Ich greife an
Tschupikow in den Reihen der ersten Flieger stand, die den Gruppenkunstflug mit Düsenflugzeugen meisterten.
ERZIEHUNG
In der fest zusammengeschweißten Kampfgemeinschaft wurden unter den harten Frontbedingungen auch die jungen Piloten rasch zu tapferen und kühnen Soldaten. Ich war daher erstaunt, als ich auf einen Flieger stieß, der seit mehreren Monaten beim Regiment weilte und noch nicht ein einziges Mal mit dem Feind gekämpft hatte. Ich wollte es erst gar nicht glauben. Ich ließ ihn zu mir kommen und sprach mit ihm, gütig und freundlich, da ich begreifen wollte, was mit ihm war. Ich stellte ihm einige Fragen und kam zu der Erkenntnis, daß er ein guter Flieger war. An der Ausbildung lag es also nicht. Ich nahm mir vor, ihn in der Luft auf die Probe zu stellen. Als ich ihm das mitteilte, wurde er merklich nervös.
Wir starteten und stiegen über sechstausend Meter hoch. Mein Rottenhund blieb nicht hinter mir zurück. Wir überflogen die Frontlinie. Seitab lag Berlin. Da sichtete ich unter uns zwei „Messerschmitts". Ich setzte meinen Rottenhund durch den Funk davon in Kenntnis. Er schmiegte sich eng an mich wie ein Kücken an die Glucke. Ich befahl ihm: „Halten Sie den vorgeschriebenen Seiten-und Staffelungsabstand ein!"
Er kam dieser Anordnung recht eigenartig nach. Er nahm zwar den richtigen Seiten- und Staffelungsabstand ein, aber nicht auf der Seite des Flugzeugs, von der aus der Gegner gesucht werden mußte. So ergab sich, daß ich den Rottenhund gleichsam gegen eine mögliche Gefahr deckte. Er hat Angst, der komische Kauz, dachte ich, mal sehen, was weiter geschieht. Die feindlichen Flieger hatten uns offenbar gesehen, denn sie drehten, immer tiefer gehend, in Richtung Berlin ab. Die Faschisten bedienten sich häufig dieses Tricks. Tiefergehend entfernten sie sich scheinbar nach Hause, stiegen aber dann seitab wieder hoch und kehrten noch einmal zurück, nun schon höher als wir selbst. Ich beobachtete die beiden „Messerschmitts" aufmerksam, aber sie flogen tatsächlich davon. Ich fragte den Rottenhund durch den Funk: „Haben Sie die feindlichen Flugzeuge gesehen?"
„Jawohl."
Ich flog weiter. Am Horizont tauchten acht Flugzeuge auf. Schon an ihrem Verhalten erkannte ich sie als Feinde. Während sechs Maschinen in Richtung Berlin davonflogen, drehten zwei auf die Frontlinie zu. Es waren „Focke-Wulf"! Das würde eine gute Schule für meinen Rottenhund sein! Aber er schmiegte sich wieder ganz eng an mich. Ich ermunterte ihn: „Haben Sie Mut!" und nahm die Verfolgung der feindlichen Rotte auf. Ich hatte sie bald eingeholt. Da bemerkten sie mich und drehten jäh in Richtung Berlin ab. Ich setzte mich an das Heck des feindlichen Führerflugzeuges und befahl meinem Rottenhund: „Decken Sie mich, ich greife an!"
Der Rottenhund hätte sich nun etwas zurückziehen müssen, um meinen Angriff zu decken. Er blieb jedoch neben mir. Da ich die Führermaschine aus nächster Nähe „beharken" wollte, schloß ich noch etwas dichter auf. Ich drückte auf den Auslöseknopf, aber die Bordkanonen schwiegen. Die feindlichen Flugzeuge gingen in eine Kehrtkurve. Ich folgte ihnen.
Ich lud rasch durch und blieb nicht hinter den Feindmaschinen zurück. Eine der „Focke-Wulf" versuchte höherzusteigen. Ich näherte mich ihr und drückte wieder auf den Auslöseknopf. Zum Teufel! Wieder schwiegen die Bordkanonen. In diesem Augenblick fiel mir mein Rottenhund ein. Wo war er denn eigentlich? Ich sah mich um. Etwa einen Kilometer von mir entfernt, eröffnete er ein regelloses Feuer und drehte dann auf Heimatkurs. Noch nie war ich so wütend auf einen Kameraden gewesen. Allerdings hatte ich einen solchen Fall auch noch nicht erlebt!
Die Faschisten hatten offenbar bemerkt, daß ich Ladehemmung hatte, und wurden aktiv. Ich bedurfte in dieser Situation der Hilfe des Rottenhundes mehr denn je.
Die feindliche Führermaschine eröffnete das Feuer. Alle Eigenschaften und Vorzüge meines Flugzeuges ausnutzend, schüttelte ich den Gegner ab und entkam in Richtung Heimatflugplatz.
Nach der Landung ließ ich den jungen Flieger zu mir kommen. Ich sah ihn an, seine Lippen bebten.
„Haben Sie den Gegner gesehen?" fragte ich.
Er antwortete mit naiver Offenheit: „Ja, ich habe doch auch geschossen, Genosse Kommandeur!"
Da riß mir die Geduld, und ich fuhr ihn an: „Was, das nennen Sie schießen?"
Er machte ein so klägliches Gesicht, daß ich mich beherrschte und wieder ruhiger fortfuhr: „Merken Sie sich: Mit solchen
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