Ich greife an
zu. Schließlich kam der lang erwartete Tag! Wir traten im Lenin-Zimmer in zwei Reihen an. Mein Nebenmann war Wassja Lysenko. Die Gesichter der Jungs waren konzentriert. In der feierlichen Stille erklangen die Worte des Eides, aufgeregt gelesen von meinen Freunden.
Die Flugschüler traten der Reihe nach an den Tisch, an dem der Geschwaderkommodore und der Kommissar saßen. Mir wurde vor Aufregung ganz trocken im Halse. Als ich zu lesen begann, dachte ich an nichts anderes mehr als an die Worte des Eides.
Dieser Tag prägte sich mir für ewig ein. Mir schien, als sei ich erst jetzt ein richtiger Soldat geworden, und das Leben in der Schule kam mir auf einmal viel bedeutsamer vor, obgleich sich im Grunde nichts verändert hatte. Denn nun hatte ich ja den Eid abgelegt, hatte feierlich versprochen, ein ehrlicher, tapferer, disziplinierter und wachsamer Soldat zu sein; man hatte mir eine Waffe anvertraut, ich stand mit scharfgeladenem Gewehr Posten auf dem Flugplatz und hatte das Rotarmistenbüchlein erhalten.
Zum ersten Male hatte ich Nachtwache auf dem Flugplatz. Es war, still. In der Ferne war das dunkle Massiv eines Waldes zu sehen. Die Flugzeuge glitzerten im Mondenschein. Ich ging zum hundertsten Male um eine „UT-2" - eine „Libelle", wie wir sie nannten. - Ab und zu hallte die bekannte Stimme eines Mitschülers durch die nächtliche Stille: „Halt! Wer da?" Ich schaute aufmerksam in die Dunkelheit und preßte das Gewehr fest an den Körper. „Wachdienst ist die Erfüllung eines Kampfauftrages", hatte der Kommandeur zu uns gesagt. Mir war der Schutz von Militärgut anvertraut. Unwillkürlich wiederholte ich die Worte des Eides.
UNTERRICHTSTAGE
„Erreichen Sie, daß die Gruppe bei Kampfalarm schnell antritt", sagte der Kommandeur bei der Grundausbildung. „Bedenken Sie, daß die ganze Gruppe aufgehalten wird, wenn sich auch nur einer verspätet!"
Während wir noch Unterricht über den Alarm hatten, geriet ich in Unruhe: Ob ich es fertigbringe, die Gruppe rechtzeitig antreten zu lassen? Wir schafften es nicht gleich! Nach zwei Nachtalarmen sprach ich mit den Genossen meiner Gruppe. „Ordnung spart Zeit", sagte ich, „wenn man weiß, wo alles liegt, kann man schneller fertig sein. Wir wollen uns bemühen, beim Anziehen und Antreten keine überflüssigen Bewegungen zu machen."
Einige Tage darauf hallte das Kommando des Diensthabenden durch die Kaserne. „Alarm!" Als wir in voller Kampfbereitschaft auf den Hof kamen, war von der anderen Gruppe noch nichts zu sehen. Der Offizier vom Dienst kam auf uns zu und erkundigte sich nach der Nummer unserer Gruppe.
Beim Morgenappell wurde unsere Gruppe vor die Front befohlen. Der Offizier vom Dienst verlas einen Befehl des Kommandeurs: „Die vierte Gruppe ist als erste angetreten. Sie stand zwei Minuten 45 Sekunden früher als alle anderen Gruppen der Schule. Ich danke allen Genossen für diese vorbildliche Leistung."
Dieser scheinbar unbedeutende Vorfall zeigte uns, wie groß die Rolle des Kollektivs und der Disziplin ist. Wir begriffen, daß wir uns Schnelligkeit, Aufmerksamkeit und Exaktheit - Eigenschaften, die in der Luft unerläßlich sind - erst einmal auf der Erde aneignen mußten.
Wir waren ständig beschäftigt. In den Klassen lösten wir Aufgaben, machten uns mit den Systemen verschiedener Maschinen und mit der komplizierten modernen Flugzeugtechnik vertraut. Wir studierten das Flugwesen vom militärischen Gesichtspunkt aus.
Wie im Fliegerklub sollten wir auch hier vor Beendigung der theoretischen Disziplin unsere künftigen Fluglehrer kennenlernen. Unsere Gruppe wurde Leutnant Tatschkin zugeteilt. Wir hatten, wie dies so üblich ist, schon von den bereits länger in der Ausbildung stehenden Kameraden einige Hinweise bekommen. Sie. lobten den Leutnant und sagten, daß er ein ausgezeichneter Fluglehrer sei.
Im Leben des Fliegers nimmt der Fluglehrer einen wichtigen Platz ein. Von ihm hängt in starkem Maße die Zukunft des unerfahrenen, hitzigen Jünglings als Flieger ab. Die Manieren des Fluglehrers, sein Verhalten in der Luft und am Boden werden unwillkürlich übernommen. Der Fluglehrer tut dieses so, der Fluglehrer lehrt jenes so - damit kann man sich noch lange in der Luft bewegen, bis man schließlich einen eigenen „Stil" erarbeitet hat. Am Boden wird der Fluglehrer in allem nachgeahmt, sogar in seiner Art zu gehen, zu sprechen und die Feldbluse straffzuziehen.
Gespannt warteten wir auf eine Zusammenkunft mit ihm. Endlich fand laut Tagesplan
Weitere Kostenlose Bücher