Ich greife an
Untersuchung warf ich einen verstohlenen Blick auf den Befund. Überall stand „Tauglich".
Ich war sehr betrübt, als ich erfuhr, daß der Therapeut Kochan für untauglich erklärt hatte. Er hatte erhöhten Blutdruck. Wir bedauerten, daß wir uns von ihm trennen mußten.
Als die Arbeit der Kommission nach einigen Tagen beendet war, erhielten wir die Uniform der Roten Armee. Fröhlich und in strammer Haltung traten wir auf dem Hof an. Der Kommissar beglückwünschte uns. Wir waren in die Reihen der Sowjetarmee eingetreten. Mein Traum war Wirklichkeit geworden. Ein neues Leben begann, das Leben eines Schülers der Fliegerschule.
WIR WERDEN SOLDATEN
Abends versammelten wir uns regelmäßig im Lenin-Zimmer. Der Politleiter las uns aus der „Krasnaja Swesda" und der „Komsomolskaja Prawda" vor, und jeder von uns hielt einmal einen Vortrag zu den Problemen der politischen Lage. Natürlich verfolgten wir den Verlauf des Krieges gegen die Weißfinnen mit ganz besonderer Aufmerksamkeit. Als wir erfuhren, daß die sowjetischen Truppen am 11. Februar den Sturm auf die finnischen Verteidigungsstellungen begonnen und gleich am ersten Tag die Mannerheimlinie durchbrochen hatten, wußten wir uns vor Freude und Begeisterung kaum zu fassen.
Der Politleiter gefiel uns. Er hielt ausgezeichnete Vorträge über die internationale Lage, über Literatur, Film und Theater. Wunderbar verknüpfte er die Probleme der gegenwärtigen Politik mit unseren täglichen Aufgaben, mit der Pflicht, eiserne militärische Disziplin zu halten, verläßlich und dem militärischen Eid treu zu sein. Er hatte stets einen Scherz bereit, kannte zahlreiche Verse auswendig und verstand es, sie in seine Vorträge einzuflechten. Er war ein feinfühliger, aufmerksamer Kamerad, jedoch anspruchsvoll, besonders wenn es sich um die Disziplin handelte.
Kolomijez und ich waren mit noch zehn Kameraden in einer Gruppe. Alle hatten wir Fliegerklubs absolviert. Schnell lernten wir einander kennen. Von den neuen Kameraden gefiel mir besonders Grischa Usmenzew, der sich durch Energie, eine verblüffende Arbeitsliebe und Lebensfreude auszeichnete.
Nach kurzer Zeit wurde ich zum Kommandeur der Gruppe ernannt. Zwei Dreiecke schmückten nun meine Kragenspiegel. Ich bemühte mich, jeden Schüler meiner Gruppe genau kennenzulernen, denn das gehörte zu meinen Pflichten. Der Belorusse Iwanow, ein lustiger blonder, grauäugiger Bursche, nannte mich scherzhaft "Väterchen", und die anderen Kameraden griffen diesen Spitznamen auf. Ich wurde sogar ärgerlich, wenn ich hörte, daß die Kameraden sagten: „Da kommt unser Väterchen!"
Wir lebten kameradschaftlich und fröhlich zusammen und gewöhnten uns rasch an die militärische Disziplin und das Leben nach den Dienstvorschriften.
Samstag marschierten wir in Reih und Glied zum Baden in die Stadt. Wassja Lysenko, ein Landsmann von mir, stimmte ein Lied an, wir anderen sangen mit. Es durfte nicht nach links oder rechts geblickt werden, aber dennoch bemerkten wir, daß man uns ansah. Jeder nahm sich zusammen, wollte durch seine militärische Haltung imponieren.
Der Ausgangstag war schnell vorüber. Der eine schrieb einen Brief nach Hause, ein anderer ging in die Turnhalle, und ein dritter las ein Buch. Ab und zu gingen wir abends ins Kino.
Unser Ausbildungsoffizier Malygin - jener hagere Leutnant, der uns auf dem Bahnhof empfangen hatte - war streng und anspruchsvoll. Während des ersten Unterrichts befahl er uns zu unserem Erstaunen, ein Bett in die Mitte des Zimmers zu ziehen. Er zeigte uns, wie man es nach einem einheitlichen Muster „bauen" muß. Er selbst tat alles rasch und dennoch sorgfältig und verlangte das auch von uns.
Malygin schaltete sich in alle Einzelheiten unseres Lebens ein. Er lehrte uns, genau nach der Dienstvorschrift zu lernen und zu leben, und erzog uns jene Liebe zum Beruf des Soldaten an, die in allem zum Ausdruck kommt: sowohl im Eifer, einen Befehl des Kommandeurs auszuführen, als auch darin, wie die Stiefel geputzt sind, wie der Leibriemen sitzt und wie die Kragenbinde eingenäht ist.
Und allmählich wurden wir - gestern noch Zivilisten - richtige Soldaten. Es ist schwer festzustellen, wie sich dieser Übergang vollzog, wie sich das Bewußtsein der soldatischen Pflicht gegenüber der Heimat, die disziplinierte militärische Haltung herausbildeten.
DER EID
Gespannt erwarteten wir den Tag unserer Vereidigung. Aufgeregt lasen wir den Text des Eides und hörten den Gesprächen über die Vereidigung
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