Ich greife an
ebenso plötzlich wieder aus dem Kampf aus. Alles beruht auf dem Willen, der Erfahrung und der genauen Berechnung. Wenn man zur freien Jagd aufsteigt, so trachtet man, die Frontlinie an der „ruhigsten" Stelle zu überfliegen; man schaut nur nach vorn und nutzt die Wetterverhältnisse und den Geländeuntergrund aus. Den Luftraum durchstreifend, findet man endlich sein Ziel - feindliche Jagdflugzeuge. Sie decken entweder wichtige Objekte oder kehren von einem Kampfflug zurück. Wenn man in der Luft keinen Gegner findet, greift man im Tiefflug Erdziele an. Ein Jäger muß urplötzlich angreifen und den Feind durch diese Plötzlichkeit verblüffen. Er muß, die Hauptsache, den Feind schlagen und vernichten. Darin besteht das Ziel der „freien Luftjagd".
ATEMPAUSE
In jenen Tagen, als die Kameraden meines alten Regiments fieberhaft kämpften, als die Truppen der 2. Ukrainischen Front um die Zugänge nach Bukarest rangen, hielt auf unserem Frontabschnitt die Atempause immer noch an. Wir bereiteten uns auf die bevorstehenden schweren Kämpfe vor.
Im Luftkampf hängt vieles von den persönlichen Eigenschaften des Fliegers, von seiner Kampfbereitschaft, seinem Siegeswillen ab.
Aber Kühnheit und Wagemut sind nur eine Seite des Heroismus. Die andere, nicht minder wichtige Seite ist das Können. „Kühnheit stürmt Städte", sagt man. Aber das ist nur dann möglich, wenn Kühnheit, Wagemut und Bereitschaft zu einem Wagnis mit ausgezeichneten Kenntnissen gepaart sind. Wir durften uns nicht nur auf unsere Kühnheit, Furchtlosigkeit und Erfahrung verlassen; wir mußten neue taktische Verfahren suchen und das Verhalten des Gegners sorgfältig studieren.
Mich drängte es, meine Kampftätigkeit im neuen Regiment so rasch wie möglich aufzunehmen. Vorläufig leitete ich aber erst einmal den theoretischen Unterricht der jungen Flieger, beobachtete die Rottenübungen, trainierte selbst und führte Flugbesprechungen durch.
Die jungen Flieger horchten auf jedes Wort der erfahrenen Piloten, und das veranlaßte mich, den Unterricht noch sorgfältiger vorzubereiten. Wieder lehrte und lernte ich selbst.
Besonders erfolgreich lernten die Flieger Stezenko, Gromakowski, Orlow und Kramarenko. Mit Gromakowski, einem tapferen, bescheidenen und intelligenten Flieger, schloß 'ich rasch Freundschaft. Mir gefiel es, daß er viel an sich selbst arbeitete.
Stezenko war im Unterricht sehr aufmerksam und in den Ruhepausen ziemlich ausgelassen. Er flog sehr gern. Oft bestürmte er die Gefechtsstelle mit Bittgesuchen.
Kramarenko war einige Tage vor meiner Ankunft aus dem Lazarett zurückgekommen. Er und Orlow waren kühne und gute Flieger. Sie alle vervollkommneten beharrlich ihre Flugtechnik.
Der Kommodore, ein Mensch, der sich in alles hineindenken konnte und gut beobachtete, sagte eines Tages zu mir: „Haben Sie schon bemerkt, daß die, die schlechter sind, nachgezogen werden, wenn das Kollektiv gut ist? Ich habe bisweilen Flieger getroffen, die sagten: ,Er hat es gut gemacht, aber ich hätte es noch besser gemacht.' In den Kämpfen stellte sich dann heraus, daß das leere Worte gewesen waren. Solche Flieger mißachten die Erfahrung der anderen und verheimlichen ihre eigene. Sie wachsen selbst nicht und helfen den anderen nicht. Auch solche müssen nachgezogen werden."
Ich beobachtete meine Kameraden aufmerksam. Sehr gut gefiel mir die junge Ordonnanz David Chait. David war sehr fürsorglich: Ich brauchte ihn nie um etwas zu bitten, er bemerkte selbst alles. Ich spürte, daß er an mir hing.
Ich wußte nicht, wann er dazu kam, die Kragenbinde einzunähen, ohne daß ich es merkte, meine Uniform zu reinigen und sich um alle jene Kleinigkeiten zu kümmern, für die er, so schien es mir, keine Zeit hatte, denn er war Melder im Gefechtsstand und bekam häufig Aufträge. Er war den ganzen Tag über auf dem Flugplatz unterwegs oder hatte an Leutnant Wasskos Flugzeug zu tun. David war Komsomolze und beteiligte sich aktiv an allen Maßnahmen und Veranstaltungen, die die Komsomolorganisation unserer Einheit durchführte. Er liebte die Technik und begriff alles mühelos.
Eines Abends nach der angespannten Kampfausbildung, auch Chait hatte als Melder des Gefechtsstandes viel umherzulaufen, sagte ich beiläufig zu ihm: „Du mußt fahren lernen, David. Ich bin überzeugt, daß du es rasch erlernen wirst."
„Ich möchte es schon, Genosse Kommandeur, dann könnte ich die Aufträge noch schneller erledigen."
Von diesem Tage an sah ich, wie David sich
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