Haus ist?
Das sind nicht nur die Hormone. Da spielt auch deine neue große Verantwortung für ein Menschenleben mit rein. Und dieses riesige Fragezeichen namens Zukunft. Bin ich all dem gewachsen? Werde ich merken, wenn es meinem Baby schlecht geht? Wo bleibe ich selbst? Kann ich je wieder arbeiten gehen? Wie verändert sich meine Partnerschaft? Ein Fragengewitter tobt da in deinem Schwangerenkopf. Sei dir gewiss: Das geht nicht nur dir so. Das ging auch mir so und vielen Freundinnen, die Mutter wurden.
Mit einer Bauchlandung schlidderte ich ins Mama-Business hinein. Ich war auf diese emotionalen Extremsituationen nicht vorbereitet, die immer zwischen himmelhochjauchzend (»Mein Baby hat gerülpst!«) bis zu Tode betrübt (»Ich kann doch jetzt nicht jede Nacht acht Mal aufstehen!«) waren. Plötzlich war der Normalzustand aus meinem Leben verschwunden. Sechs Wochen vor der Geburt hatte ich als Reporterin noch Robbie Williams interviewt, acht Wochen nach der Entbindung stand ich mit Elefantenrüssel in der Prenzlauer Berger »Popelbühne« und mimte beim Baby-Feldenkrais einen dicken Dickhäuter für mein Kind. Hoffend, dass niemand aus meinem alten Leben mich in diesem Raum mitten im Kiez sehen würde. Das kostete Überwindung. Aber meinem Baby gefiel’s und darum ging es mir gut. Auch, weil ich andere Mütter kennenlernte, die nachvollziehen konnten, wie es mir grad ging mit einem acht Wochen alten Baby. Das können Nicht-Mütter nicht. Diese Gefühlsachterbahnen und Veränderungen kann niemand nachvollziehen, der es nicht selbst erlebt hat. Babykurse kann ich also nur wärmstens empfehlen, dann erledigt sich auch die Frage nach der Langeweile. Die du nicht haben wirst. Vor der aber alle Schwangeren Angst haben. Ich kann dich beruhigen. Du wirst vor deinem Baby sitzen und es anstarren, du wirst jedes Glucksen als Beginn seines Wortschatzes interpretieren und selbst wenn es schläft, nicht abschalten können, weil es da so süß und perfekt modelliert liegt. Alles dran: Nase, Öhrchen, Augen. Und dann atmet es auch noch! Zum Heulen schön!
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Manchmal wird Lisa auch richtig sensibel, dann schreibt sie Sachen wie diese:
Weißt du, was es sein muss, wenn blonde Löckchen nach süßlichem Babyschweiß duften?
Was es sein muss, wenn beim Vorlesen am Abend sechs nackte Kinderfüßchen deine eigenen Füße unter der Decke berühren?
Wenn ein müdes Köpfchen sich an deine Schulter schmiegt und dir warm wird, als sei deine Haut aus Pergamentpapier?
Wenn deine Kinder winkend am Fenster stehen, drei Köpfchen wie eine olympische Medaillenvergabe, weil du kurz fort musst?
Wenn dir der Lausbub unter ihnen mit Joghurt das Gesicht besprenkelt und sich die anderen vor Lachen kringeln?
Wenn sich die Kleinen in den Arm nehmen und
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