Ich greife an
„Kleinsten" behandelte.
Saschko blieb zwei Wochen zu Hause. Ich weilte häufig im Dorfe, und wir unterhielten uns lange. Er schenkte mir ein paar Stiefel, eine Reithose und einen Fußballdreß mit blauen Streifen. „Zieh die Stiefel und die Hose an, wenn du in den Komsomol eintrittst", sagte er zu mir, „denn das ist ein großer Feiertag für dich!"
Alexander fuhr fort. Eine Woche darauf wurde eine Komsomolversammlung einberufen. Alle wußten, daß die neuen Mitglieder aufgenommen werden sollten.
Ich war sehr aufgeregt. Ich kam früher in den Klub als alle anderen. Der Saal füllte sich allmählich. Mir schien, als befänden sich alle Anwesenden an diesem Tage in einer besonders feierlichen Stimmung.
Ich saß in der ersten Reihe. Mehrere Jungen waren bereits aufgenommen worden, da nannte Mazui meinen Namen. Ich zuckte zusammen. Dann stieg ich auf die Bühne. Im Saal war es ganz still. Meine neuen Stiefel knarrten und polterten, als wollten sie mir einen Streich spielen. Mich dünkte, daß ich sehr lächerlich wirkte. Der Schweiß brach mir aus allen Poren. Ich sah mich um - nein, niemand lachte. Ringsum waren nur ernste, aber freundliche Gesichter zu sehen.
Ich hatte noch nie vor so vielen Zuhörern sprechen müssen. Es war mir ungewohnt. Ich wußte nicht, wo ich die Hände lassen sollte. Schließlich legte ich sie an die Hosennaht und stand stramm wie bei einer militärischen Übung. Da ich die Fragen zu rasch beantwortete, verschluckte ich einen Teil der Worte. Mazui sah mich nicht an und klopfte mit dem Bleistift auf den Tisch. Ich kannte diese Angewohnheit. Er war unzufrieden! Ich sah Tichon an. Als er meinen Blick bemerkte, nickte er ermutigend mit dem Kopf.
Ich bemühte mich, langsamer und ausführlicher zu antworten. Nun wurde Mazui lebhaft, lächelte und legte den Bleistift beiseite. Dann sagte er etwas zum Sekretär des Bezirkskomitees, der ebenfalls lächelte. Mir ward leichter ums Herz! Und nun hielt ich •eine Rede, die erste in meinem Leben. Ich sagte, daß für mich ein großer Feiertag sei, daß ich dasselbe frohe Gefühl vor vielen Jahren empfunden hätte, als ich der Pionierorganisation beitrat, und daß ich ein guter Komsomolze und Leninist werden wolle.
Im Saal wurde Beifall geklatscht.
Ich wurde einstimmig aufgenommen. Der Sekretär des Bezirkskomitees sagte zu mir: „Zeigen Sie sich eines Komsomolzen würdig!"
Ich begriff, daß die Zeit des bewußten Lebens für mich erst jetzt begann!
EIN SCHULJAHR
Im Technikum wurden die Anforderungen immer größer. Vor den Prüfungen war ich sehr aufgeregt. Wenn ich nun plötzlich durchfiel? Ich bekam in allen Fächern „ausgezeichnet" und „gut".
Als die Ferien anbrachen, fuhren die Kameraden nach Hause. Auch ich wollte gerade ins Heimatdorf gehen, da ließ mich der Vorsitzende des Gewerkschaftskomitees zu sich kommen: „Für ausgezeichnetes Lernen und für aktive Arbeit im Komsomol wirst du mit einem Freiplatz im Erholungsheim in Nowgorod-Sewerski prämiiert. Fahre los und erhole dich!"
Mazui trat ein, sah mich besorgt an und sagte: „Während der Prüfungen bist du magerer geworden. Fahre, sieh dir die Menschen an und laß dich sehen!"
Außer mir hatten noch einige ausgezeichnete Studenten Freiplätze erhalten, und gemeinsam fuhren wir, eine fröhliche Gesellschaft, zur Erholung.
In dem kleinen Erholungsheim am hohen Ufer der Desna, in einem jahrhundertealten Park neben einem alten Kloster gelegen, einem historischen Museum, verbrachten wir zwei wunderschöne Wochen. Vom Festungswall hatte man einen herrlichen Ausblick auf Wälder, Wiesen und Sümpfe.
Wir suchten mit einem Führer historische Orte auf und kletterten auf einen steilen Hügel, wo, der Überlieferung nach, der Kreml von Nowgorod-Sewerski und das Schloß des Fürsten Igor - einst eine uneinnehmbare Verteidigungsanlage - gestanden haben sollen. Wir besichtigten Höhlen, badeten in der Desna, lagen im heißen Ufersand, trieben Gymnastik und spielten Gorodki und Billard.
In diesen Tagen erfuhr ich vieles aus der Geschichte des Vaterlandes. Braungebrannt, erholt und mit neuen Eindrücken kehrte ich nach Schostka zurück.
Im zweiten Semester wurde ich in die mechanische Abteilung versetzt.
Das Studium im Technikum wurde immer schwieriger, aber auch interessanter. Wir gingen zu Laboratoriumsversuchen und zu Spezialdisziplinen über. Aber trotz der zusätzlichen Arbeit blieb mir noch freie Zeit. Sicherlich deshalb, weil ich den Tag sorgfältig einteilte und systematisch
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