Ich glaub, mich tritt ein Kind: Bekenntnisse einer Schwangeren und schonungslose Wahrheiten einer dreifachen Mutter (German Edition)
es das Normalste der Welt. Eine weitere Mutter erzählte dann, sie habe ihre Plazenta nach der Geburt ihres ersten Kindes vor vier Jahren zwei Wochen lang (!) im Backofen bei 100 Grad gegart, bis daraus ein Pulver wurde. Täglich habe sie seitdem von dem Pulver »genascht«, nun wunderbare Fingernägel und glänzende Haare, aber das Pulver sei fast leer. Zeit also, ein neues Baby zu bekommen! Zeit, rasend aus dem Raum zu rennen? Für die meisten nicht. Im Internet lese ich, dass Mutterkuchen gut zu Brokkoli passe, aber auch als Thai Curry akzeptabel sei. Selbst Tom Cruise kündigte das Verspeisen der Plazenta nach der Geburt seiner Tochter Suri an. Gib mal Plazenta bei Wikipedia ein! Dieses Foto da. Puh, dann siehst du, dass man so was nicht essen kann! Findet mein Freund Paul übrigens auch, er hat das anders gemacht. Die Plazenta seines Sohnes packte er nach der Geburt in die Tiefkühltruhe. Nachdem seine Mutter aber mal auf den Sohn aufgepasst hatte und das Ding auftaute, um ihrem Mann »lecker Nierchen« zu kochen, hat er die Beschriftung dann doch noch mal vergrößert – »PLAZENTA« –, um sie vier Jahre später einzubuddeln und einen Baum drauf zu pflanzen.
Um einen weitaus tabuisierteren glibbrigen Fleischklops handelt es sich beim Schleimpfropf, der bei den meisten Schwangeren kurz vor der Geburt abgeht. Der ist natürlich weitaus kleiner als die Plazenta, löst bei mir aber ähnliche Ekelgefühle aus. Nicht, weil er so schlimm wäre, sondern weil er so widerlich heißt. Gut an dem Ding ist, dass das wahrscheinlich nur du je zu Gesicht bekommen wirst – wenn überhaupt, es kann auch ganz unbemerkt irgendwann abgehen – und daher der Peinlichkeitsgrad nicht so hoch ist. Es sei denn, du gehörst zu der Sorte der Alles-mit-dem-Partner-Teiler. »Schatz, schau doch mal hier in mein Höschen, ein glibbriger Fleischklops, geht’s jetzt los mit der Geburt?«
Trotzdem ist ja gut an dem Ding, dass es nur einmal auftaucht, ganz anders als deine Hämorrhoiden. Die lässt du dir am besten einfach weglasern. Da gibt es einen wunderbaren Proktologen, also Popoarzt, in Berlin, der auch noch Dr. Loch heißt. Bei Interesse gebe ich dir gern mal seine Nummer. Auch das also: kein Problem, zumal wir seit Charlotte Roches Roman ›Feuchtgebiete‹ ja auch alle ganz offen darüber reden können.
Meine Freundin Sabine kam neulich völlig fertig aus ihrem Rückbildungskurs zurück. Sie sagte Sachen wie: »Nie mehr.« Und: »Ich nicht.« Schon in der Vorstellungsrunde auf der Yogamatte, acht völlig fremde Frauen um sich herum wissend, hatten zwei der Damen zu weinen begonnen. Sie beide konnten seit der Geburt ihren Stuhlgang nicht mehr regulieren. »Das müsst ihr euch mal vorstellen«, hatte die eine von ihnen unter Tränen gesagt, »da geht man durch den Park und plötzlich wird es warm in der Hose und alles ist braun.« Ich kann dazu nur eines sagen: Mir ist so etwas nicht passiert. Weder am eigenen Leibe, noch haben mir Mütter aus meinem nächsten Umfeld so etwas erzählt. Es bleibt also zu hoffen, dass ich da einfach von echten Ausnahmen gehört habe und dass das alles nicht für dich gilt. Du also bleiben darfst, wie du bist: Eine stuhlgangregulierende Frau mit Würde – und mit ein bis zwei Terminen bei Dr. Loch.
33.
Das Hechelkurs-Klischee – Ist der
Geburtsvorbereitungskurs wirklich Pflicht?
Liebe Lisa,
in Hollywood-Filmen, Frauenmagazinen, Kitschromanen und ja, auch in unserer Stadt gehört der Hechelkurs, pardon Geburtsvorbereitungslehrgang, zur Schwangerschaft wie der Sonnenuntergang am Strand zum Rosamunde-Pilcher-Fetzen.
Schon klar.
Geschätzte 60 Prozent aller werdenden Mütter gehen laut der Webseite Eltern.de zu so einer Schwangeren-Schwafel-Veranstaltung.
Aber weißt du was, Lisa: den Hechelkurs – ich glaub, ich schenk ihn mir.
Ist eine rein persönliche Entscheidung.
Denn ich kann mir irgendwie schwer vorstellen, das ganze Wochenende mit meinem Kerl Hand in Hand zwischen anderen Paaren in einem rosa Kissenmeer zu sitzen und mir an einer Stoffplazenta die »Reise ins Ich« neu erklären zu lassen. Dann dürfen wir wahrscheinlich noch alle möglichen Geburtspositionen mithilfe eines großen gelben Gummiballs ausprobieren, die für alle anderen den Gedanken zulassen, dass es genauso aussehen muss, wenn wir Sex haben. So eine Art Fremdschäm-Paar-Therapie mit Händchenhalten bei Schwangerschaftskräutertee.
Nach dem Motto: Fangt schon mal an, das mit der Erotik und Verführung zu vergessen, ab
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