Ich glaub, mich tritt ein Kind: Bekenntnisse einer Schwangeren und schonungslose Wahrheiten einer dreifachen Mutter (German Edition)
jetzt besteht eure Beziehung aus Dammmassage, Rückbildungsgymnastik, Windelwickeln und Babysprache.
Alles so schön natürlich. Wie die Geburt. Und das Leben. Nee, lass mal.
Ich bin allgemein nicht so der Typ, der auf Seminare geht, ersteinmal die Vorstellungsrunde mit Namensschildern macht und kurz erzählt, was er sich von dem Kurs erhofft. Nee, nee.
Auch das mit der Hebamme habe ich damals ganz pragmatisch abgehandelt. Als ich in der 20. Woche so still vor mich hinlitt und mich schon mehrere Kollegen und Freunde gefragt hatten, ob ich denn eine Hebamme hätte, kam bei mir plötzlich die Einsicht: Wie toll wäre es denn bitte, wenn sich jemand hauptberuflich mit meinen Wehwehchen auseinandersetzen würde? Und das auf Kosten meiner Krankenkasse. Wahnsinn, dass es einen solchen Beruf gibt!
Ich googelte also ein bisschen rum, telefonierte mit einer älteren erfahrenen Hebamme, die mir wiederum jemanden in meinem Stadtbezirk empfahl, die allerdings, wie sich dann herausstellte, für mehrere Monate verreist war.
Sie hatte aber wiederum eine Vertretung, wie die Ansage auf ihrem Anrufbeantworter verriet. Kompliziert, diese Hebammen. Auf jeden Fall geriet ich so an Jana. Jana, meine Hebamme. Jung, ungeschminkt und weltoffen. Will demnächst nach Tansania und als Freiwillige Babys in einem Buschkrankenhaus entbinden. Hart im Nehmen und genauso wild wie ich, die Gute.
Toll, toll, toll!
Wir telefonierten kurz und sie war mir sofort sympathisch. »Wie alt bist du denn?«, fragte ich sie vorsichtig. »27«, antwortete sie. Ich stutzte. Eine Hebamme, die zwei Jahre jünger ist als ich? Würde das gut gehen? Viel Erfahrung konnte sie jedenfalls nicht haben. Doch schon eine Sekunde später schämte ich mich für meinen Gedanken. Wie hart hatte ich es zu Beginn meiner Zeit bei der Zeitung als kleine, blond gelockte Jung-Redakteurin in einem Haufen alternder Männerkollegen gehabt? »Okay, Jana, dann machen wir das«, sagte ich ihr. Und unser erstes Treffen war gebongt.
Fazit: Was hätte es genützt, ewig zu suchen und zu überlegen? Am Ende ist alles im Leben eben reine Gefühlssache. Vielleicht ist ein bisschen weniger Planung für die Geburt sogar besser und zu viele Informationen gar nicht gut. Was meinst du, Lisa? Hat dein Hechelkurs dir ehrlich was gebracht? Und wenn ich doch gehen sollte: Wie schlimm kann es werden?
Liebe Caro,
»wir beginnen unsere Traumreise, konzentrieren uns ganz auf uns. Wir laufen barfuß über eine grüne Wiese. Die Sonne scheint warm. Wir spüren Grashalme, Gänseblümchen, Butterblumen, kitzelig-nass. Wir lächeln. Unsere Scheide greift nach den Halmen, den Blümchen, wir zupfen sie mit unserer Vagina-Muskulatur auf.«
Herzlich Willkommen im Geburtsvorbereitungskurs!
So geht das los.
Barbusige Äthiopierinnen mit ihren in Tüchern gewickelten Babys lächeln dich von Plakaten an, die Wand dahinter in Gelb-und Orangetönen. Auf dem Boden Isomatten und Stillkissen, in der Mitte Tee und Apfelstückchen. Alle Beteiligten in Socken.
So läuft das.
Ihr werdet es mit einer selbst gehäkelten Gebärmutter machen. Rote Wolle für Arterien, blaue für Venen. Ein Schleifchen als Muttermund. Darüber stülpt Hebamme Erdmute-Dörte noch ein Moskitonetz als Fruchtblase. Dabei wolltest du doch gebären und nicht stricken! Trotzdem: Du brauchst das. Du brauchst Leidensgenossinnen, die genauso schwanger sind wie du. Und die du später anrufen kannst, wenn dein Kleiner sechs Stunden am Stück schreit und die dir dann Tipps geben, dass die Isabella-Eugenie immer aufhört, wenn man ihr den Staubsauger über das Köpfchen hält und ihr dabei noch die Füße krault. Aber bis dahin vergeht noch etwas Zeit und jetzt musst du erst mal zu diesem Kurs.
So wird der.
Meine Freundin Jana musste fünfzehn Minuten mit der »Mumu« auf einem Tennisball ausharren, um »den Geburtsschmerz schon mal vorzufühlen«. Judith wurde aufgefordert, »einen Putzeimer« mit zur Entbindung zu bringen, damit sie den Mutterkuchen mit nach Hause nehmen kann. Da stell sich mal einer die arme Frau auf dem Weg von der Klinik nach Hause vor … in der einen Hand das Neugeborene, in der anderen den Plazenta-Eimer. Dabei muss man die Plazenta gar nicht essen, erfährt sie von der Hebamme, man kann sie auch einpflanzen. »Warum meint ihr, hatten die Hebammen früher die besten Tomaten? Weil …« Ich will es gar nicht wissen.
Auch Kris war schockiert von ihrem Wochenend-Crashkurs für Paare: »Unsere Hebamme hat den ganzen Kurs über nur
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