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Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Ich glaube, der Fliesenleger ist tot!

Titel: Ich glaube, der Fliesenleger ist tot! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Karnick
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Geselligkeit oder Rückzug? Coolness oder Gemütlichkeit? Natürlichkeit oder Raffinesse? Wollt ihr auffallen, oder mögt ihr es zurückhaltend? Je offener und ehrlicher ihr seid, desto besser.«
    »Ha!«, sage ich zu meinem Mann. »Nie wolltest du zur Paarberatung. Und jetzt das!«
    Jürg Willi hat recht. Unser Projekt ist nicht: unser neues Haus. Unser Projekt ist: unser gemeinsames Leben. In einem neuen Haus.
    Was sagen andere Menschen, wenn sie aufgefordert werden, ihrer Fantasie freien Lauf zu lassen und ihr Traumhaus zu beschreiben? Sagen sie: »Ich träume von einem riesigen Wohnzimmer mit Sofalandschaft, offenem Kamin und Dolby- Surround-Heimkino.« Von einem Schlafzimmer mit Blick in den Himmel. Von einem Badezimmer, das aussieht wie der Wellnessbereich im Meridian Spa. Von einem Pool, Schlossdielen in der offenen Küche, einem Dachgarten, einer Bibliothek.
    Ich sage: »Ich will eine Schmutzschleuse.«
    Katja schreibt.
    Sarah sagt: »Erzähl.«
    Unter einer Schmutzschleuse stelle ich mir einen Raum im Eingangsbereich vor, in den Kinder, Hunde und vom Spazierengehen nach Hause kommende Hundehalter geschleust werden, bevor sie die Wohnräume betreten dürfen. Dort gibt es zwanzig laufende Meter Schuhregale, ein großes Spülbecken, in das zwei Paar Gummistiefel passen, eine Heizung, über die man nasse Regenjacken hängen kann, und ausreichend Platz für dreckige Schuhe, stinkende Hundeputztücher, schmutzige Einräder und schlammige Bälle, für Fahrradhelme, Rollschuhe, Skateboards und ascheplatzverseuchte Fußballschuhe – und all die anderen Dinge, über die ich zurzeit mindestens zwanzigmal am Tag stolpere, tatsächlich oder gedanklich, weil sie bei uns im Wohnungsflur gelagert werden.
    Eine Schmutzschleuse, erzähle ich, würde aus mir einen besseren, einen guten Menschen machen. Nämlich eine Ehefrau und Mutter, von der man nicht ständig fürchten muss, dass sie beim Durchqueren des Flurs plötzlich innehält, wahllos aufgeklaubte Gegenstände durch die Gegend oder einem zufällig in der Nähe befindlichen Familienmitglied an den Kopf schleudert und dazu satanische Flüche ausstößt.
    Die Aussicht auf eine Zukunft mit Schmutzschleuse war ausschlaggebend dafür, dass ich mich mit der Idee angefreundet habe, ein ganz neues Haus zu bauen.
    Natürlich gab es noch mehr Gründe dafür, dass aus dem relativ günstigen Haus, das wir gekauft hatten, ein nicht ganz so günstiges Baugrundstück wurde.
    Es gab das Wertgutachten des Baugutachters, in dem stand, dass das alte Haus fast wertlos, jedenfalls viel weniger wert sei als das Großstadtgrundstück, auf dem es stand. Der Keller hätte trockengelegt, das Dach neu gedeckt und gedämmt werden müssen. Von sämtlichen Wänden hätte der Putz geschlagen, das Mauerwerk freigelegt und gedämmt, sämtliche Rohre und Leitungen hätten erneuert, am Ende hätte alles neu verputzt werden müssen. Wir brauchten neue Türen, Türrahmen und Fußbodenleisten. Die fensterlose Gartenfront hätte völlig neu gestaltet werden müssen. Alle alten Fenster hätten ausgetauscht, der Holzfußboden hätte abgeschliffen werden müssen. Der Balkon im ersten Geschoss hätte neu abgedichtet, die Balkonterrasse im Erdgeschoss abgerissen und ersetzt werden müssen.
    Es gab Onkel Rolf, der sagte: »Das lässt sich alles machen. Aber denkt dran, ein altes Haus bleibt ein altes Haus.«
    Es gab unsere fehlende Begeisterung für das alte Haus, das wir nicht aus Verliebtheit, sondern aus Vernunft gekauft hatten: günstige Gelegenheit, zugreifen, bevor man gar nichts findet, wird man ja »schon was Schönes draus machen« können.
    Es gab die Tatsache, dass das alte Haus zu klein war. Wir hätten nicht nur das Dachgeschoss ausbauen, sondern auch anbauen müssen.
    Es gab die Erkenntnis, dass wir viel mehr und viel lieber darüber nachdachten, wie dieser Anbau und das neue Dachgeschoss aussehen sollten, als uns mit der Sanierung des bestehenden Wohnraumes zu beschäftigen.
    »Richtung Garten kann ich mir etwas mit ganz viel Glas vorstellen«, hatte Sarah nach der Besichtigung gesagt. »Und statt den Dachboden auszubauen, könnten wir oben ein Staffelgeschoss mit Terrasse draufsetzen, das wird dann euer Schlafzimmer. Der jetzige Dachstuhl müsste sowieso abgerissen und völlig neu gemacht werden.«
    »Staffelgeschoss, da wäre ich nie drauf gekommen, super Idee!«, hatte mein Mann gesagt. »Und ganz viel Glas, ganz modern, da freue ich mich am meisten drauf.«
    Mein Mann hörte gar nicht mehr auf,

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