Ich greife an
löste mich rasch vom Boden und kam gar nicht einmal dazu, Umschau zu halten, schon war ich dreihundert Meter hoch. Ich nahm alle Gedanken zusammen und flog eine Platzrunde. Dann setzte ich zur Landung an. Die Erde kam rasch näher. Ich setzte so dicht neben dem Landezeichen auf, daß sogar der Startposten Reißaus nehmen mußte.
Beim zweiten Flug betätigte ich den Steuerknüppel schon viel ruhiger und sicherer. Als ich gelandet war, kam Tatschkin auf mich zu und gab mir die Hand: „Ich gratuliere Ihnen! Sie sind ausgezeichnet geflogen. Bei dieser Maschine muß man schon mehr aufpassen!"
Auch die anderen Flugschüler flogen mit der „J-16". Tatschkin stellte mir eine noch schwierigere Aufgabe. Ich erfüllte sie und setzte zufrieden zur Landung an, während ich darüber nachdachte, wie gut mir die Maschine gehorchte und welche Sicherheit sich meiner bemächtigt hatte. Ich landete. Als die Maschine fast schon ausgerollt war, drehte sie sich plötzlich um ihre eigene Achse. Ich hatte mit der Tragfläche die Erde berührt. - Halt! Ich brachte das Flugzeug wieder ins Gleichgewicht und warf einen Blick auf die Tragfläche. Es schien alles in Ordnung zu sein. Aber mir war die ganze Sache doch recht peinlich. Ich schämte mich, dem Fluglehrer in die Augen zu sehen. Das kam eben davon, wenn man einmal einen Augenblick nicht aufmerksam war! Konzentrierte Aufmerksamkeit war eben auch dann noch erforderlich, wenn man schon gelandet war und zur Abstellinie rollte.
Ich kletterte langsam aus dem Sitz und stellte mich neben das Flugzeug, ohne die Fliegerkappe und den Fallschirm abzulegen.
Tatschkin und die Flugschüler umringten das Flugzeug und betrachteten die Tragfläche. Der Fluglehrer warf mir einen kalten Blick zu und sprach leise, aber doch so, daß es alle hörten: „Wahrscheinlich hat er sich schon zuviel zugetraut! Mir scheint, Ihnen müßte allmählich klargeworden sein, daß Sie von dem Augenblick an, da Sie in die Maschine steigen, und bis zu der Sekunde, da Sie gelandet sind, nicht das Recht haben, unaufmerksam zu sein. Das Flugzeug verträgt keine nachlässige Behandlung, und die ,J-16' ganz besonders nicht!"
Die Flugschüler sahen bald mich, bald Tatschkin an. Ich wußte, daß sie meinetwegen betreten waren, und mein Schuldgefühl nahm noch mehr zu. Ich wäre am liebsten vom Flugplatz fortgelaufen.
Ich hatte eine wirksame, aber auch schwere Lehre erhalten. Mir mangelte es noch an dem, was die Erfahrung mit sich bringt: höchste Aufmerksamkeit und jene Verwachsenheit des Piloten mit dem Flugzeug, die nichts Überflüssiges gestattet und den Flugzeugführer alles rechtzeitig tun läßt. Ich konnte mehrere Tage lang keine Ruhe finden und mir den Fehler nicht verzeihen. Ich merkte ihn mir für ewig. Und von dieser Zeit an begann ich, meine Bewegungen bis zur letzten Flugsekunde aufmerksam zu verfolgen.
Bekanntlich ist gutes Schießen eine unumgängliche Eigenschaft des Kampffliegers. So gut er im Kampfe auch fliegt, so genügt dies doch noch nicht, um den Feind zu besiegen. Die Flugtechnik ist zum Manövrieren erforderlich. Der entscheidende Augenblick im Luftkampf ist die Feuereröffnung. Und von der Tatsache, wie der Flieger die Technik des Schießens beherrscht, hängt der Ausgang des Luftkampfes ab.
„Das Training in der Technik der Flugzeugführung muß mit dem Schießen Hand in Hand gehen", sagte Tatschkin immer wieder zu uns. „Wenn man in der Technik der Flugzeugführung zurückbleibt, kann man die Maschine nicht auf den Feind steuern; wenn man in der Technik des Zielens zurückbleibt, wird man den Feind nie treffen. Hier besteht also ein enger Zusammenhang!"
Nach einigen Unterrichtsstunden schossen wir auf dem kleinen Übungsschießstand zum ersten Male mit Maschinengewehren. Mir schien, als hätte ich alle Kugeln ins Ziel gejagt, ja, ich war dessen fast sicher, denn ich hatte ein gutes Augenmaß. Der Diensthabende gab die Ergebnisse bekannt. Es stellte sich heraus, daß ich mich gründlich getäuscht hatte. Ich hatte vorbeigeschossen. Ich war enttäuscht und beschämt. Was sollte ich für ein Jagdflieger werden, wenn ich nicht einmal das Ziel traf!
Tatschkin ließ uns antreten. Ich stand mit gesenktem Kopf im Glied.
„Genossen Flugschüler", vernahm ich seine Stimme, „nicht alle von Ihnen haben heute gut geschossen. Deshalb dürfen Sie aber nicht den Kopf hängen lassen. Koshedub, das betrifft auch Sie!"
Ich nahm Haltung an, hob den Kopf und sah dem Fluglehrer in die Augen. Er lächelte
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